Vergessene Dichterin?

Vergessene Dichterin?

Bogenhausen · Die Monacensia widmet vom 17. Mai bis 26. Oktober der Schriftstellerin und Künstlerin Ruth Schaumann (1899–1975) eine Ausstellung zu Leben und Werk.

Gezeigt werden OriginalHandschriften, Fotografien, Briefe und literarische Aufzeichnungen aus dem Nachlass Ruth Schaumanns, den die Erben der Monacensia vor einem Jahr übergeben haben.

Die vom Literaturwissenschaftler Thomas Betz konzipierte Ausstellung zeigt Ruth Schaumann zum einen als eine der produktivsten und zu Lebzeiten populärsten deutschen Autorinnen des 20. Jahrhunderts, die als erste Frau (1931/32) mit dem Literaturpreis der Landeshauptstadt München geehrt wurde. Zum anderen wird sie als Schöpferin eines weitreichenden bildnerischen Werkes der Öffentlichkeit bekannt gemacht.

Ruth Schaumann, die als Schulmädchen durch eine schwere Scharlacherkrankung innerhalb von drei Tagen das Gehör verlor, begegnet der Welt mit ihrem sensiblen inneren Gehör, das es ihr ermöglicht, das Erlebte ins Innere zu verlagern und, durch die Schaffenskraft umgeformt, der Außenwelt wieder zurückzugeben. Es wird von ihr gesagt, dass sich in ihren Versen „die Formenstrenge Georges, der Melodienreichtum Rilkes, die Musikalität Brentanos mit der weichen Versponnenheit des Volksliedes“ vereinigen.

Geburt und Tod, Freude und Trauer, Werden und Vergehen, das sind die großen Themen, die Ruth Schaumann in ihrem Werk reflektiert. Die 1899 in Hamburg geborene Offizierstochter kam 1918 nach München, um an der Kunstgewerbeschule Richard Riemerschmidts zu studieren.

Der Bildhauerei folgen Graphik, Porzellan-, Glasmalerei, Öl- und Temperamalerei. Die angehende Künstlerin wird beizeiten populär, neben Anfragen für Zeitungen, Farbblätter, Schnitte und Plastiken erhält sie bedeutende kirchliche Aufträge. Bald gilt sie als Erneuerin religiöser und kirchlicher Kunst. Ihr Name wird in einem Atemzug genannt mit Ernst Barlach, Käthe Kollwitz und Paula Modersohn-Becker.

1924 heiratet sie den Romantikforscher und „Hochland“-Redakteur Dr. Friedrich Fuchs, der die junge Künstlerin Ruth Schaumann protegiert und in aller Munde bringt. Der Ehe entstammen fünf Kinder, die Anlass geben für zahlreiche Liebes-, Wiegen- und Kinderlieder.

Als Fuchs 1936 als Redakteur beim Hochland vor die Tür gesetzt wird, bringt Ruth Schaumann die Familie alleine durch. Auch diese Hürde meistert sie mit ihrer scheinbar unerschöpflichen Energie. Dabei vernachlässigte sie nie das Schreiben, mit dem sie schon im Kindesalter begann Sie erweist sich als wahres Multitalent mit unendlichem Tatendrang. Mehr als 90 Bücher, darunter Märchen, Novellen, Romane und vor allem Gedichte umfasst das Gesamtwerk. Ihre zarte und innige Lyrik von großer Musikalität ist in fast allen Anthologien der jungen Dichtung vertreten.

Heute gilt die 1975 in München verstorbene Künstlerin als beinahe vergessen.

Artikel vom 09.05.2001
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