Verein im Lehel kümmert sich um kranke Kinder Berufstätiger

Lehel · Immer eine Lösung

Hildegard Ballmann, Leiterin von »Zu Hause gesund werden« sucht aktuell weitere ehrenamtliche Helferinnen. 	Foto: Sylvie-Sophie Schindler

Hildegard Ballmann, Leiterin von »Zu Hause gesund werden« sucht aktuell weitere ehrenamtliche Helferinnen. Foto: Sylvie-Sophie Schindler

Lehel · Die kleine Elena ist wieder pumperlgesund. Endlich hat sie die scheußliche Grippe überstanden und kann wieder herumtoben. Doch ein bisschen, so ganz heimlich, wünscht sie sich das Fieber und den Husten wieder zurück.

Denn sie weiß: Wenn es ihr mal nicht so gut geht, dann ist eine »liebe Frau« zu Besuch und kümmert sich um sie. Elena gehört zu den vielen Kindern, zu denen der häusliche Betreuungsdienst »Zu Hause gesund werden« mit Sitz im Lehel kommt, wenn sie krank sind. Eigentlich wären in so einem Fall die Mamas und Papas gefragt, doch was tun, wenn die zum Job müssen? »Immer mehr berufstätige Eltern wissen nicht, wie sie ihre Arbeit und ihr krankes Kind unter einen Hut bringen sollen«, berichtet Hildegard Ballmann, Leiterin von »Zu Hause gesund werden«. Der soziale Dienst ist bereits seit 23 Jahren im Einsatz, noch nie gab es so viele Anfragen wie aktuell: Rund 50 aus allen Stadtteilen Münchens sind es derzeit pro Woche. Gründe für den Anstieg gibt es mehrere.

Vor allem Mütter, so Ballmann, würden früher in ihren Beruf zurückkehren wollen. Zum einen, weil es finanziell sonst vorne und hinten nicht reicht. Zum anderen, weil immer mehr Frauen eine sehr gute Ausbildung haben und entsprechend ihrer Qualifikation arbeiten wollen. Und weil es in München immer mehr Kinder gibt, die in Krippen untergebracht sind, gibt es auch immer mehr Eltern, die sich auf eine Vollzeitbetreuung ihrer Allerjüngsten verlassen wollen – auch bei Krankheit. »Noch vor ein paar Jahren kamen wir hauptsächlich zu Kindergartenkindern, heute werden unsere kleinen Patienten immer jünger«, sagt Ballmann. Dass sich die Eltern selbst kümmern sollen, wenn ihr Kind niesend und hustend im Bett liegt, ist eine wohl meinende Forderung. »Und die meisten Eltern täten nichts lieber als das«, so Ballmann. »Doch die Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt sind, das wissen wir alle, richtig hart.« Besonders in der Probezeit könnten sich viele keine Ausfalltage leisten. »Wir haben sogar schon Jobs gerettet, weil Eltern ihre Kinder zu uns in die Betreuung geben konnten«, freut sich Ballmann. Mittlerweile hat sie auch viele Wiederholungsbucher.

Der Verein für Fraueninteressen ist Träger des Projektes, finanziert wird es von der Stadt München, die rund 60 Helferinnen arbeiten ehrenamtlich gegen Aufwandsentschädigung. Eltern zahlen 5,20 Euro pro Stunde – mindestens drei sollen, höchstens acht dürfen gebucht werden – und die Fahrtkosten. Für manche Alleinerziehenden, die an jeder Ecke knapsen müssen, ist auch das zu viel Geld. Ballmann ist es ein großes Anliegen, dass auch solche nicht ausgeschlossen werden, die sich den häuslichen Betreuungsdienst nicht leisten können. »Jeder, der ­Bedarf hat, soll sich bitte an uns wenden. Wir finden immer eine Lösung«, versichert sie. Dass »Zu Hause gesund werden« im Jahr 1989 überhaupt an den Start gehen konnte, ist einem engagierten Elternbeirat und dem Kinderschutzbund zu verdanken. Denn die stellten immer häufiger fest, dass Kinder eigentlich nicht krank sein dürfen und, mit Medikamenten voll gestopft, in die Einrichtung geschickt wurden.

Dienst sucht weitere Ehrenamtliche

»Um von einer Krankheit völlig genesen zu können, benötigen Kinder viel Ruhe und freundliche Zuwendung – und zwar in der vertrauten Umgebung«, sagt Ballmann. Und so war die Idee geboren: Helferinnen auszubilden, die sich Zuhause um die kleinen Kranken kümmern. Und wer denkt, genau das wäre das Richtige, um sich zu engagieren – nur zu: Aktuell sucht die Initiative händeringend Frauen, die Freude an einem solchen Ehrenamt hätten. »Es reicht einfach nicht«, so die Leiterin. Wichtigste Voraussetzung: Die Bewerberinnen sollten kinderlieb sein. Kein Muss, aber sicher hilfreich, wenn man bereits Erfahrungen aus anderen sozialen Berufen wie Erzieherin oder Krankenpflegerin mitbringt oder die Erfahrung mit eigenen Kindern.

Die Helferinnen sollten zeitlich flexibel und auf Abruf bereit sein können. Auch notwendig: ein hohes Maß an Sensibilität, Belastbarkeit und psychologischem Einfühlungsvermögen für die manchmal schwierige Situation in den Einsatzfamilien. Denn dort muss Vertrauen gewonnen und mögliche Hemmschwellen – einer fremden Frau mein Kind anvertrauen – genommen werden. Die kontinuierliche Begleitung und Weiterbildung sichert die hohe Qualität der Arbeit, unter anderem unterstützt von Kinderärzten und -psychologen. »Wir sind anspruchsvoll«, sagt Ballmann. »Und genau deshalb können wir Qualität garantieren.« Wie tief erfüllend die Arbeit für die Helferinnen ist, hört Ballmann regelmäßig. »Sie sagen, wir machen es gerne, weil so viel von den Kindern zurückkommt«, erzählt sie.

Ein »strahlendes« Ergebnis

Das Ergebnis: Die Frauen strahlen – und die Kinder strahlen zurück. Weitere Informationen zum Betreuungsdienst gibt es von Montag bis Freitag von 8 bis 12 Uhr unter der Telefonnummer 2 90 44 78 und im Internet unter www.zu-­hause-gesund-werden.de.

Sylvie-Sophie Schindler

Artikel vom 27.03.2012
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