Statt Saliterhof ensembleverträglicher Wohnungsbau

Perlach · Ins Ortsbild einfügen

Der Vergleich zwischen damals und heute zeigt, dass der Saliterhof in Perlach sich über die Jahre kaum verändert hat. So soll es auch in Zukunft bleiben. 	Fotos: Festring Perlach/aha

Der Vergleich zwischen damals und heute zeigt, dass der Saliterhof in Perlach sich über die Jahre kaum verändert hat. So soll es auch in Zukunft bleiben. Fotos: Festring Perlach/aha

Perlach · Bis auf 1612 geht der Hof zurück, der 1706 in »Saliterhof« umbenannt wurde. Hier, in der heutigen Sebastian-Bauer-Straße 14, wohnte der unbeliebteste Mann des Dorfes: der Saliter.

Er kratzte bei den Bauern die weißen Salpeter-Salzkristalle von feuchten Mauerwerken der Ställe ab und hob mit dem Stemmeisen die Bodenbretter in Stall, Diele und Stube hoch, um die darunter liegende Erde auf Salpetergehalt zu prüfen. Aus dieser Erde und den Kristallen gewann er Salpetersäure, die für die Herstellung von Schießpulver unabdingbar war. Die Bauern mussten danach zusehen, wie sie ihre Räume wieder instand setzten. Kaum verwunderlich, dass die Saliterhöfe neben den Wirtshöfen die stattlichsten Güter in der Gemeinde waren. Doch weder Stattlichkeit noch Geschichte nützen dem »Saliterhof« nun in Perlach. Er muss abgerissen werden wegen Schädlingsbefall, gegen die keine der bekannten Methoden wirkt, wie drei Gutachter befanden.

Die Eigentümer hätten den Hof, der zum ensemblegeschützten Perlacher Dorfkern gehört, an einen Bauträger verkaufen können und wären das Problem los geworden. Doch haben sie stattdessen beim Planungsreferat eine Bauvoranfrage für ein Gebäude mit mehreren Wohn- einheiten und Tiefgarage eingereicht. Gedacht ist an »familiengerechte Wohnungen in verschiedenen Größen«, deren Zahl noch nicht fest steht und die vermietet werden sollen, wie Architekt Claus Schuh dem Südost-Kurier erläuterte. Beabsichtigt ist ein solventer Mietermix und baulich eine »sanfte Annäherung« an die Umgebungsbebauung. Die Räume an der Straße sind für Gewerbe oder eine Arztpraxis vorgesehen. »Die Denkmalbehörde hat die Bauform als verträglich eingestuft«, so Schuh. Die Straßenfront behält die fünffache Gliederung bei und erweitert gegenüber dem stehenden Gebäude im Obergeschoss die Fenster um eine Tür in der Fassadenmitte. Das etwa 14 Mal 37 Meter große Gebäude rückt wegen heute geltender Abstandsflächenvorschriften etwas weiter nach Süden, ist in seiner Baumasse aber etwas geringer als der noch stehende »Saliterhof«.

Von den Bauplänen hat der Bezirksausschuss 16 Ramersdorf Perlach (BA) Wind bekommen und ließ sich die Pläne schicken. An dem mit Mineralfaserplatten verkleideten heutigen Gebäude ist an der Nordwest-Ecke ein weit überstehendes Dach erkennbar, das auf die ehemalige Tenne hindeutet. Daher sei »sorgfältig zu prüfen, ob möglicherweise in Teilbereichen noch historisch wertvolle, erhaltungswürdige Bausubstanz vorhanden ist« und entsprechende Abrissauflagen angeordnet werden müssen, befindet der Unterausschuss (UA) Stadtteilentwicklung. »Wir haben nichts gegen ein neues Gebäude an sich. Uns geht es darum, dass sich dieses neue Gebäude gut in das Ensemble einpasst«, betont Wolfgang Thalmeir, der stellvertretende UA-Vorsitzende. Wenn man hier eine Abweichung zuließe, dann ginge das bei allen nachfolgenden Ersatzbauten weiter, fürchtet der gesamte BA. Daher müsse sich der geplante Neubau »hinsichtlich des äußeren Erscheinungsbildes (Fenster, Dach, Fassade, Freiflächengestaltung, Positionierung des Baukörpers) harmonisch und vollständig in die umgebende Bebauung« einfügen.

Auch die Tiefgarage möchte der BA vollständig unter dem Gebäude statt unter dem großen Hof untergebracht sehen, damit weniger Hoffläche versiegelt wird. Der Hof solle stattdessen mit Bäumen und Grünflächen ensembleverträglich gestaltet werden. Auch stutzte der UA angesichts der Tiefgaragen-Einfahrt mit dahinter liegendem Radlschuppen, die am südlichen Grundstücksrand entstehen soll, wo heute nichts steht. »Dort stand früher das Brennhaus (zum Schnapsbrennen), das im 20. Jahrhundert abgerissen wurde«, wies Architekt Claus Schuh auf die historische Berechtigung der Einfahrt an dieser Stelle hin. Und ergänzte, auch das hinten quer stehende Gewerbegebäude solle durch ein neues Wohngebäude ersetzt werden, eine Bauvoranfrage sei gestellt. Selbstverständlich auch ensembleverträglich.

Interessant dürfte in diesem Hinblick sein, dass Claus Schuh Architekten mit der Sanierung des unter Ensembleschutz stehenden Gebäudes in der Pariser Straße 22, in Haidhausen im Jahr 2010, den 3. Preis beim Deutschen Fassadenpreis gewann, wobei besonders gelobt wurde, wie stimmig sich die maßvoll modernisierte Fassade in das Straßenbild einfügt.

Angela Boschert

Artikel vom 13.12.2011
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