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Massenkarambolage - wer zahlt?

Stephan L., Dachau, fragt: Immer wieder hört man von Massenkarambolagen auf der Autobahn. Wer zahlt in diesem Fall eigentlich für wen?

Von einem Massenunfall wird erst gesprochen, wenn mindestens 50 Fahrzeuge in eine Karambolage verwickelt sind, der Unfallort zusammenhängend ist und sich der Unfall nicht in mehrere Fahrzeugpulks mit wenigen Beteiligten aufteilen lässt. Oftmals ergeben sich bei solchen Unfällen Beweisprobleme für den Geschädigten. Zum einen, weil viele Rettungskräfte veranlassen, dass noch fahrfähige Fahrzeuge zur Seite geschafft werden. Zum anderen werden Fahrzeuge von der Unfallstelle entfernt, um verletzte Personen versorgen zu können. Die Spurensicherung findet nicht oder erst zu einem Zeitpunkt statt, bei dem sich die Situation bereits anders als direkt nach dem Unfall darstellt.

Bei unklarer, schwer aufklärbarer Unfallsituation gibt es deshalb von Seiten der Versicherungswirtschaft eine Möglichkeit zur unbürokratischen Schadenabwicklung. So entscheidet die Lenkungskommission des Gesamtverbands der deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) bei Unfällen mit mindestens 50 Fahrzeugen auf Grund der Unfallschilderung der Polizei, ob eine gemeinsame Regulierungsaktion eingeleitet wird oder nicht. Lässt sich das Unfallgeschehen nicht oder nur äußerst schwer rekonstruieren und ist die Aufteilung der beteiligten Fahrzeuge in einzelne Unfälle nicht möglich, kann dieses Verfahren schon ab einer Beteiligung von 20 Fahrzeugen angewendet werden. Die Lenkungskommission beauftragt einzelne Kfz-Haftpflichtversicherer mit der zentralen Regulierung der Personen- und Sachschäden. Die einzelnen Beteiligten werden angeschrieben und bekommen Ansprechpartner zur Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen benannt. In der Regel übernimmt der regulierende Versicherer in diesem vereinfachten Verfahren bei einem Heckschaden 100 Prozent. Liegt ein Frontschaden, aber kein Heckschaden vor, wird dieser zu 25 Prozent ausgeglichen. Bei Schäden an Heck und Front werden 2/3 ausgeglichen.

Der Vorteil dieser Regulierung liegt zum einen darin, dass die Beweisprobleme für den geschädigten Halter und Fahrer entfallen. Zum anderen erfolgt keine Rückstufung im Schadenfreiheitsrabatt in der Kfz-Haftpflichtversicherung. Ist der Geschädigte mit der vorgenommenen Regulierung nicht einverstanden, weil er sein Auto zum Beispiel zum Stehen gebracht hatte, muss er dies beweisen und gegebenenfalls gerichtlich gegen den tatsächlichen Schädiger und dessen Kfz-Haftpflichtversicherung vorgehen.

Artikel vom 23.11.2011
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