Realschule platzt aus allen Nähten: Lösung nun Oberding

Erding · Guter Ruf ein Fluch

Die neue Mittelschule in Oberding wird jetzt noch für drei bis vier Millionen Euro erweitert für die neue „Mini-Realschule“, die ab September starten wird.	Foto: bb

Die neue Mittelschule in Oberding wird jetzt noch für drei bis vier Millionen Euro erweitert für die neue „Mini-Realschule“, die ab September starten wird. Foto: bb

Erding · Die endgültige Entscheidung fällt das Kultusministerium, und dieses hat sich eindeutig positioniert. Bildungs- und Kreisausschuss hatten sich klar für die Realschule in Oberding ausgesprochen.

Jeder dachte, das sei eine Formalie, wo die vierte Realschule im Landkreis gebaut wird. Doch dann tauchte im Kreistag viel dubiose Begleitmusik auf – so gab es nach über drei Stunden zäher Diskussion „nur“ eine 31:16-Entscheidung für Oberding. Räte von SPD-, CSU- und Freien Wählern hatten für Wartenberg gestimmt.

Dass der Landkreis neben den beiden Erdinger Realschulen Heilig Blut (nur für Mädchen) sowie Herzog-Tassilo und der in Taufkirchen eine vierte Einrichtung benötigt, darüber waren sich alle Beteiligten einig. Rektor Michael Altmann von der Herzog-Tassilo-Realschule warb in einem flammenden Plädoyer für eine Entlastung seiner Einrichtung: „Unsere Realschule, eine der größten in Bayern, wurde konzipiert für etwa 600 Schüler, tatsächlich haben wir aktuell 1.240 Schüler in 45 Klassen. Wir haben nicht genügend Klassenzimmer, Fachräume für Chemie, Biologie, Musik oder Physik sind umgewidmet zu Klassenräumen. Wir können nicht alle 30 Wochenstunden am Vormittag unterrichten, daher gibt es am Nachmittag Sport, Physik und Informatik. Es gibt keine Möglichkeit zum Mittagessen, alle quetschen sich in die kleine Aula. Wir haben einen sehr guten Ruf, doch der ist mehr ein Fluch. So kann es nicht weitergehen. Wir brauchen dringend eine Entlastung“, klagt der Rektor.

Eine Studie der FH Erding kommt zum gleichen Ergebnis wie auch das Schulamt und das bayerische Kultusministerium: die größte Entlastung der Herzog-Tassilo-Schule bietet ein neuer Standort in Oberding. „Wichtig für eine neue, zweizügige Realschule ist die dauerhafte Schüleranzahl. Wir brauchen mindestens 350 Schüler, und diese Zahl ist in Wartenberg nicht gegeben. In Oberding aber schon, da es hier auch noch die Nachbargemeinde Hallbergmoos gibt, die gerne ihre Kinder nicht weiter auf die überfüllte Realschule nach Eching, sondern nach Oberding schicken würde. Außerdem wurde die Realschule Moosburg gerade für elf Millionen ausgebaut, die benötigt auch wegen der demographischen Entwicklung dringend die Schüler aus dem Landkreis Erding. Wenn wir in Wartenberg eine neue Schule machen würden, ziehen wir unsere Kinder von dort ab – das akzeptiert das Finanzministerium nie, und die reden ein gewaltiges Wörtchen mit“, so Konrad Huber vom Kultusministerium.

Die neue Schule wird eine „Mini-Realschule“, die zwar alle Fächer genauso anbietet wie eine vollwertige, aber eben nur zwei Klassenzüge. „Wir starten mit zwei fünften Klassen, sollte es sich besser als erwartet entwickeln, können es auch drei Klassenzüge werden. Die ersten beiden Jahre steht der neuen Schule die Herzog-Tassilo-Schule als ‚Mutter‘ zur Seite, von dort pendeln auch die Lehrer. Ab dem dritten Jahr wird die Schule eigenständig, mit eigenen Lehrern und Rektor“, erläuterte Huber. Außerdem wird es eine „Kooperationsschule“ sein, das bedeutet, „dass es unter einem Dach zwei völlig unabhängige Schulen, nämlich eine Realschule und eine Mittelschule, gibt. Die nutzen gemeinsam Fachräume und Sporthallen, Aula und Pausenverkauf, machen gemeinsame Feste und Projekte – das wird aber keine Gesamtschule“, betonte Landrat Bayerstorfer energisch.

Im Kreistag wurden dann aber viele der „Fakten“ in Frage gestellt. „Die Ausgangslage war, dass 300 Schüler genügen, dass nichts neu gebaut werden sollte, sondern Leerstände gefüllt. Warum wird jetzt doch sehr teuer neu gebaut und warum müssen es plötzlich 350 Kinder sein – sollte hier Wartenberg aus dem Rennen geboxt werden? Will das Ministerium seine verfehlte Investitionspolitik in Moosburg kaschieren und daher muss es Oberding sein?“, gab Herbert Knur (fraktionslos) zu Bedenken. Auch Helga Stieglmeier (Grüne) fragte, „ob denn künftig nur noch die reichen Gemeinden wie Oberding solche Einrichtungen bekommen? Warum diskutieren wir hier überhaupt, wenn das Ministerium nur Oberding gelten lässt?“ Franz Hofstetter (CSU) sagte, „ich stimme hier gegen meine tiefe Überzeugung für Oberding, denn sonst stehen wir am Ende mit leeren Händen da.“

Oberdings Bürgermeister Helmut Lackner sicherte zu, dass die Gemeinde nicht nur die Sachaufwandsträgerschaft übernimmt, der Kreis bezuschusst jeden Schüler lediglich mit 675 Euro pro Jahr, die tatsächlichen Kosten liegen aber bei 1.215 Euro im Jahr. Oberding will auch seine neue (eineinhalb Jahre alte) Mittelschule, in der man jetzt schon sechs bis acht Räume zur Verfügung stellen kann, für drei bis vier Millionen Euro erweitern. „Dafür habe ich schon das Okay des Gemeinderats. Trotzdem wird unsere Mittelschule stabil weiter bestehen – Studien sagen uns bis 2020 konstant 115 Schüler voraus – zudem haben wir seit ein paar Jahren starke Zuzüge nach Oberding und eine wachsende Geburtenzahl. Und mit meinem Kollegen in Hallbergmoos habe ich schon enge Gespräche geführt, die hätten großes Interesse für jährlich 150 Kinder. Eine Realschule in Oberding macht also Sinn und hat mit Sicherheit langfristig die notwendigen Schülerzahlen“, versprach Lackner. Nach hitziger Debatte startet die neue „Mini-Realschule“ in Oberding mit zwei fünften Klassen zum neuen Schuljahr 2012/2013 am 13. September. bb

Artikel vom 04.02.2012
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