Carsharing soll auch in Erding etabliert werden

Erding · Für Umwelt und Konto

Das Erdinger Stadtteilauto, das am Krankenhaus bereitsteht, wird von den Bürgern bisher kaum genutzt. Foto: bb

Das Erdinger Stadtteilauto, das am Krankenhaus bereitsteht, wird von den Bürgern bisher kaum genutzt. Foto: bb

Erding · „Wir wollen die Energiewende, dazu gehört auch eine neue Verkehrspolitik! Doch die aktuellen Projekte A94-Ausbau und Nordumfahrung sind die falschen Signale, wir wollen da gegensteuern. Eine Möglichkeit ist das Teilen von Autos: StadtTeilAuto oder Carsharing“, erföffnete Günther Kuhn, der Vorsitzende der Erdinger Grünen eine Infoveranstaltung zu diesem Thema.

Während im Nachbarlandkreis Freising die Idee schon weit verbreitet ist und mittlerweile 20 Autos von 295 Personen geteilt werden, findet die Alternative zum eigenen Vehikel im Landkreis Erding noch fast gar nicht statt. So gibt es in der Stadt lediglich zwei Autos. Achim Joekel, Geschäftsführer von „StadtTeilAuto Freising e.V.“, erläuterte die Anfänge der Idee: „Im Juni sind es genau 20 Jahre, dass sich in Freising sieben Leute ein gemeinsames Auto teilten. Dann dauerte es ein paar Jahre, in denen es kontinuierlich mehr wurden. Doch seit ein paar Jahren wächst unsere Idee richtig flott, und da wir uns immer so bei 15 neuen Mitgliedern ein neues Auto kaufen, konnten wir allein in den vergangenen vier Jahren fünf Autos kaufen. Heute haben wir im Landkreis 295 Mitglieder im Verein, die sich 20 Autos teilen. Alleine in der Stadt Freising beläuft sich unsere Mitgliederzahl auf 240 mit 15 Autos, die damit über 250.000 Kilometer im Jahr fahren, vom kleinen Ford Ka bis zum siebensitzigen Bus“, berichtete Joekel seinen Zuhörern.

In München wurde 1992 die erste Umweltinitiative dieser Art gegründet, mittlerweile gibt es in Deutschland laut Joekel 220 Carsharing-Projekte in 260 Städten mit rund 175.000 Mitgliedern, alleine in München stehen 700 Autos in den Stadtteilen bereit. Nach Joekels Aussage ist Carsharing für jeden sinnvoll und rentabel, der nicht täglich ein Auto benötigt und weniger als 12.000 Kilometer im Jahr fährt. Als StadtTeilAuto-Nutzer zahlt man nur dann, wenn man fährt, „es macht also auch keinen Sinn, damit morgens zur Arbeit zu fahren und dann steht das Auto dort den ganzen Tag!“ Wer Mitglied bei StadtTeilAuto werden möchte, bezahlt eine Aufnahmegebühr von 40 Euro. Dazu kommt dann ein Jahresbeitrag für eine Person von 80 Euro, für Familien, Vereine und Firmen 130 Euro. Wer ein MVV-Jahresabo besitzt, zahlt nur 60 Euro im Jahr. Am Anfang muss auch noch eine Kaution von 600 Euro (Familien, Vereine und Behörden 900 Euro) eingezahlt werden. „Diese Kaution wird beim Vereinsaustritt zinslos zurückbezahlt, das benutzen wir für die Anschaffung von neuen Autos, wobei wir enorme Rabatte der Autohersteller von bis zu 30 Prozent bekommen“, informiert Joekel. Wer dann als Mitglied mit einem Auto fahren möchte, bekommt eine Chipkarte. Die öffnet nach der Buchung bei der Telefonzentrale das bestellte Auto. Darin befindet sich dann der Schlüssel. „Für das Fahren selbst entstehen nur geringe Kosten: 0,23 Euro pro Kilometer und noch 2,30 Euro pro Stunde, 23 Euro am Tag oder 138 Euro pro Woche, wenn man mit dem Auto länger verreisen möchte. In diesen Kosten ist alles komplett enthalten: Versicherung, Reparaturen, Abnutzung und natürlich auch der Kraftstoff, keiner muss also etwas für das Tanken bezahlen!“ Die Carsharing-Vereine haben im Gegensatz dazu ausgerechnet, dass ein Durchschnittsautofahrer in seinen 54 Fahrer- Jahren sechs gebrauchte und drei neue Autos kauft, gemeinsam mit den jährlich anfallenden Betriebskosten ergibt das die Summe von über 350.000 Euro – „so viel wie ein Haus!“. Wer bei Carsharing im Jahr 10.000 Kilometer fährt – „aber das macht eigentlich keiner, es sind wohl eher so 4.000 bis 5.000 Kilometer“, so Joekel –, der spart im Vergleich zum eigenen fahrbaren Untersatz über 1.500 Euro, nicht gerechnet die Anschaffungskosten!

„Ein Carsharing-Auto macht durchschnittlich sechs Privatautos überflüssig. Da für die Produktion eines Autos 300.000 Liter Wasser verschmutzt werden und die Energie von 3.200 Litern Benzin benötigt wird, leisten Carsharer einen Beitrag gegen den Klimawandel. Carsharer haben keinen Stress mit der Pflege, Wartung und Reparatur der Fahrzeuge – das macht alles der Verein, wie auch den Reifenwechsel, die TÜV-Fahrten und den Kauf der neuen Autos. Der Verein übernimmt die Reparatur und die Formalitäten mit der Versicherung und Carsharer können an 200 Bahnhöfen die 1.500 Autos von DB-Carsharing benutzen“, beschreibt Joekel die Vorteile des Projekts. Gefahren werden die geteilten Autos zu einem Drittel von Alleinerziehenden, um ihre Kinder in Krippe, Hort oder zum Sport zu fahren, zu einem zweiten Drittel berufsbedingt von Ehepartnern, die nur ein gemeinsames Auto haben, und das letzte Drittel sind Firmen, Dental-Labors oder Ingenieur-Büros. Im Landkreis Freising hat die Idee voll Fuß gefasst und wächst schnell – nur in Erding will es nicht so recht klappen, obwohl „StadtTeilAuto Erding“ schon im Mai 2006 gegründet wurde. Die Agenda-Gruppe Erding war daran wesentlich beteiligt, die Stadt Erding stellte den Parkplatz am Bahnhof für einen silbernen Ford Fiesta und auch den zweiten am Krankenhaus für den Ford Focus kostenlos zur Verfügung, unterstützt den Verein jährlich finanziell, da die geringe Auslastung bei Weitem nicht die entstehenden Kosten abdeckt. „Insgesamt sind erst elf Erdinger Mitglied im Verein. Das erste Auto trägt sich mit 12.000 Kilometern jährlicher Fahrleistung inzwischen selber, das zweite haben wir angeschafft, damit die Idee attraktiver wird, nicht aus wirtschaftlichen Gründen. Eigentlich spricht alles für Wenig-Fahrer für Carsharing, aber zum einen ist wohl die Idee hier nicht so bekannt – wir müssen also mehr Werbung machen – und es fehlen bisher die ganz engagierten Leute, die unsere Idee pushen“, klagte Joekel. Die Erdinger Grünen wollen das ändern und wurden sofort Fördermitglieder bei „StadtTeilAuto Erding“. bb

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