Albrecht Ackerland im Münchner Samstagsblatt über das weltberühmte Starkbierfest

München · Starkbierzeit am Nockherberg

Au-Haidhausen-Giesing · Da weiß ich wieder, warum ich so stolz auf unsere Stadt und unser Bayernland bin: Am Nockherberg werden nun wochenlang busladungsweise Durstige ausgespiehen und ein paar Stunden später Speihende eingeladen und wieder davongefahren.

Und allem voran steht eine sogenannte Bußpredigt, die für mich der Inbegriff von Fasten war: Sparsam an Wut. Eine Wut hat die große Garde der Politiker freilich in diesen Zeiten nicht verdient. Die Arbeit ist hart genug. Da muss dann auch ein kleiner Spruch zur einstmaligen außerehelichen Zeugungslust unseres Ministerpräsidenten reichen – und er sorgt prompt für Aufregung. Sogar der Weißbier-Waldi, Sportmoderator, meldete sich zu Wort und erkannte „ein grobes Foul“, Sportpräsident Uli Hoeneß sprang ihm bei und analysierte messerscharf: „Ein Ausrutscher!“ Aha. Wer das zum Speihen findet, hat kein Gefühl für gebeutelte Großkopferte.

Die Busladungen nehmen das sportlicher. Ich werde versuchen, jeden Tag zum Nockherberg zu kommen, und jeden einzelnen Gast vor dem Tor begrüßen und mich persönlich bedanken, dass ich auf uns Bayern so stolz sein darf. Jeder Einzelne zählt, der zeigt, dass das Oktoberfest mit seinen Betrunkenen ein Kaffeekranzerl ist. Mia san mia und schaffen mehr. Drei Maß Starkbier zum Beispiel, die jedem ungeübten Nichtbayern eine fantastische Alkoholvergiftung herbeizaubern würden. Lustig samma, gröhlen damma, auf dass ein ganzes Viertel ein paar Wochen nicht mehr schlafen kann. Aber diese Buße tue ich gerne für unser Land – und träume dabei von Menschen, die ihre Wut über die Zustände nicht im Alkohol ertränken. Ein Albtraum, der zum Glück nicht wahr wird. Dafür sorgen nicht zuletzt die Hofnarren von der Starkbierprobe vergangenen Mittwoch. Ob die nun oben auf der Bühne standen oder unten saßen, das darf jeder selbst entscheiden.

Artikel vom 08.03.2012
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