Eule-Orgel in Markt Schwaben wird eingeweiht

Markt Schwaben · Alle Register gezogen

Orgelbaumeister Dirk Pfeifer, hier beim Löten einer Prospektpfeife, war mit seinen Kollegen einen ganzen Monat lang in der Philippuskirche beschäftigt.	Foto: Privat

Orgelbaumeister Dirk Pfeifer, hier beim Löten einer Prospektpfeife, war mit seinen Kollegen einen ganzen Monat lang in der Philippuskirche beschäftigt. Foto: Privat

Markt Schwaben · Am Sonntag, 6. November, weiht Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler im Rahmen eines Festgottesdienstes ab 10 Uhr die neue Orgel der Philippuskirche in Markt Schwaben ein.

Die Kirche besaß zwar seit 1965 eine Walcker-Orgel, doch trotz Erweiterung und Generalsanierung im Laufe der Jahrzehnte füllte ihr Klang nicht den Kirchenraum. Außerdem spielte die Technik dem Organisten so manchen Streich und sorgte für schräge Töne, beispielsweise bei Arnold Jung­nitsch aus Forstinning, der in der Festschrift zum Gottesdienst erzählt: „Einmal hat ein kleiner Täufling bei jedem Einsatz der Orgel angefangen zu schreien und mochte sich nicht mehr beruhigen“.

2005 beschloss dann der Kirchenvorstand der evangelischen Pfarrei: „Eine neue Orgel muss her!“ Ein Orgelausschuss wurde gegründet, der in den letzten fünf Jahren über 30 Mal tagte. „Er bereitete den Ideenwettbewerb vor und sprach mit Orgelbauern, beriet sich mit dem Orgelsachverständigen Markus Bunge und brachte die Entscheidung für die Bauart und Werkstatt voran, gestaltete den Werbeprospekt und die Informationsbroschüre und befasste sich schließlich mit der Gestaltung des Festtages und der Festschrift“, sagt anerkennend Pfarrer Karl-Heinz Fuchs. 150.000 Euro hatte man als Preisgrenze gesetzt – im Vergleich wenig für ein solches Instrument. „Daher mussten wir uns auf wenige Register, das heißt Klangfarben, beschränken. Da war der Gedanke an Wechselschleifen schnell da“, erzählt Kantorin Christiane Iwainski. Durch diese spezielle Bauweise können die fehlenden Register kompensiert werden und die Klangvielfalt bleibt erhalten. Dies erfordert jedoch hervorragende Schreinerarbeit. Schließlich entschied man sich nach Einholung mehrerer Angebote im Februar 2009 für das renommierte Unternehmen „Eule“ in Bautzen.

Im April 2010 genehmigte der Landeskirchenrat das Projekt, im September 2010 konnte endlich der Vertrag mit der Firma unterschrieben werden. Im Juni 2011 führte die ökumenische Reise der Kirchengemeinde nach Bautzen und die Teilnehmer hatten die Gelegenheit, sich genauestens über den Orgelbau zu informieren. „Ich habe viel gelernt und fand es sehr spannend, was aus Holzbalken und Zinnbarren entstehen kann“, sagt Pfarrer Fuchs. In den letzten Wochen ging er immer wieder in die Kirche, um beim Einbau und dem Intonieren der Orgel zuzuschauen. Gut vier Wochen dauerte es, bis alles fertig war. „Es sind insgesamt 716 Pfeifen – die längste davon misst 2,40 Meter –, die nacheinander eingebaut und intoniert werden mussten“, erzählt Fuchs. Die Orgelbauer aus Bautzen brachten Decken mit und legten sie auf die Kirchenbänke, um damit annähernd reale Bedingungen eines mit Besuchern gefüllten Kirchenraumes zu schaffen, der die Töne schluckt. „Interessant finde ich auch, dass man anhand des Klangs erkennen kann, dass es eine Eule-Orgel ist“, so Fuchs.

Um das Geld für die Orgel aufzubringen, ließ sich die Kirchengemeinde einiges einfallen: Sie erstellte ein „Orgel-Backbuch“, von dem immer noch einige wenige Exemplare zum Preis von 11,50 Euro im Pfarrbüro erhältlich sind. Beim Gemeindefest 2009 warben Gemeindemitglieder in T-Shirts mit der Aufschrift „Wir ziehen alle Register“ für die neue Orgel und um Spenden. Über 160.000 Euro kamen auf diese Weise zusammen. Trotzdem fehlen zur Deckung der Gesamtkosten noch etwa 15.000 Euro, denn die Empore, die für die neue Orgel gebaut werden musste, kostet zusätzlich rund 19.000 Euro. Auch würde die Kirchengemeinde gerne noch ein Oboe-8-Fuß-Register in der neuen Orgel einbauen, das weitere 11.000 Euro kosten würde. Wer helfen möchte, kann beispielsweise eine „Patenschaft“ für bestimmte Pfeifen und Register übernehmen. Die alte Walcker-Orgel konnte die Philippuskirche mittlerweile verkaufen. Sie erklingt nun nach einer Generalsanierung in der Kirchengemeinde in Rech im Ahrtal. Berichte von weinenden Täuflingen gab es bisher nicht. Sybille Föll

Programm am Sonntag, 6. November: Um 10 Uhr findet der Festgottesdienst mit Orgelweihe statt, anschließend wird sie gespielt von Kirchenmusikdirektor Ulrich Knörr und der Kirchenmusikerin Christiane Iwainski. Für die weitere festliche Musik sorgt der Posaunenchor unter Leitung von Reinhard Göster. Vor dem Pfarrhaus wird ein Zelt aufgebaut, in das der Gottesdienst übertragen wird, weil wahrscheinlich die Kirche nicht genügend Platz bietet. Um 11.45 Uhr gibt es einen Imbiss im Gemeindesaal, bevor um 13.00 Uhr eine Orgelvorführung durch Jirí Kocourek, Organist und Geschäftsführer der Werkstatt Eule geboten wird. Das erste Konzert auf der neuen Eule-Orgel findet am Samstag, 19. November, um 17 Uhr statt. Die Kirchenmusikerin Regina Doll-Veihelmann aus Erding spielt Werke von Bach, Mendelssohn, Böllmann und Mozart.

Artikel vom 03.11.2011
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