Landschaftspark wird neues Zuhause der Wechselkröte

Unterhaching · Die Kröten kommen

Unterhaching · Sie trillern zart wie Maulwurfsgrillen, wandern gern und bevorzugen flache Stillgewässer: Die Rede ist von Wechselkröten. Eine ganze Menge mehr über die stark gefährdeten Lurche wissen jetzt die Mitglieder des Gemeinderats in Unterhaching. Auf der jüngsten Sitzung des Gremiums galt es nämlich zu entscheiden, ob eine kleine Population der Tierchen im Landschaftsparkt Hachinger Tal angesiedelt werden darf.

Als beratender Experte gekommen war Hans-Jürgen Gruber, Vorsitzender des Landesverbands für Amphibien- und Reptilienschutz. Als Gutachter ist er in Fällen der Eingriffsplanung für die Landeshauptstadt München tätig und berät dort in artenschutzrechtlichen Belangen. Im konkreten Fall soll die Bezirkssportanlage in der Rudolf-Zorn-Straße in München-Perlach ausgebaut werden. Im Bereich des geplanten Baufeldes lebt jedoch ein kleiner Trupp der so seltenen Wechselkröten. Um deren Bestand zu sichern, schlug die Regierung Oberbayerns den Landschaftspark in Unterhaching als Ersatzhabitat vor – mangels ge­eigneter Alternativen im Münchner Stadtgebiet.

Gruber belegte die Dringlichkeit der Entscheidung mit deutlichen Zahlen: So hätte es 1973 noch etwa 2.280 Wechselkröten im Großraum gegeben, aber schon 1997 nur noch 615 Exemplare. »Das ist ein Rückgang von fast einem Viertel der Population«, so der Experte, der auch selbst seit Jahren bemüht ist, die Tiere zu zählen, zu kartieren und deren Laichplätze zu beobachten. Die Wahl des Landschaftsparks brächte zudem doppelten Nutzen für die Lurche: Die dortige Mini-Population von höchstens zehn Kröten, die nahe der so genannten Neubiberger Röhre lebt, sei aufgrund ihrer Insellage isoliert und würde vom Zuzug genetisch profitieren. Darüber hinaus befände sich in Ottobrunn eine weitere Kleinst-Population, die über die Fußgängerbrücke der Staatstraße eine Verbindung zu Unterhaching habe. »Allerdings ist für sie die Entfernung bis zu den Kröten im Landschaftspark zu groß«, erklärte Gruber. Eine Verbindung beider Ansiedlungen wäre grundsätzlich möglich, wenn das neue Ersatzhabitat quasi in der Mitte – im Bereich der Bunker – errichtet werden könnte. Um hier Bedingungen zu schaffen, die ein Überleben der Art fördern, plant die Landeshauptstadt dort die Errichtung von acht Tümpeln von jeweils etwa 30 Quadratmetern Fläche und einer Tiefe von nur 30 Zentimetern. »Insgesamt würde eine Fläche von etwa 1.800 bis 2.000 Quadratmetern Fläche benötigt, weil die Wechselkröten auch gesicherte Landfläche benötigen«, erklärte Gruber. Schon im Frühjahr sollte mit den Bauarbeiten begonnen werden. Gleich nach Anlegen der Tümpel könnten dann vom Gelände in Perlach Laich und Kaulquappen umgesetzt werden.

Das Herz der SPD-Chefin Renate Brosseder (SPD) eroberten die Kröten im Sturm. »Es sterben so viele Arten aus, und wir können jetzt einer davon helfen, zu überleben. Das ist doch toll!« Auf diese Weise würde zudem der Landschaftspark aufgewertet. Auch Gertraud Schubert (Grüne) pflichtete bei: »Die Kröten sind eine große Bereicherung. Wir haben die Verantwortung für die Tiere der Schotterebene, die früher so zahlreich in den Kiesgruben gelebt haben«. Dies sei eine wirklich schöne Sache. Sorgen um deren Wohlergehen machte sich sodann Dr. Harald Nottmeyer (SPD): Ob die Tümpel nicht von Reihern oder ähnlichen Vögeln leer gefressen würden, wollte er von Gruber wissen. Der Experte beruhigte: Die Kröten seien nachtaktiv und relativ ungenießbar. Der Gemeinderat entschied für die Ansiedlung der kleinen Lurche in einem Ersatzhabitat im Landschaftspark – freilich unter der Bedingung, dass die Landeshauptstadt die Kosten der Maßnahme und deren dauerhaften Unterhalt zahle. Kohnke

Artikel vom 16.02.2012
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