Trasse „Süd2“ gewinnt mathematisch gegen „Mitte3“

Erding · Entscheidung gefallen

„Bei so klaren wirtschaftlichen Aussagen gibt’s doch überhaupt keinen Anlass zur Diskussion, welche Trasse wir wählen sollen“, sagt Landrat Martin Bayerstorfer.	Foto: bb

„Bei so klaren wirtschaftlichen Aussagen gibt’s doch überhaupt keinen Anlass zur Diskussion, welche Trasse wir wählen sollen“, sagt Landrat Martin Bayerstorfer. Foto: bb

Erding · Die Vorentscheidung für die Nordumfahrung von Erding ist gefallen. Die Trasse „Süd 2“ schnitt bei der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung so viel besser ab als die zweite Variante „Mitte 3“, dass es „eigentlich unmöglich ist, uns für die ungünstigere Variante zu entscheiden.

Auch wenn die – aus welchem Grund auch immer – jemandem besser gefallen sollte“, meinte Landrat Martin Bayerstorfer. „Süd 2“ sei kürzer, spare eine Minute an Zeit, große Mengen an Sprit und CO2, erzeuge weniger Lärmbelastung und kann die ökologischen Eingriffe in die Natur besser ausgleichen. Das alles wiegt den Nachteil, dass die Straße „Eichenkofen voll von Erding abschneidet“, wie es Kreisrat Rainer Mehringer (FW) ausdrückte, auf. „Süd 2“ wurde mit acht zu fünf Stimmen im Strukturausschuss angenommen.

Dass eine Nordumfahrung von Erding her muss, darin sind sich alle Beteiligten einig. Von ursprünglich einmal sieben Trassenvarianten sind jetzt noch zwei übrig: „Mitte 3“ beginnt an der B 288 nördlich Bockhorn, führt nach Osten südlich von Grucking vorbei, biegt dann scharf rechts nach Norden ab und geht östlich von Tittenkofen weiter, um Eichenkofen herum und schwingt wieder sanft nach Süden, um südlich von Reisen in die Flughafentangente Ost (FTO) zu münden. Die Länge dieser Variante beträgt 11,21 Kilometer, die Kosten belaufen sich auf 38 Millionen Euro. Genauso viel kostet die Variante „Süd 2“. Auch sie beginnt bei Bockhorn, führt dann aber ziemlich gerade Richtung Osten zwischen Unterstrogn und Grucking auf Langengeisling zu, überquert die Wartenberger und die Alte Römerstraße und zielt genau zwischen Langengeisling und Altham/Eichen­kofen hindurch zur Flughafentangente. Diese Straße ist nur 8,96 Kilometer lang.

Bürgerinitiativen aus Bockhorn und Langengeisling bezweifeln die versprochene Entlastung, befürchten stattdessen eine massive Zunahme des Verkehrs in ihrer Heimat. SPD, ÖDP und Teile der Freien Wähler im Kreisrat können nicht verstehen, „wie man einen Teil von Erding durch so eine große Straße abschneiden will“, so Rainer Mehringer. Die Trasse „Süd 2“ führt nämlich genau zwischen der Aig­ner’schen Kunstmühle in Altham und der Kirche St. Martin Langengeisling über den Fehlbach.

Peter Weywadel, Chef des Straßenbauamts Freising betonte, dass sein Amt lediglich beratende Funktion habe, „uns ist das eigentlich egal, welche Trasse da gebaut wird – aber wir müssen vorher prüfen, welche Trasse technisch machbar ist und die notwendigen Fördergelder bekommt“, begegnete er dem Vorwurf von Kreisrat Martin Huber (REP), das Straßenbauamt wollte unbedingt die Trasse Süd 2 haben und hätte diese nun entsprechend schmackhaft gemacht. Wirtschaftlich geprüft hatte die Trassen Helmuth Ammerl vom Büro Obermeyer nach der sogenannten EWS-Methode. Die stammt zwar aus dem Jahr 1996, daher müssen alle heutigen Werte auf die damaligen bezogen werden, Euro- in DM-Beträge umgerechnet werden. „Aber das ist das bundesweit einzig anerkannte Verfahren, um bei verschiedenen Straßenvarianten die Wirtschaftlichkeit zu ermitteln. Wir sammeln dabei extrem viele Daten, wie Fahrzeiten, Lärm- oder CO2-Belastung, Unfallgeschehen, Betriebskosten, Kraftstoffverbrauch, Instandhaltung, Wartung oder auch die Flächenverfügbarkeit für Fußgänger und Radfahrer.

Das ist ein rein mathematischer Prozess ohne jegliche subjektive Wertung. Heraus kommt immer ein Faktor, der größer als 1 sein muss, wenn die Strecke als wirtschaftlich gelten soll. Der Eichenkofener Bogen, die Variante Mitte 3, schneidet dabei mit einem Faktor von 0,28 sehr schlecht ab. Die stadtnahe Variante „Süd 2“ bringt es hingegen auf ein 1,48 – sie ist daher wirtschaftlich zu empfehlen“, sagte Ammerl.

„Da müssen wir gar nicht mehr diskutieren, das ist doch eine sehr eindeutige Sprache“, meinte Landrat Bayerstorfer. Kreisrätin Helga Stieglmeier (Grüne) war zwar der gleichen Ansicht – wenn man die Wirtschaftlichkeitsberechnung als alleingültig betrachte. „Aber das ist doch viel zu technokratisch, da muss man echte Zahlen nennen, bevor wir da zustimmen. Wie hoch ist denn beispielsweise die Einsparung bei der Fahrzeit?“ Weywadel antwortete nicht nur ihr, sondern auch den triumphierenden Nachfragen des Landrats nach der geringeren Umweltverschmutzung, „was ja den Grünen wichtig sein sollte!“ Demnach spare man sich auf der Variante Süd etwa eine Minute gegenüber Mitte 3, und unter der Annahme von 9.000 Fahrzeugen täglich mal einer Einsparung von je 2,2 Kilometern, liege der Kraftstoffverbrauch auf der kürzeren Variante bei 2,97 Millionen Liter pro Jahr, bei Mitte 3 bei 3,35 Millionen Litern. Auch die Einsparung beim CO2-Ausstoß von 900 Tonnen jährlich sei enorm.

Hans Peis (CSU) betonte, dass die neue Straße natürlich eine Belastung für wenige Bürger bedeute, „doch für sehr viele wird sie eine Entlastung sein. Wir wollten belastbare Zahlen – jetzt haben wir sie, da können wir nur für die Trasse Süd 2 stimmen“. Landrat Bayerstorfer mahnte, wenn man sich trotz des eindeutigen Ergebnisses für die schlechtere Variante Mitte 3 entscheide, „dann verlieren wir die anteilige Förderung des Freistaates, die sich auf 75 Prozent der förderfähigen Kosten beläuft. Klagt aber dann ein Bürger an der Trasse Mitte, haben wir vor keinem Gericht eine Chance auf Enteignung, wenn wir diese wirtschaftlich schlechtere Variante wählen - selbst wenn die Stadt Erding den Verlust der Förderung aus eigener Tasche ausgleichen wollte!“ Stimmt der Kreistag zu, ist der nächste Schritt ein Vorentwurf und die Planfeststellungsunterlagen. bb

Artikel vom 08.03.2012
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