Grünwalder Regisseurin stellt einen Film vor, der Mut macht

Grünwald · »Nach der Stille«

Yaël Chernobroda und Nadje Tobassi gehen nach dem Tod ihrer Lieben über alle Grenzen hinweg miteinander ins Gespräch. 	Foto: F. Zapatka

Yaël Chernobroda und Nadje Tobassi gehen nach dem Tod ihrer Lieben über alle Grenzen hinweg miteinander ins Gespräch. Foto: F. Zapatka

Grünwald · Am Dienstag, 10. Januar, zeigt die Grünwalder Bibliothek um 19.30 Uhr den Film »Nach der Stille«, ein preisgekrönter Dokumentarfilm der Grünwalderin Stephanie Bürger. Die junge Regisseurin hat zusammen mit ihrer Kollegin Jule Ott einen Film über eine ganz besondere Annährung zwischen zwei Menschen gemacht, eine Annährung, die Hoffnungen weckt.

Für ihr Erstlingswerk sind die beiden jungen Frauen im Oktober 2009 direkt nach Abschluss ihres Medienwissenschaftsstudiums in Tübingen ein halbes Jahr zwischen dem Westjordanland und Israel gependelt. Dort filmten und begleiteten sie die Annäherung zwischen Yaël Chernobroda, die im März 2002 ihren Mann Dov bei einem Selbstmordattentat verloren hat, und der Familie des Attentäters Shadi Tobassi, einem 24-jährigen Palästinenser aus Jenin.

Yaël Chernobroda wandte sich einige Zeit nach dem Tod ihres Mannes an Markus Vetter, um ihm die Geschichte ihres Mannes zu erzählen, der Zeit seines Lebens für die Annäherung zwischen Israelis und Palästinensern gekämpft hatte. Vetter, der 2005 den Film »Das Herz von Jenin« gedreht hatte und derzeit das Projekt »Cinema Jenin« aufbaut, aber auch als Dozent in Tübingen gearbeitet hat, konnte Jule Ott und Stephanie Bürger für dieses ganz besondere Projekt schnell begeistern.

»Als wir nach Israel geflogen sind, wussten wir nicht, wie das Projekt ausgehen wird. Ob sich die Familie des Attentäters auf einen Kontakt einlassen wird, ob Yaël Chernobroda sich wirklich mit ihnen treffen will, all das stand in den Sternen«, erinnert sich Stephanie Bürger. »Es war ein Experiment, und das in mehrfacher Hinsicht«, fasst sie ihre Erlebnisse zusammen. Um überhaupt zur Familie des Attentäters Kontakt aufzunehmen, brauchte es palästinensische Mitarbeiter, die zum einen als Dolmetscher, zum anderen aber auch als vertrauensvolle Mittelsmänner fungieren sollten. Mit Manal Abdallah fanden sie nach langem Suchen eine Frau, die den Mut aufbrachte, in diesem schwierigen Konflikt zu vermitteln. Die Familie von Shadi Tobassi empfing die Besucher aus dem Ausland, ließ sie an der immer noch nicht versiegten Trauer um ihren Sohn teilhaben.

Die Mutter des 24-jährigen erklärte, dass die Familie nichts von seinen Plänen gewusst habe, diese nie unterstützt hätte. »Er war doch erst 24 Jahre alt«, bekennt die Mutter mit brüchiger Stimme im Film. Die Angst auf beiden Seiten vor einem Treffen war groß, die Vorurteile noch größer, aber am größten der Wunsch, zu verstehen und nach Versöhnung als einzigen Weg zurück in ein neues Leben. Nach vielen Verhandlungen, Gesprächen und Telefonaten bringt die Israelin schließlich den Mut auf, die Familie des Attentäters in den besetzten Gebieten des Westjordanlandes zu besuchen.

Die Familie Tobassi traut sich, die Israelin in ihr Wohnzimmer nach Jenin einzuladen. Das Gespräch zwischen den beiden Frauen wurde auf Wunsch der Mutter ohne Bild gefilmt, nur ihr Dialog ist zu hören. »Heute ist ein großer Tag für uns«, stellen beide Frauen fest. Der Dialog ist aufgenommen, ein Dialog, der die Toten lang überdauern soll.

Gezeigt wird der Film im August Everding Saal, Ebertstraße 1, der Eintritt kostet 6 Euro. Karten gibt es in der Gemeindebibliothek, Tel. 6 41 24 70 oder an der Abendkasse. Stephanie Bürger wird ebenfalls vor Ort sein, und Fragen beantworten.

Heike Woschee

Artikel vom 03.01.2012
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...