von Janina Engelbrecht

Bogenhausen · »Letzte Ruhestätte für Schnufi«

14 Schüler des Wilhelm-Hausenstein-Gymnasiums (WHG) in Bogenhausen haben im P-Seminar Deutsch unter Leitung ihrer Lehrerin Nadine Bürglen Texte verfasst. Sie beschäftigen sich mit ebenso unterschiedlichen wie außergewöhnlichen Themen.

14 Schüler des Wilhelm-Hausenstein-Gymnasiums (WHG) in Bogenhausen haben im P-Seminar Deutsch unter Leitung ihrer Lehrerin Nadine Bürglen Texte verfasst. Sie beschäftigen sich mit ebenso unterschiedlichen wie außergewöhnlichen Themen.

Bogenhausen · »Was man tief in seinem Herzen besitzt, kann man durch den Tod nicht verlieren.« So steht es auf der Tür am Eingang, durch die man auf den Tierfriedhof Gleißenbach in der kleinen Gemeinde Tiefenbach in Niederbayern kommt. Er ist mitten im Grünen eingebettet, umgeben von weiten Feldern, grünen Wiesen und bunten Bäumen und Sträuchern. Auf dem Bauernhof direkt gegenüber wohnt der Besitzer Gerhard Weichselgartner mit seiner Familie, der sich hauptberuflich um seine Kühe und seinen Hof kümmert.

»Darauf gekommen, einen Friedhof für Tiere zu gründen, bin ich, weil ich selber so einen engen Bezug zu meinem Hund hatte und das Bedürfnis, ihn nach seinem Tod würdevoll zu begraben«, sagt der 41-Jährige mit Jeans und Karo-Hemd bekleidete Landwirt in bayrischem Dialekt. Nach intensiver Planungsarbeit vergingen zweieinhalb Jahre, in denen Gerhard Weichselgartner viele Genehmigungen brauchte und Auflagen zu erfüllen hatte, bevor er den Friedhof 1997 öffnen durfte. Inzwischen sind über Tausend Tiere auf dem idyllischen Tierfriedhof begraben, darunter insbesondere Hunde, Katzen, Kleintiere wie Meerschweinchen und Hasen, aber auch ein Ziegenbock, eine Schlange oder sogar ein Hängebauchschwein. Erlaubt sind Tiere bis Hundegröße. Nach dem Tod kommt ein Haustier entweder zur Tierverwertung, wird verbrannt oder darf bis zu einer bestimmten Größe im eigenen Garten begraben werden. Gerhard findet, dass eine Beerdigung »einfach das Humanste« ist. Und mit ­dieser Meinung steht er nicht alleine da. Gerade an Allerheiligen kommen besonders viele Menschen, um das Grab ihres ge­liebten verstorbenen Tieres zu besuchen, und der kleine Parkplatz vor dem Friedhof ist den ganzen Tag lang voller Autos. Doch auch sonst ist immer was los. Die Kunden kommen nicht nur aus den umliegenden Städten, sondern einige sogar von Berlin, Stuttgart, Hamburg oder Österreich. Heute ist auch eine Frau aus München gekommen, die insgesamt bereits zwölf Hasen auf dem Tierfriedhof begraben lassen hat. Schon seit zehn Jahren kommt sie regelmäßig, ein bis zwei Mal im Jahr. Nachdem sie im Fernsehen von dem weltweit ersten Tierfriedhof in Paris erfahren hatte, suchte sie im Internet nach einem Tierfriedhof in Deutschland, da sie selbst keinen Garten hat. »Als meine Tiere dann gestorben sind, war gleich klar, dass die beerdigt werden. Ich war auch jedes Mal bei der Beerdigung dabei, das ist ja selbstverständlich.«

Auch ein schon älterer Herr aus Landshut steht lange vor dem Grab seines Tieres. Er hat hier seit etwa einem Jahr seinen Dackel begraben, der ganze 22 Jahre alt geworden ist. »Natürlich hatte ich einen riesigen Bezug zu ihm, nach so vielen Jahren. Deswegen habe ich einen besonderen Platz für ihn gesucht, den ich hier gefunden habe. Über den Tierarzt habe ich vom Tierfriedhof erfahren. Ich komme mindestens einmal in der Woche hierher.« Vor dem Friedhof gibt es Blumen zum Selbstschneiden und Blumentöpfe, die man vor Ort kaufen kann, um das Grab des verstorbenen Tieres zu schmücken. Geht man durch die Eingangstür des Friedhofs, steht man in einem kleinen Häuschen, in dem es Grabschmuck wie Teelichter, Kerzen, Tierfiguren oder Herzen zu kaufen gibt. Zwischen 60 und 190 Euro kostet ein Grab, der Preis ist abhängig von der Art und der Größe der Tiere. Inklusive sind die Beerdigung, ein Namenstäfelchen mit dem Geburts- und Sterbedatum des Tieres und die dreijährige Grabgebühr, die man nach Ablauf verlängern muss, wenn das Grab bleiben soll. Wer einen Sarg möchte, bekommt diesen für etwa 35 bis 100 Euro. Die Särge fertigt Gerhard Weichselgartner selber an. Sie sind aus Weichfaser und mit kleinen Blumen oder Schmetterlingen verziert.

Bei der Beisetzung können die Besitzer dabei sein, jedoch nur, wenn sie das wollen. Manche Tiere werden noch am selben Tag begraben, an dem sie gestorben sind. Auf Wunsch holt der Friedhofbetreiber das Tier direkt von zu Hause oder von der Tierarztpraxis ab. »Jeder ist mental total fertig und emotional tief berührt. Ich sage den Leuten auch, dass es in Ordnung ist zu weinen und dass sie sich dafür nicht schämen müssen. Beerdigen heißt einfach Abschied nehmen und das ist immer sehr bewegend.«

Fast jeder macht hier die Grabpflege selbst, und nur die wenigsten lassen die Grabpflege von Gerhard Weichselgartner machen. Auf den Namenstäfelchen der Gräber stehen Namen wie Bazi, Krümelchen oder Schnufi und größtenteils sind die Gräber mit Kerzen, schönen Blumenkränzen, Herzen, kleinen Engelsfiguren und eigenen Fotos der Tiere geschmückt. Ein kleiner Weg führt an den vielen verschiedenen Gräbern vorbei, und am Rand stehen ein paar Bänke. Auch einen Wasserhahn mit Gießkanne, einen Komposthaufen und Werkzeug zur Grabpflege kann man nutzen. Den Unterschied zu einem normalen Friedhof macht aus, dass der Tierfriedhof nicht christlich ist und dass deswegen auch keine Kreuze auf dem Grab stehen sollen. Außerdem gibt es kein Weihwasser und die Beerdigung ist kein Gottesdienst, sondern von jeder Religion unabhängig. »Die Grabstätte der Tiere soll zur Erinnerung an sie sein. Die Menschen wollen einfach wissen, was mit ihrem Tier passiert und wo es ist. Ich möchte ihnen das Gefühl geben, dass ihr Tier hier gut aufgehoben ist und dass es hier in Würde verabschiedet wird. Die Menschen sollen immer gerne wiederkommen.«

Artikel vom 20.03.2012
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