Bezirksausschüsse: Innenstadt für Senioren kartografieren

Zentrum · Kein Plan im Alter?

Peter Körner, Theo Kempf und Wolfgang Püschel (v. l.) wollen den Stadtteilplan für Senioren für die Innenstadt. Vorbildcharakter hat der »Erstling« für die Stadtteile Ober- und Untergiesing und Harlaching.	Foto:scy

Peter Körner, Theo Kempf und Wolfgang Püschel (v. l.) wollen den Stadtteilplan für Senioren für die Innenstadt. Vorbildcharakter hat der »Erstling« für die Stadtteile Ober- und Untergiesing und Harlaching. Foto:scy

Zentrum · Die nächste Bar, die nächste Disko – Jugendliche müssen nur online gehen und holen sich im Internet die gesuchten Informationen. Wo aber befindet sich die nächste Parkbank?

Jugendliche kümmert es noch wenig, aber ältere Menschen, die nicht mehr so gut zu Fuß sind, wüssten das beispielsweise gerne. Warum also nicht einen Stadtplan entwickeln, der eben genau diese altersgerechten Bedürfnisse berücksichtigt, in dem also unter anderem Bänke eingezeichnet sind und Briefkästen und Alten- und Servicezentren (ASZ)? Münchenweit wurde diese Idee erstmals für die Stadtteile Ober- und Untergiesing und Harlaching umgesetzt – drei Stadtbezirke, ein Senioren-Stadtteilplan. Jetzt wollen Altstadt, Lehel, Isar-, Ludwigs- und Maxvorstadt nachziehen.

Die zuständigen Bezirksausschüsse (BA 1, 2 und 3) sind deshalb auf der Suche nach Senioren, die sich bei der Gestaltung eines Stadtteilplans mit ihren Wünschen und Vorschlägen einbringen wollen. »Wir freuen uns über jeden, der sich meldet«, so BA 1-Vorsitzender Wolfgang Püschel (SPD). Auch Theo Kempf vom Seniorenbeirat des BA 2 bekräftigt: »Je mehr mitmachen, desto besser.« Denn klar ist: Ohne die Hilfe von vielen, vielen engagierten Bürgern aus der Altersgruppe 50 plus ist das Vorhaben nicht zu stemmen.

Dazu kommt: Weitere Fragen sind immer noch offen. Zum Beispiel die Finanzierung. Denn das Referat für Gesundheit und Umwelt (RGU) gab nur eine Anstoßfinanzierung für eine erste Initiative. »Und nun heißt es, die BAs sollen sich kümmern, sollen Sponsoren suchen oder Geld aus ihren Budgets nehmen«, berichtet Püschel. »Doch wir haben die finanziellen Mittel nicht.« Zudem, so Gesche Hoffmann-Weiss vom BA 3, gehe es auch ums Prinzip: »Warum gab es für die einen Geld und für uns nicht?« Das sei nicht nachvollziehbar, denn die Stadtteilpläne seien schließlich ausdrücklich vom Seniorenbeirat der Stadt München gewünscht. Und das RGU habe dann diese Idee aufgegriffen. »Aber doch bitteschön nicht mit dem Ziel, dass das dann auf die BAs abgeschoben und die dann damit völlig alleine gelassen werden«, empört sich Püschel.

Peter Körner, stellvertretender Vorsitzender des BA 2, pflichtet bei: »Mit dieser Vorgehensweise sind wir absolut nicht einverstanden.« Neben dem Budget mangele es außerdem an klaren Vorgaben. Eine allgemeine stadtweite Konzeption vom RGU liegt laut Püschel nicht vor. Klar, man kenne den bereits umgesetzten Stadtteilplan. »Doch da gibt es Verbesserungsbedarf«, findet Püschel. Er kritisiert insbesondere das »schlecht zu handhabende Format« – Größe 80 auf 90 Zentimeter. Andererseits, so räumt er ein, wäre der Plan kleiner, könne man ihn nicht mehr so gut lesen. Des Weiteren müssten noch Grundfragen geklärt werden, ­etwa: Welche Netzwerkpartner sind beteiligt? Wie beteiligen sich diese? Wer organisiert das? Und: Wer läuft den Stadtteil für den Kriterienkatalog ab? »Weil so vieles noch ungeklärt ist, können wir diese gute Sache, von der wir überzeugt sind, nicht umsetzen«, sagt Körner. »Wir sind weiterhin in Wartestellung.«

Was auch heißt, und da sind sich die Mitglieder der Stadtteilgremien einig, dass alle drei BAs durchaus ihren Beitrag leisten wollen, aber die Sache eben nicht in Alleinregie durchziehen wollen. Man hoffe unter anderem auch auf die Unterstützung von ASZs, Pfarrgemeinden und stadtteilbekannten Institutionen wie etwa ZAB und REGSAM.

Wie aufwändig das Vorhaben ist – finanziell, organisatorisch und personell – zeigt der Blick auf den »Erstling«. Der Stadtplan wurde im Rahmen des Programms »Aktiv im Alter« des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend durch den Generali Zukunftsfonds mit 10.000 Euro für Sachkosten unterstützt. Die Personalkosten trug das RGU, das auch für die Projektkoordination verantwortlich war. Zehn Einrichtungen beteiligten sich unentgeltlich als Kooperationspartner, darunter die ASZs, BA-Mitglieder, REGSAM und Green City. Bei der Gestaltung machten mehr als 300 Senioren mit. Zeitdauer insgesamt: knapp eineinhalb Jahre in vier Arbeitsphasen: Vorarbeiten, Datenaufbereitung, Testphase, Veröffentlichung.

Der Plan gilt für drei Jahre und ging im März 2011 in einer Auflage von 10.000 Stück raus. Und erhielt bereits den Bayerischen Gesundheitsförderungs- und Präventionspreis (BGPP). »Der Stadtteilplan für Senioren ist eine wertvolle Orientierungshilfe und trägt dazu bei, die Mobilität der älteren Menschen zu erhalten«, sagt RGU-Mitarbeiterin Uschi Haag. Er sei somit von großer Bedeutung für die Unterstützung und den Erhalt der physischen und psychischen Gesundheit. Die bisherigen Rückmeldungen würden zeigen, dass der Stadtteilplan sehr gut angenommen werde, auch von anderen Altersgruppen. »Dass nun andere Stadtteile dieses Projekt zum Anstoß nehmen und entsprechend der lokalen Voraussetzungen Ähnliches erarbeiten, ist nachdrücklich gewünscht«, betont Haag.

Alle am Projekt Beteiligten würden ihre Erfahrungen aus der Arbeit gerne weitergeben. Das ist zwar etwas, immerhin, doch das Finanzproblem beispielsweise ist damit nicht gelöst. »Wir können auf jeden Fall garantieren, dass wir am Ball bleiben«, so BA 3-Mitglied Gesche Hoffmann-Weiss »Denn wir müssen uns verstärkt darum kümmern, dass sich ältere Menschen in München wohlfühlen. Hier bricht immer mehr der Jugendwahn aus. Das ist eine gefährliche Entwicklung.« Der Stadtteilplan für Senioren habe deshalb auch eine Signalfunktion, die besage: »Wir wollen euch hier haben.« Senioren, die am Plan mitarbeiten wollen, melden sich bitte unter den Telefonnummern der BA-Geschäftsstellen 22 80 26 73 oder 22 80 26 76. Sylvie-Sophie Schindler

Artikel vom 31.01.2012
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