Bürger begehren gegen Taufkirchner Gemeinderat auf

Taufkirchen · Das Vertrauen ist erstmal weg

Schulleiter Rudolf Galata zeigt gemeinsam mit Kollegen und Schülern der Mehrheit im Rathaus Taufkirchen die Rote Karte. Foto: hw

Schulleiter Rudolf Galata zeigt gemeinsam mit Kollegen und Schülern der Mehrheit im Rathaus Taufkirchen die Rote Karte. Foto: hw

Taufkirchen · Das Vertrauen in die Glaubwürdigkeit des Gemeinderates Taufkirchen ist durch den Stopp des Baus des Köglhauses (Familienzentrum mit Kinderkrippen und Kindergarten, Anm. d. Red.) tief erschüttert.

Projekt Kögelhaus & Realschule Taufkirchen

Dies bekundeten nicht nur zahlreiche Bürger, die bei der jüngsten Gemeinderatssitzung am Dienstagabend zwei Stunden lang die Mehrheit des Gemeinderates, bestehend aus CSU, SPD, Grüne, FDP und UWT, mit Fragen zu diesem Thema löcherten, sondern auch die Mitglieder des Zweckverbandes für die Realschule, der am Mittwoch tagte. Zur Vorgeschichte: Ursprünglich war geplant und bereits durch den Gemeinderat beschlossen den derzeit bestehenden Integra-Kindergarten am Köglweg abzureißen und hinter dem neu zu errichtenden Realschulgebäude wieder zu errichten.

Aber nicht in seiner alten Form, sondern eben in Form des Köglhauses, das dann je vier Kindergarten- und vier Krippengruppen Platz bieten sollte. Darüber hinaus war angedacht, das Integra-Familienzentrum, das derzeit im Postweg in Containern untergebracht ist, ebenfalls ins Köglhaus zu verlegen, um im Postweg Platz für Mittagsbetreuungsplätze zu schaffen. Anstelle des jetzigen Kindergartens wären die Parkflächen für die Realschule platziert worden. Von dort aus sollte auch die logistische Versorgung der Schule erfolgen. „Entfällt das Köglhaus und damit die Möglichkeit dort den Parkplatz zu bauen, muss alles völlig überplant werden, weil der Zugang zur Schule dann nicht mehr wie angedacht funktioniert“, erklärte Taufkirchens Bürgermeister Jörg Pötke (ILT). Die Mehrheitsfraktionen argumentieren damit, dass der Bau zu teuer für die Gemeinde sei, damit zukünftige Projekte gefährde. Ein Umstand, der ihnen von der Leiterin für die Abteilung Schulen im Landratsamt, Nicole Steinbach klar widerlegt wurde. Die Ablehnung in letzter Minute scheint dem Umstand geschuldet, dass die Mehrheit im Gemeinderat seit langem ein Problem mit ihrem Bürgermeister hat und erst Anfang des Jahres erfolglos versucht hat, ihn zu einer Amtsniederlegung zu bewegen.

Die Zweckverbandsmitglieder, Bürgermeister Wolfgang Panzer (Unterhaching) und Bürgermeister Stefan Schelle (Oberhaching), erklärten gemeinsam zu diesem Vorfall: „Obwohl das Vertrauensverhältnis nachhaltig beeinträchtigt ist, wollen die Mitglieder des Zweckverbandes in Verantwortung für die Kinder und Familien derzeit am Standort an der Grundsatzentscheidung für den Neubau festhalten.“ Allerdings sind die Mitglieder des Zweckverbandes nicht bereit, in irgendwelche Alternativplanungen einzusteigen, solange nicht die dingliche Sicherung der Verfügbarkeit des gesamten Realschulgrundstücks und die zum Realschulbetrieb notwendigen Sportanlagen vorliegen.

Das bedeutet im Klartext: Ohne notarielle Beurkundungen geht derzeit nichts weiter. Auf einen Gemeinderatsbeschluss, egal wie dieser ausfiele, werde man sich nicht mehr verlassen, das hätte man schon einmal getan, rügte Panzer das Vorgehen des Taufkirchner Gemeinderates aufs Schärfste. Der Zeitplan des Realschulneubaus ist damit praktisch nicht mehr zu halten. Ob es nur ein halbes oder gar ein ganzes Jahr länger dauern wird, bis alle Neuplanungen vollzogen sind und mit dem Bau begonnen werden kann, kann derzeit niemand sagen, denn die alten Pläne sind mit dem Wegfall der 56 vorgeschriebenen Stellplätze obsolet geworden. Der Architekt Johannes Mahl-Gebhard stellte die in Windeseile gezimmerten Alternativpläne vor, die allesamt nicht auf Gegenliebe bei den Zweckverbandsmitgliedern stießen.

Jede Variante hatte einen gewaltigen Pferdefuß, ob nun die Möglichkeit zu einer Erweiterung der Schule durch die neue Situierung der Parkplätze wegfiele, lange und umständliche Wege zur Versorgung der Schule nötig seien oder die freie Fläche für die derzeit rund 850 Schüler dramatisch eingekürzt werden müsste, eine perfekte Lösung war nicht dabei, war sich das Bürgermeister-Trio einig. „Die sinnvollste Variante hatten wir schon“, bemerkte Schelle zur Präsentation und auch der Realschulleiter Rudolf Galata erklärte, dass keine der neuen Varianten glücklich sei und eine befriedigende Lösung für die dringenden Platzprobleme der Schulfamilie biete. Panzer stellte fest: „Die Schule kostet 40 Millionen Euro, da bauen wir keinen Kompromiss“, und machte damit klar, dass die Zweckverbandsmitglieder keiner „Notlösung“ aus Zeitgründen zustimmen werden.

Aber nicht nur die Schulfamilie hat Protest eingelegt und ist am Freitag mit allen Lehrern, Kindern und betroffenen Eltern vors Rathaus gezogen, um dort auf die unzumutbaren Verhältnisse hinzuweisen: 31 Klassen in 28 Klassenräumen, keine Aufenthaltsräume für Ganztagsschüler, fehlende Sportplätze …. . sondern auch die Eltern, die dringend einen Kindergarten oder Krippenplatz suchen, haben klare Worte zu der Haltung der Mehrheitsfraktionen gefunden. Zweite Bürgermeisterin Angelika Steidle, seit 22 Jahren für die CSU im Gemeinderat, hat ihre Konsequenzen aus dem Verhalten ihrer Parteifreunde gezogen und ihre Fraktion verlassen. Die Brüskierung von Bürgern durch ihre Fraktion könne sie nicht länger hinnehmen, erklärte sie. Am Montag, 5. März, wird es um 19.30 Uhr wieder eine Sondersitzung zum Thema geben. Von Heike Woschée

Artikel vom 01.03.2012
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