Hallbergmoos und Neufahrn: Grüne diskutieren Möglichkeiten für alternative Projekte

Neufahrn · Bürger-Energiegenossenschaft als Modell möglich?

Joachim Bender (l.) und Tibor Szigeti sprachen vor den Grünen aus Hallbergmoos, Eching und Neufahrn über das Thema Bürger-Energiegenossenschaft.	bb

Joachim Bender (l.) und Tibor Szigeti sprachen vor den Grünen aus Hallbergmoos, Eching und Neufahrn über das Thema Bürger-Energiegenossenschaft. bb

Neufahrn · Das Ende der Atomenergie ist in Deutschland beschlossen, bis zum Jahr 2022 soll das letzte AKW abgeschaltet sein, dann aber auch 35 Prozent des Stroms regenerativ erzeugt werden.

Die Thematik wird auch in Hallbergmoos, Neufahrn und Eching intensiv diskutiert, bislang überwiegt aber noch die Skepsis gegenüber Windkraftanlagen (WKA), Freiflächen-Photovoltaik- (PV) oder Biogasanlagen. Eine Möglichkeit der Bürgerbeteiligung diskutierten nun die Grünen der drei Gemeinden: Bürger-Energiegenossenschaften.

Eingeladen wurden von den drei Grünen-Ortsgruppen Joachim Bender, er ist Vorsitzender der Grünen in Gräfelfing, aber auch Aufsichtsratsvorsitzender der »Bürger-Energie-Genossenschaft eG« (BENG) in München, zudem Tibor Szigeti, er ist Umwelt- und Energieberater in mehreren Gemeinden, so etwa in Hallbergmoos, Oberschleißheim und Garching. Robert Wäger führte in die Thematik ein: »In Hallbergmoos, das schon mehrfach Auszeichnungen für seine vielen Photovoltaik-Anlagen auf öffentlichen Dächern und Privathäusern erhalten hat, ist ebenso wie in Neufahrn die generelle Bereitschaft für Windkraftanlagen da. Es gibt eine Vorrangfläche und sogar eine Windmessung wurde bereits durchgeführt in Hallbergmoos – es würde sich also lohnen. Doch eine unglückliche Konstellation bei der Abstimmung im Gemeinderat mit Krankheitsfällen hat dafür gesorgt, dass das Projekt WKA im Moment ruht. Eine große Freiflächen-Photovoltaikanlage gibt es an der Straße nach Notzing – doch mehr Bereitschaft für so eine Anlage ist im Moment nicht da. In Neufahrn und Eching ist man erst in der Sondierungsphase«, so Wäger.

Bender erläuterte, welche Möglichkeiten eine Energiegenossenschaft für den Bau von WKA- oder PV-Anlagen bieten könnte, am Beispiel des Bürgersolarparks Aschheim. »Rund um München sowie den Landkreisen Starnberg und Ebersberg haben seit 2002 viele Vereine über 40 Bürgersolaranlagen errichtet und betreiben diese erfolgreich. Sie erzeugen jährlich etwa 2,5 Millionen Kilowatt pro Stunde elektrische Energie und vermeiden dadurch rund 1560 Tonnen CO 2-Emissionen. Wir wollten künftige Anlagen möglichst effizient finanzieren und betreuen und kamen so auf die Idee der Genossenschaft. Diese ermöglicht nämlich – im Gegensatz zur bisher üblichen GbR – mehrere und größere Projekte zu realisieren, ohne jeweils eine neue Gesellschaft gründen zu müssen«, berichtete Bender.

Im April 2011 gründeten 18 Personen in München »BENG«, erstes Projekt war die 1,1 Megawatt-Freiflächen-PV-Anlage in Aschheim. »Jeder der will, kann Genosse werden und zahlt dafür einmalig 100 Euro. Dann kann er den Projekten Darlehen gewähren, gemeinsam mit Banken finanzieren wir dann die Projekte und zahlen über eine Laufzeit von 20 Jahren eine jährliche Rendite zwischen 5 Prozent (in sonnenschwachen Jahren) und bis zu 7,5 Prozent in den sehr guten Sonnenjahren. Bei den Versammlungen hat man je Genossenschafts-Anteil eine Stimme. Nur im worst case, wenn also eine Anlage total Pleite gehen sollte – was heute kaum möglich erscheint – dann wird zuerst der Bankkredit bedient.«

In Aschheim hat »BENG« die Gemeinde angesprochen, die war sofort begeistert über den Strom für 300 Familien, »und noch vor der offiziellen Gründung der Genossenschaft stand die Anlage, obwohl die dort einen CSU-Bürgermeister und keinen grünen Ortsverband haben«, meint Bender schmunzelnd. Künftig will sich die Genossenschaft aber auch um die Finanzierung und das Betreiben von WKA kümmern, problematisch sei dabei, dass es schon auf wenigen Kilometern Abstand völlig andere Windverhältnisse geben könne. Man müsse vorher also sehr genau messen, »und wenn der Wind zwei, drei Jahre nacheinander unterdurchschnittlich bläst, dann wird’s wirtschaftlich problematisch. Doch wenn Hallbergmoos schon die Flächen und die Messung dazu durchgeführt hat, es in großen Teilen des Gemeinderats die Bereitschaft zur WKA gibt, dann würde sich das hier anbieten. Da müsste man keine eigene Genossenschaft gründen – denn das kostet ein paar Tausend Euro – da könnte man bei BENG mitmachen«, schlug Bender vor. Auch Energieberater Szigeti pflichtete bei: »In Hallbergmoos gibt es keine Wasser- oder Geothermie-Anlagen, PV ist sehr weit verbreitet – für das sehr schwierige Ziel der beabsichtigten Energieautarkie bietet sich nur die Windenergie und dann die Genossenschafts-Lösung an! Das gleiche gilt für Eching und Garching, die gemeinsam WKAs bauen wollen.«

Die anwesenden Grünen aus Hallbergmoos, Eching und Neufahrn zeigten sich von der generellen Idee und den Möglichkeiten sehr beeindruckt und wollten dies in ihren Orten zur Diskussion stellen. »Man muss eben sehen, ob die Hallbergmooser bereit sind, das mit einer ›fremden‹ Genossenschaft zu machen, denn die Gewinne fließen ja dann nach München und bleiben nicht im Ort, wie es geplant war. Aber da im Moment alles stagniert, könnte ja auch ein fremder Großinvestor kommen und eine WKA bauen – verbieten kann ihm das niemand – und dann hat man gar nichts mehr zu melden«, warnte Wäger. bb

Artikel vom 17.01.2012
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