Luitpoldgymnasium führt »exotischen« Sportunterricht ein

Zentrum · Dart will gelernt sein

Kurt Wieser, Benni, Alice, Max und Katharina Könike (v. l.) spielen begeistert gemeinsam Dart am Luitpoldgymnasium. 	Foto: scy

Kurt Wieser, Benni, Alice, Max und Katharina Könike (v. l.) spielen begeistert gemeinsam Dart am Luitpoldgymnasium. Foto: scy

Zentrum · Wer nicht weiß, wie es geht, der macht meistens erstmal den Fehler, dass er sich beim Dartspielen anstellt wie beim Speerwerfen.

Doch so viel Körpereinsatz ist gar nicht nötig. Spickern, wie wir hierzulande sagen, ist vor allem eine Sache, die sich im Kopf abspielt. »Hohe Konzentration ist wichtig«, sagt Katharina Könike. Und weil ein Mehr an Konzentration gewiss keinem Schüler schaden kann, hat die Sportlehrerin am Luitpoldgymnasium das Wahlfach Dart etabliert. Was der Schule einen Exoten-Status gibt: Denn sie ist mit diesem Angebot deutschlandweit wahrscheinlich so ziemlich die einzige. »Ich freue mich sehr, hier Pionierarbeit zu leisten«, sagt Initiator Kurt Wieser von der Dartabteilung des TSV Forstenried, der den Kurs vor Ort ehrenamtlich begleitet.

Zehn Jungs und zwei Mädchen aus den sechsten und siebten Klassen haben sich für das außergewöhnliche Wahlfach entschieden, seit diesem Schuljahr wird es am Dienstagnachmittag als Doppelstunde angeboten. Zu den Dart-Enthusiasten gehören Alice, Benni und Max. Ihre Augen leuchten vor Freude, wenn sie über das Spickern sprechen. »Das macht einfach Spaß«, sagt Alice. »Es ist spannend«, sagt Benni. Und Max meint: »Mir gefällt, dass Dart ein ruhiger Sport ist. Beim Fußball schreit man immer so.« Und in der Tat: Spickern scheint einen ähnlich meditativen Charakter zu haben wie beispielsweise Billard. »Ich beobachte immer wieder, dass die Kinder und Jugendlichen am Anfang ganz hibbelig sind und im Laufe der Stunde sehr ruhig werden«, berichtet Wieser, der bereits mehrfach Aufbauarbeit betrieben hat, unter anderem im Münchner Waisenhaus und in einem Dresdner Jugendzentrum. »Ohne Ruhe ist dieser Sport nicht zu machen. Wer aufgedreht und unkonzentriert ist, wird keine Erfolge haben«, so der langjährige Experte. Doch das Schöne sei, dass die Ruhe nicht eingefordert werden muss, sondern sich beim Spielen automatisch einstelle.

Als Könike und Wieser ihr Anliegen beim Elternbeirat vortrugen, gab der schnell sein Okay. Unter anderem finanzierte er die Ausrüstung: Spicker und Dartscheiben. »Was die Eltern vor allem überzeugte, war, dass der Dartsport eine weitere Tätigkeit ist, die Kinder vom Bildschirm wegholt«, berichtet Wieser. »Mit anderen zu wetteifern ist immer schöner als einsam vor dem Fernseher oder Computer zu sitzen.« Zudem sei das genau das Bedürfnis von Heranwachsenden: Sich messen zu können. »Die wollen den Wettbewerb, das sollte man unbedingt unterstützen«, ist Wieser überzeugt. Doch nicht überall seien die Voraussetzungen für alle gleich. »Wer mehr Körperfülle hat, ist bei Sportarten wie Fuß- oder Handball außen vor«, sagt Sportlehrerin Könike. Anders beim Dart. »Ich schätze an diesem Sport sehr, dass die körperlichen Voraussetzungen nichts damit zu tun haben wie die Leistungen an der Dartscheibe sind.« Und plötzlich, auch das ist ein Nebeneffekt, macht sogar Kopfrechnen Spaß. Wieso das? Weil Schüler, die Dart spielen, gar nicht drum herum kommen, mit Zahlen zu jonglieren. »Das Mathematische geschieht ganz nebenbei«, so Könike. »Die Spiele erfordern, dass man Punkte addieren, subtrahieren und multiplizieren muss. Ich staune, wie schnell sich die Fähigkeiten beim Kopfrechnen verbessern. Plötzlich geht das ruckzuck.« Benni bestätigt: »Das merke ich auch bei mir.«

Natürlich kann man, wenn man Vorreiter ist, nirgendwo abschauen. Insofern hat Katharina Könike sich bei der Zusammenstellung des Lehrplans von Kurt Wieser beraten lassen. »Der Lehrinhalt ist unter anderem der Schwierigkeitsgrad der Spiele«, erklärt die Studienrätin. Und Spiele gibt es viele an der Zahl: Rund 140, die vor allem von Wieser selbst entwickelt wurden. »Aus vielen Spielen kann man Dartspiele entwickeln, zum Beispiel aus ›Schiffe versenken‹ und ›Mensch ärgere dich nicht‹, sagt er. »Kommt mir ein Spiel unter die Finger, überlege ich gleich, wie man ein Dartspiel draus machen könnte.« Den Schülern gefällt´das. »Toll, dass es so viele Möglichkeiten gibt, Dart zu spielen«, freut sich die zwölfjährige Alice. »Ich will im nächsten Schuljahr auf jeden Fall wieder dabei sein«, kündigt Max an. Und die Chancen auf einen neuen Kurs stehen gut, denn die Nachfrage ist laut Könike groß.

Man kennt Dart in der Regel natürlich anders. Nicht im Klassenzimmer unter Neonröhrenbeleuchtung, sondern als Kneipensport zwischen Bier und derben Sprüchen. Doch genau aus dieser Ecke will Wieser das Dartspiel herausholen, und das seit Jahren schon. »Viele verkennen, welche Qualitäten im Dart stecken«, so der engagierte Experte. Es dürfe sich also ruhig rumsprechen, was Dart leiste. Er wolle im Raum München eine möglichst große und bunte Dartlandschaft fördern. »Unser Verein ist ständig offen für Interessierte und neue Dartprojekte.« Weitere Infos für Dartsport-Interessierte gibt es bei Kurt Wieser unter kurt.dart@web.de und unter Tel. 71 61 57. Sylvie-Sophie Schindler

Artikel vom 06.12.2011
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