Gutachten führt zu hitzigen Debatten in Hallbergmoos

Hallbergmoos · Endgültiges Aus für Windkraft?

as Beckermoos im Süden von Hallbergmoos grenzt direkt an den Landkreis München mit dem Gebiet von Ismaning. Die wollen Windanlagen bauen – zwar auf ihrem Gebiet, doch das ist nur ein paar Meter weiter als der Hallbergmooser Standort. Foto: bb/frugola

as Beckermoos im Süden von Hallbergmoos grenzt direkt an den Landkreis München mit dem Gebiet von Ismaning. Die wollen Windanlagen bauen – zwar auf ihrem Gebiet, doch das ist nur ein paar Meter weiter als der Hallbergmooser Standort. Foto: bb/frugola

Hallbergmoos · Das war es dann wohl für die Windkraft in Hallbergmoos! Susanne Strauß vom Büro Guttenberger, das vier Monate Windmessungen am geplanten Standort der Windanlage im Beckermoos durchgeführt hatte, stellte die Ergebnisse vor.

Demnach liege Hallbergmoos gerade noch so in dem Bereich, wo sich eine Anlage rentieren könnte – bayernweit liegt man aber nur im „unteren Level“. Die anschließende, äußerst emotional geführte Diskussion, gipfelte in den Aussagen von Gemeinderat Heinrich Lemer (FW), dass es „bitter und schwach für den Gemeinderat und die Bürger ist, wenn Gemeinderäte so schlecht vorbereitet in die Sitzungen kommen mit hanebüchenen Zahlen“ sowie von Parteikollege Karl-Heinz Zenker, „und wenn sie dann noch ohne Basis einfach mal so daherreden!“. Die anschließende, von Bürgermeister Stallmeister erzwungene Abstimmung, ergab dann ein Patt von 9:9 – somit wird weder der bisher favorisierte Standort weiter verfolgt, noch werden weitere, alternative Standorte gesucht. Und auch dem Antrag der Gemeinde Neufahrn nach einer engen Zusammenarbeit, zur Suche von gemeinsamen Standorten für zehn Windkraftanlagen, wurde eine Abfuhr erteilt. Dafür soll die Gemeinde aber jetzt ein Kommunalunternehmen gründen und sich mit diesem an anderen alternativen Energieerzeugungen beteiligen.

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Schon seit über einem Jahr wird im Gemeinderat Hallbergmoos immer wieder intensiv und hitzig über das Thema Windkraft diskutiert. Den Befürworter von Freien Wählern, dem Grünen Robert Wäger und dem CSU-Mann Sebastian Hausler stehen ebenso engagierte Gegner aus den Fraktionen SPD, Einigkeit und der restlichen CSU-Fraktion gegenüber. Sämtliche Argumente beider Seiten wurden zig Mal ausgetauscht – zu einem Ergebnis führte keine Diskussion mehr. Also sollte ein Gutachten wenigstens Auskunft darüber geben, ob Hallbergmoos prinzipiell dafür geeignet wäre.

„Wir haben im Gebiet Beckermoos in der Nähe des Wasserhauses mit einem Sodar-Verfahren gemessen. Dieses ‚sonic detection and ranging‘-System beruht darauf, dass wir alle zehn Sekunden einen Schallimpuls senkrecht nach oben geschickt haben und dann wurde die Reflektion und dessen Abweichung durch den Wind gemessen. Dabei ergab sich, dass der früher so wichtige 60 Prozent-Wert, der erreicht werden musste, damit eine Windkraftanlage öffentliche Fördergelder erhielt, in Hallbergmoos knapp nicht erreicht wird. Der Wind nimmt zwar mit der Höhe linear zu und bläst überwiegend aus Südwest in Richtung Nordost. Wir können die Windmenge und –stärke zurück rechnen bis zum Jahr 2003 und daraus ergibt sich eben, dass etwa die Anlagen in Sünzhausen bei Pfaffenhofen oder Oberappersdorf bei Zolling besser mit Wind versorgt werden“, führte Strauß aus. Aus ihrer Sicht ergäbe eine 3 Megawatt-Anlage mit einer Nabenhöhe von 135 Metern (bei einem Rotordurchmesser von 90 Metern wäre die gesamte Höhe 180 Meter) eine Strommenge von rund 5600 Megawattstunden (MWh) im Jahr, eine Anlage, die 149 Meter in der Nabe hoch ist rund 6050 MWh jährlich. „Ob sich das lohnt oder wirtschaftlich ist, müssen andere feststellen, das hängt davon ab, wie teuer die Erschließungskosten für Straßen, Grunderwerb oder die Stromtrassen sind.“

