Hoamat Bayern: Die Kolumne von Markus Wasmeier

München · Die goldene Jahreszeit

Wohl zu keiner anderen Jahreszeit ist das Licht und das Farbenspiel der Natur so beeindruckend und faszinierend wie jetzt im Herbst. Foto: Museum

Wohl zu keiner anderen Jahreszeit ist das Licht und das Farbenspiel der Natur so beeindruckend und faszinierend wie jetzt im Herbst. Foto: Museum

In der Früh hängt der Nebel über dem Boden, die Sonne kämpft sich durch, sie kann auch noch richtig wärmen und ihr tiefer Stand taucht die Landschaft in ein wunderbares goldenes Licht. Die Natur ist bunter als in jeder anderen Jahreszeit. Kinder lassen Drachen steigen und basteln aus Kastanien kleine Igel. Man kann den Winter schon ein bisserl riechen, während man den Sommer noch spürt. Es ist Herbst. Da gibt es ein sehr schönes Gedicht von Christian Morgenstern:

Hoamat Bayern – Die Kolumne von Markus Wasmeier

Dies ist des Herbstes leidvoll süße Klarheit, die dich befreit, zugleich sie dich bedrängt; wenn das kristallne Gewand der Wahrheit sein kühler Geist um Wald und Berge hängt.

Ich mag eigentlich jede Jahreszeit gern, aber den Herbst irgendwie besonders. Man lässt das Jahr schon fast Revue passieren, erledigt „Jahresend-Arbeiten“ und bereitet sich langsam auf das kommende vor. Das machen Sie und ich sowohl privat, als auch beruflich. Auch die Bauern und Landwirte bereiten sich auf das nahende Jahresende vor. Ich möchte Ihnen heute ein bisschen vom Herbst der Bergbauern erzählen, wie er vor gut 50 Jahren in weiten Teilen noch stattfand. Für diese Bauern stand im Herbst noch richtig harte Arbeit an. Flachs wurde in Handarbeit zu wärmender Kleidung verarbeitet. Dafür ist der Flachs gebrechelt worden. Das heißt, es wurde so lange auf Garben eingeschlagen, bis sich die feinen Fasern vom Stengel gelöst haben. Das war eine sehr staubige, aber auch lustige Arbeit, die vor allem von den Bäuerinnen durchgeführt wurde. Nach dem Brecheln wurde der Flachs gehechelt, das war das Kämmen. Aus dem Werg, dem Abfall, wurden Säcke und Bettbezüge gemacht – damals gab es sicherlich noch keinen „Kuschelfaktor“, weil es unwahrscheinlich kratzig war. Aus dem feinsten Haar wurden Leinenhemden gemacht. Wenn ein Sommer sehr feucht war, dann brauchte das Getreide noch eine Zeit zum Nachreifen und konnte erst im Herbst gedroschen werden. Und obwohl das Dreschen sehr hart und anstrengend war, gab es ein paar nette Bräuche: Wer zum Beispiel beim Dreschen aus dem Rhythmus gekommen ist, dessen Korn war angeblich an die Mäuse verloren, wahlweise bekam er gleich die Pest. Der Älteste hatte immer das Kommando übernommen und wenn er seinen Flegel hochhielt, dann war Schluss. Sollte einer der Bauern doch noch einmal versehentlich drauf geschlagen haben, dann wurde derjenige mit Ruß angeschmiert und musste einen ganzen Tag lang so im Dorf rumlaufen. Es war auch Zeit den Winterweizen zu säen.

Das waren alles Arbeiten die den Bauern selbst dienlich waren, da war noch kein Geld verdient. Das mussten die Bauern mit Holz und Viehwirtschaft verdienen. Es wurden trotzdem keine größeren Flächen gerodet, sondern mit Verstand und Bedacht ausgeholzt. Die Bauern wussten, dass sie den Wald brauchen. Zum Beispiel als Schutz gegen Muren und Lawinen. Das Bewusstsein der Bauern, wie wichtig die Natur für sie ist, ging sogar so weit, dass wenn ein übereifriger Bauer unerlaubt einen Baum aus einem Wald geschlagen hat, er des Tales verwiesen wurde.

Wenn Sie jetzt die klarsten Tage des Jahres spüren, das prächtige Farbenspiel anschaun und die frische Herbstluft einschnaufen wollen, dann kommen S’ in mein Museum. Setzen Sie sich auf ein Bankerl vor den Wofen und tanken S’ noch einmal die letzten Sonnenstrahlen vom Herbst!

Ich freu mich auf Sie!

Ihr Markus Wasmeier

Artikel vom 14.10.2011
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