Gemeinderat will Signal vom Landkreis und Stadt abwarten

Haar · Realschule für Haar?

Neben den beiden Grundschulen, der Mittelschule und dem Gymnasium in Haar, fehlt nur noch eine Realschule in der Gemeinde.	Foto: Gemeinde Haar

Neben den beiden Grundschulen, der Mittelschule und dem Gymnasium in Haar, fehlt nur noch eine Realschule in der Gemeinde. Foto: Gemeinde Haar

Haar · »Ich blamiere mich ungern, ich würde vorschlagen, wir warten mal ab, bis vom Landkreis ein Signal kommt. Wenn auch die Landeshauptstadt mitmacht, dann bin ich dabei.« Mit diesen Worten beschloss Rathaus-Chef Helmut Dworzak (SPD) jetzt im Gemeinderat eine kontroverse Debatte.

Der Anlass: Die CSU-Fraktion hatte beantragt, den Bürgermeister zu beauftragen »mit dem Landkreis und dem Zweckverband weiterführende Schulen über die Errichtung einer Realschule in Haar zu verhandeln und geeignete Standorte im Gemeindegebiet zu prüfen«. Über das Ansinnen wurde nicht abgestimmt, allseits wurde Dworzaks Statement stillschweigend akzeptiert.

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Hintergrund der Debatte: Der von CSU-Fraktionschef Thomas Reichel vertretene Antrag datiert vom 21. November. Am selben Tag hatte im Kreisausschuss sein Parteikollege Christoph Göbel, Bürgermeister in Gräfelfing und stellvertretender Landrat, unter »Verschiedenes« gemeint, die Situation der Realschulen (RS) im östlichen Landkreis sei schwierig, man sollte sich Gedanken über eine weitere Einrichtung zwischen Trudering und Aschheim machen. Darüberhinaus brachte er als Standort Haar ins Spiel. Für einen Bau ist ein Beschluss des Kreistags, ein Bedarf auf Grundlage einer Langfristplanung sowie zusätzlich eine starke Steigerung der zu erwartenden Schülerzahlen notwendig. Letztlich muss dann noch die Regierung zustimmen, bevor die Bagger losrollen können.

Reichel hatte erläutert, dass es im Landkreis nur in Aschheim eine RS gibt. Und: »Steigende Schülerzahlen machen die Errichtung einer weiteren RS notwendig, nicht zuletzt um weite Fahrwege für Schüler zu vermeiden«. Ein »besonderer Bedarf ergibt sich aus dem zu erwartenden Zuzug von Neubürgern nach Bebauung des Jugendstilparks auf dem bisherigen Krankenhausgelände«. Gemäß einer Studie des ­Planungsverbands Äußerer Wirtschaftsraum München, aus dem Jahr 2009/2010, so erläuterte Dworzak, gibt es im RS-Bereich im nächsten Jahrzehnt »zwar einzelne Kapazitätsengpässe, die jedoch vor Ort gelöst werden müssen. Auf den Landkreis bezogen wurde kein Bedarf für einen zusätzlichen RS-Standort gesehen«.

Auch die Landeshauptstadt sieht in der Messestadt Riem keinen zusätzlichen RS-Bedarf, laut Beschluss des Stadtrates vom Oktober 2010 »ist die Versorgung mit RS im Münchner Osten ausreichend und weitere Anfahrtswege sind grundsätzlich zumutbar, weil sie problemlos zu bewältigen sind«. So beträgt der Anteil Münchner Kinder, die die RS Aschheim besuchen, nur acht Prozent, in Vaterstetten/Landkreis Ebersberg sind es 6,1 Prozent.

Im laufenden Schuljahr besuchen 279 Haarer Jugendliche eine Realschule – davon 18 in München, sieben in Neubiberg und Taufkirchen, 26 in Aschheim und 228 in Vaterstetten. Und zusammen mit Putzbrunn und Grasbrunn käme man maximal auf 350 Schüler. »Angesichts dieser Zahlen erscheint die staatliche Bewilligung einer neuen RS doch fragwürdig«, konstatierte Dworzak.

»Zur Entlastung der RS Vaterstetten wird es für sinnvoller und kostengünstiger erachtet, zu gegebener Zeit einer eventuellen Erweiterung dieser Schule zuzustimmen, zumal Haar bereits Mitglied im dortigen Schulzweckverband ist«, heißt es in der Vorlage der Haarer Verwaltung. Mehr als 1.100 Jugendliche besuchen die RS, die für etwa 850 Schüler ausgerichtet ist, die aus allen Nähten platzt, die aus Raumnot keine von vielen Eltern gewünschte Ganztagsbetreuung bieten kann. Und eine Erweiterung, würde bis zu vier Millionen Euro kosten, hat der Zweckverband Mitte Dezember bereits ermittelt. Bei der Tagung lehnte Dworzak auch die Idee ­einer RS in Haar ab, nicht zuletzt aus finanziellen Gründen.

Für die RS Vaterstetten hat Haar, so Horst Wiedemann (SDP), bislang etwa sieben Millionen Euro Zahlungen geleistet. Die Kosten einer Haarer RS – 70 Prozent hätte die Gemeinde zu tragen – hinterfragte im Gremium CSU-Rat Andreas Rieder. Dworzak bezifferte sie auf 15 bis 17 Millionen Euro, vor Kurzem war noch von zehn, zwölf Millionen Euro die Rede. »Eine Realschule in Haar wäre schön, aber...« – darin waren sich die meisten Roten und Schwarzen im Gemeinderat einig. Einzig SPD-Fraktionschef Alfons Meindl bezog eindeutig Stellung: »Für eine RS in Haar besteht kein unmittelbarer Bedarf. Ich fände es wagemutig, ja abenteuerlich, dafür 17 Millionen auszugeben. Dazu bin ich nicht bereit, wir sollten im Gemeinderat Realismus walten lassen. Eine Wunschliste für ein paar Hundert Millionen Euro hätten wir alle schnell beieinander«. ikb

Artikel vom 03.02.2012
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