Stimmung mit falschen Zahlen

Gemeinderat Konrad Friedrich (SPD) meinte, dass das Gutachten nicht erbracht hätte, was sich viele erhofft hatten, nämlich eine eindeutige Wirtschaftlichkeit. „Wir von der SPD schlagen daher vor, nichts bei uns zu bauen, sondern uns an rentablen Anlagen zu beteiligen!“ Dr. Marcus Mey (CSU) sagte, „nun haben wir wieder 40.000 Euro für ein Gutachten ausgegeben, dabei wussten wir das doch schon vorher, dass es ein bisschen Wind gibt, aber eben nicht genug. Wir von der CSU schließen uns dem SPD-Antrag an, uns in der Region an wirtschaftlichen Anlagen zu beteiligen!“ Bürgermeister Stallmeister erwiderte energisch, dass er es irgendwann leid sei, dass man immer wieder mit falschen Zahlen Stimmung mache. „Das Gutachten kostet maximal 15.000 Euro, eher weniger!“ Zudem, so der Bürgermeister, wollte die Gemeinde nie selbst bauen, nur die prinzipiellen Grundlagen dafür schaffen. „Bereits jetzt kann jeder Investor bei uns ein Windrad bauen, da können wir gar nichts dagegen machen. Ebenso, wenn etwa Ismaning an seinen nördlichen Ortsrand drei Räder stellt, die stehen dann da, wo auch wir hin wollten – nur gehört uns dann nichts und wir verdienen am Strom auch nicht!“

Auch Klaus Gaßner (Einigkeit) bekräftigte für seine Fraktion das Nein zu einer Windanlage in Hallbergmoos und stattdessen eine Beteiligung „da, wo es sich lohnt!“ Umweltreferent Dr. Georg Schu stellte klar, dass der gemessene Wert kein „schlechter Wert ist! Wir können mit einem Windrad 5,6 MWh Strom erzeugen, bei zwei Windrädern wären wir gemeinsam mit der Photovoltaik stromautark. Außerdem erwirtschaftet so eine Anlage auch schöne Gewerbesteuern im Jahr, das sollten wir nicht vergessen! Warum sollen wir Strom zukaufen, wenn wir ihn selbst erzeugen könnten?“

Stefan Kronner widersprach und machte eine eigene Rechnung auf. „Drei Anlagen sind notwendig, die würden rund 12 Millionen Euro kosten – wie soll diese Summe von den 5.000 erwachsenen Bürgern in Hallbergmoos aufgebracht werden, wenn jetzt schon nur wenige Photovoltaik-Anlagen gekauft haben? Das ist unrealistisch, dass so etwas als Bürgerprojekt funktioniert, daher lehnen wir das ab!“ Daraufhin explodierten die drei Freien Wähler Cole, Lemer und Schu förmlich gemeinsam: „So ein Quatsch, die Bürger müssten höchstens 25 Prozent, also 3 Millionen aufbringen, der Rest würde über Fördergelder gedeckt! Außerdem sind wir 7.500 Erwachsene!“, waren die erregten Einwürfe. Dies rief die Gegenfraktion aufs Parkett: „Schlechter Standort! Der letzte freie Ausblick wird zugebaut! Diese Fläche wird für Generationen verbaut und ein Schandfleck sein“, entgegnete Alois Hettenkofer. Als der Ton dann immer noch schärfer und lauter wurde, unterband Stallmeister jede weitere Äußerung und ließ abstimmen. Das 9:9-Ergebnis beendet wohl die Idee Windkraft in Hallbergmoos. bb

Artikel vom 07.10.2011
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