Marionettenbühne muss raus – neue Räume noch nicht in Sicht

Au · Ausgespielt?

Marionettenspieler seit vielen Generationen – die Billes wollen – allen Widrigkeiten zum Trotz – die Familientradition nicht aufgeben.	Foto: js

Marionettenspieler seit vielen Generationen – die Billes wollen – allen Widrigkeiten zum Trotz – die Familientradition nicht aufgeben. Foto: js

Au · Seit Generationen hat sich die Familie Bille dem Puppenspiel verschrieben. Erst 2009 hat der 27-jährige Florian Bille die Marionettenbühne am Bereiteranger 15 von seinem Großvater Otto Bille übernommen.

Dieser führte das Theater rund 27 Jahre lang. Nun allerdings steht die Bühne vor dem Aus: Das Haus wurde von einer Investorengemeinschaft gekauft, geplant ist eine Sanierung des Gebäudes. Das bedeutet: Das Marionettentheater muss ausziehen. Ein neuer Standort ist jedoch noch nicht gefunden. Das Marionettenspiel hat Bille von Kindesbeinen an gelernt. Sein Großvater, bei dem er aufgewachsen ist, habe ihm, als er noch ein kleiner Junge war, eigens Puppen mit kürzeren Fäden gebastelt, schwärmt er. Immer sei klar gewesen, dass er das Theater in der Au einmal übernehmen werde: »Mein Großvater wollte das und ich auch.«

Die Tradition des Marionettenspiels reicht in der Familiengeschichte bis ins 18. Jahrhundert zurück. Nach München zog es die Billes, die ursprünglich aus Thüringen stammen, in den 1960er Jahren. Weil Otto Bille in der DDR die Zensur seiner Textbücher verweigerte, erhielt er Berufsverbot. Über die damals noch offene Grenze floh er in den Westen. Etwa zwanzig Jahre lang war er dort zunächst mit einem Wandertheater aktiv. Sesshaft wurde er in der Au, als ihm Ludwig Krafft, damals Leiter der Münchner Puppensammlung, den Raum am Bereiteranger anbot. Immer wieder zu Gast sind dort inzwischen die Schulen des Viertels, etwa die Mariahilfschule oder das Pestalozzigymnasium. Offene Vorstellungen für Kinder gibt es außerdem an den Wochenenden. Gezeigt werden vor allem Grimms Märchen. »Schneewittchen ist am beliebtesten«, sagt Wlada Bille, die Frau des Marionettenspielers. Gelegentlich würden auch weniger bekannte Stücke wie etwa Kalif Storch von Wilhelm Hauff aufgeführt. »Da kommen aber nicht so viele Leute«, erklärt Florian Bille.

Aufgrund der hohen Miete sei es bereits in den vergangenen Jahren schwierig gewesen, die Marionettenbühne aufrecht zu erhalten. Seine Frau und er könnten von den Einnahmen zwar leben: »Große Sprünge können wir aber nicht machen.« Nun hat sich die Lage noch einmal drastisch verschärft: Sämtlichen Mietern des Anwesens am Bereiteranger wurde bis Ende März gekündigt, in dem Haus sollen Wohnungen entstehen. »Wir suchen dringend nach einem Ersatz«, klagt Bille. Bei der Stadt habe er bereits angefragt: »Die haben aber kein Interesse an uns, weil es schon ein städtisches Marionettentheater gibt.« Sollte kein neuer Standort gefunden werden, müsste die Bühne samt Puppen und Requisiten im Frühjahr erst mal eingelagert werden. Aufgeben will das Paar das Marionettenspiel aber nicht. »Wir machen auf jeden Fall weiter«, betont Bille. Julia Stark

Artikel vom 07.02.2012
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