Mit einem Herrenhaus und neun Klausen fing alles an

Oberschleißheim · Von Oberschleißheim bis Kalifornien

Altes Schloss Schleißheim, Schwaige und St. Wilhelm-Kapelle. Foto: VA

Altes Schloss Schleißheim, Schwaige und St. Wilhelm-Kapelle. Foto: VA

Oberschleißheim · Die Geschichte von Oberschleißheim muss nicht neu geschrieben, aber anders gewichtet werden. Die Gemeinde in ihren heutigen Grenzen entstand nachweislich erst vor etwas mehr als 400 Jahren durch Herzog Wilhelm V.. Zwar feierte die Kommune 2010 ihr 1225-jähriges Gründungsjubiläum, doch sind für das älteste schriftliche Zeugnis hierfür weder das genaue Datum noch der Standort der in der Schenkungsurkunde bezeichneten Kirche bekannt.

Was Wilhelm V. betrifft, so handelt es sich bei ihm um den Herrscher Bayerns in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Sein Leben an der Seite der Prinzessin Renata von Lothringen ist geprägt durch eine lebenslustige und vor allem kostenaufwändige Jugend- und Regierungszeit. Im Alter offenbarte sich dann das genaue Gegenteil, unter dem Einfluss der Jesuiten nahmen beide tiefreligiöse, barmherzige Umgangsformen an. Herzog Wilhelm erhielt nicht zu Unrecht den Beinamen »der Fromme«. Die Kehrtwende vom Saulus zum Paulus ist dann auch der Anlass, weshalb sich das Herrscherpaar in den Münchner Norden zurückzog und genau im Herzen der heutigen Gemeinde ein Herrenhaus mit Schwaige errichten ließ. Die gottesfürchtige Lebensweise erhielt zusätzlich durch neun Klausen mit Kapellen rund um den sog. Alterssitz eine Tragweite von ungeahntem Ausmaß. Schleißheim entwickelte sich in den folgenden zwei Jahrhunderten zum Wallfahrtsort, der an bestimmten Tagen bis zu 10.000 Gläubige anlockte. Während sich aus dem Herrenhaus schon wenige Jahre später das Alte Schloss entwickelte, verschwanden spätestens als Folge der Säkularisation 1802/03 alle Spuren der Klausen und Gotteshäuser. Lediglich die St. Jakobus-Kapelle überstand den Lauf der Geschichte. Der Grund: sie wurde 1805 als Friedhofskirche auserwählt.

Es war das Verdienst des Freisinger Heimatforschers Hans Gruber, dass die Gemeinde zum 1200-jährigen Ortsjubiläum 1985 mit einem sog. Klausenweg (neun Gedenktafeln beziehungsweise Gedenksteine) einen Hauch der Erinnerung an die Vergangenheit wachrief. Die Erkenntnisse waren wenig geschätzt, weshalb 25 Jahre später ein neues Konzept mit einem umgearbeiteten Faltblatt zu einer Wiederbelebung beitragen sollte. Für den Kulturverein »Freunde von Schleißheim e. V.« war dies der Anlass, sich des Themas umfassend anzunehmen. Ein Autorenteam widmete sich schwerpunktmäßig der »wahren« Ortsgeschichte. Unter Verwendung der bereits bekannten Tatsachen und unterstützt durch Unbekanntes aus dem Münchner Hauptstaatsarchiv verfasste es eine Dokumentation mit dem Titel: »Wilhelm V. Herrenhaus und Klausen in Schleißheim und ihre Spuren in die Gegenwart«. Erstaunlich die Tatsache, dass sich doch noch vieles erhalten hat, am Ort, in München und – bis hin nach Kalifornien. Als Nachfolge der St. Ignatius-Kapelle im Berglwald weihte 2003 Pfarrer Ebersberger unmittelbar neben dem Kalvarienberg ein neues Kirchlein ein. Genau diese kleine Kapelle wurde, ebenfalls in Erfüllung eines Gelübdes, 2009 in Kalifornien/USA originalgetreu nachgebaut. »Herrenhaus und Klausen des Herzogs Wilhelm V.« heißt der Titel eines Vortrages mit Lichtbildern von Otto Bürger am Montag, 26. März, um 19 Uhr in den Konferenzräumen des Bürgerhauses. Der Eintritt ist frei. Der Ortschronist stellt an diesem Abend auch die neue Publikation des Kulturvereins »Freunde von Schleißheim e. V.« zu demselben Thema vor.

Artikel vom 24.03.2012
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