München zieht zehn Jahre nach der Einführung Bilanz

München · War der Euro ein Teuro?

„Viele Preise sind stabil geblieben oder sogar gesunken. Aber das nehmen die meisten nicht wahr“, sagt City-Partner-Geschäftsführer Wolfgang Fischer.

„Viele Preise sind stabil geblieben oder sogar gesunken. Aber das nehmen die meisten nicht wahr“, sagt City-Partner-Geschäftsführer Wolfgang Fischer.

München · Mit der Einführung des Euros erfolgte die größte Währungsumstellung der Geschichte. Am 1. Januar 2012 jährt sich die Bargeld-Einführung zum zehnten Mal. Und wir wollen wissen: Wie kommen die Münchner nach zehn Jahren mit dem Euro zurecht? Wie oft rechnen sie noch in D-Mark um? Und was hatte es mit den damals so angeprangerten Preissteigerungen auf sich?

Diese hält Wolfgang Fischer, Geschäftsführer von City Partner München e.V., einer branchenübergreifenden Unternehmensvereinigung von Handel, Gastronomie, Brauerei, Hotellerie, Immobilien und Ärzten, rückblickend für ein psychologisches Problem. „Menschen neigen dazu, Neuerungen mit Ängsten zu verbinden“. Außerdem würde eine Privatperson viel mehr auf singuläre Dinge wie die Milch im Supermarkt oder den gestiegenen Benzinpreis achten und sofort das Gefühl haben, „alles wird teurer“. Was Fischers Meinung nach viele Menschen vergessen: „Viele Preise sind stabil geblieben oder sogar gesunken. Aber das nehmen die meisten nicht wahr.“

„Schwarze Schafe gibt es in jeder Branche“

Haben sich die Münchner also die Preissteigerungen nur eingebildet? „Natürlich gibt es wie in jeder Branche schwarze Schafe, aber ich glaube, dass im Handel sehr reell umgerechnet wurde“, sagt Harald Böttger, Vorstand vom Forum Wasserburger Landstraße e.V. Doch viele Menschen würden auch heute noch in D-Mark umrechnen, „das kann nicht mehr funktionieren.“

„Alles gestiegen – außer den Gehältern“

Keine Preissteigerung? Das kann Christian Horn, Vorsitzender der Interessengemeinschaft der Gewerbetreibenden Haidhausen, nicht bestätigen: „Nach der Euro-Einführung ist doch – außer den Gehältern – alles drastisch gestiegen, vor allem die Lebenshaltungskosten.“

„Preissteigerungen im Gastronomiebereich“

Auch Roland Nitter, Vorsitzender vom Milbertshofen in Aktion e.V., einer Vereinigung von Gewerbe, Handel und Dienstleistern im Stadtteil Milbertshofen, beklagt: „Die Geschäfte trocknen immer mehr aus, vor allem die kleinen Leute haben unter der Teuerung stark gelitten“. Nitter bedauert, dass sich vor allem die Nahversorger schwer getan haben, ihre Leute zu halten. „Nicht umsonst wurde der Euro als Teuro tituliert“. Die größten Preissteigerungen sieht Nitter im Gastronomiebereich. „Ein Schweinebraten kostet doch heute das in Euro, was er früher in D-Mark gekostet hat“.

Attraktive Preise nach vorheriger Erhöhung?

Damit konfrontiert, spricht Frank-Ulrich John, Pressesprecher des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands, ebenfalls wie Fischer von „vereinzelten Anbietern, die allerdings schnell abgestraft wurden“. Den schwarzen Peter schiebt John dem Einzelhandel zu: „Größere Ketten haben ein halbes Jahr vor der Euro-Umstellung ihre Preise erhöht, um dann attraktive Euro-Preise oder Schwellenpreise auszuweisen“. Als attraktiv gelten Preise, die auf null oder fünf enden, sowie Schwellenpreise, die auf acht oder neun enden.

Sind die Erhöhungen nur gefühlt?

Zehn Jahre ist es bald her, als am 1. Januar 2002 der Euro die D-Mark als gesetzliches Zahlungsmittel ablöste. Die Münchner sind sich uneins, was die Preissteigerungen betrifft. Weshalb so eine Diskrepanz zwischen wahrgenommener und amtlich gemessener Inflation besteht, begründet das Statistische Bundesamt damit, dass „Menschen Informationen zur eigenen wirtschaftlichen Situation anders wahrnehmen als neutrale Informationen und Preiserhöhungen vom Verbraucher stärker wahrgenommen werden als Preissenkungen oder stabile Preise“.

Der Euro durch die Brille der Karikatur

Karikaturist Dieter Hanitzsch nimmt's mit Humor: In der Ausstellung „Euro-Spott“, die am gestrigen Freitag im Gasteig eröffnete und noch bis 3. Februar 2012 zu sehen ist, wird die Entstehungszeit des Euro durch die Brille der europäischen Karikatur betrachtet. Diese Perspektive bietet die Möglichkeit, die aktuelle Krise in einem neuen Licht zu reflektieren, aber auch, stets schmunzelnd, Hoffnungen und Skepsis, Naivität und Schwarzmalerei dieser Zeit aus heutiger Sicht neu einzuordnen. Der Besuch der Ausstellung ist kostenlos und Montag bis Freitag von 10 bis 19 Uhr und Samstag von 11 bis 16 Uhr, auf Ebene 1.1 möglich.

Hier werden die Euro-Münzen geprägt:

Wie in der Vergangenheit bereits die D-Mark-Münzen werden auch die deutschen Euro-Münzen in den fünf deutschen Münzprägeanstalten ausgeprägt. Zu unterscheiden sind die Münzen durch das Münzzeichen (Berlin A, München D, Stuttgart F, Karlsruhe G, Hamburg J), das sich neben der Jahreszahl befindet. Die Verteilung der Gesamtprägemenge erfolgt jeweils über einen pauschal festgelegten Quotenschlüssel.

Artikel vom 16.12.2011
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