Sanierungsarbeiten am Gymnasium sind ins Stocken geraten

Ottobrunn · Ärger ohne Ende

Bürgermeister Thomas Loderer ist entsetzt, die Sanierungsarbeiten wurden trotz Kontrolle nicht fachgerecht durchgeführt.	Foto: Woschée

Bürgermeister Thomas Loderer ist entsetzt, die Sanierungsarbeiten wurden trotz Kontrolle nicht fachgerecht durchgeführt. Foto: Woschée

Ottobrunn · Es hätte alles so schön sein können. Bürgermeister Thomas Loderer seufzt, wenn es um den Anbau des Ottobrunner Gymnasiums geht. Zum Schuljahresbeginn 2010/2011 wurde der großzügige Anbau in Betrieb ­genommen, im März 2011 ­feierlich eingeweiht.

Eine Schulraumgestaltung mit Vorbildcharakter habe der Zweckverband dort geschaffen, so der Rathauschef und Verbandsvorsitzende nicht ohne Stolz. Kaum sieben Monate später, wenige Tage nach der Einweihung im März 2011, musste der komplette Trakt geschlossen werden, denn Messungen hatten eine erhebliche Belastung mit Styrol ergeben. Styrol, das zur Herstellung von Kunststoffen verwendet wird, steht im Verdacht krebserregend zu sein. Außerdem reizt es die Atemwege, Haut, Augen und Schleimhäute.  Auch rund sechs Wochen nach dem Beginn der Sanierungsarbeiten im gesperrten Trakt sei ein Ende nicht abzusehen. Im Innern sei der Aufstockungsbau in einem äußerst schlechten Zustand, so Bürgermeister Loderer. Die von der zuständigen Versicherung beauftragten Fachfirmen haben nach ­seiner Einschätzung und der des Sachverständigen des Schulzweckverbands so ziemlich alle Regeln der Technik, die für eine Schadstoffsanierung gelten, missachtet.

Näheres dazu, auch wie die Arbeiten weitergehen werden, könne man erst im Lauf der Woche sagen, da werde es eine ernste Aussprache mit den Verantwortlichen geben, teilte Loderer auf Anfrage des Südost-Kuriers mit. Nur so viel wollte der Rathauschef sagen: »Als ich die Räumlichkeiten besichtigt habe, war ich schockiert«. 

Ein deutliches Zeichen für die mangelhafte Arbeit der Firmen war beispielsweise die alarmierende Tatsache, dass auch die bislang komplett unbelasteten Räumlichkeiten im ersten Obergeschoss Werte über der zulässigen Höchstgrenze von 30 Mikrogramm/m³ aufwiesen. So wurden in einem Raum 33 (µg)/m³ und einem anderen Klassenzimmer 42 µg/m³ Raumluft gemessen. Der Zweckverband reagierte prompt und beauftragte selbst eine Spezialfirma mit der Feinreinigung der betroffenen Räumlichkeiten. Zumindest hier ist Aufatmen angesagt, denn die gemessenen Werte liegen nun wieder deutlich unter dem Richtwert. »Im Klassenzimmer O67/1.OG wurden 11 µg/m³ und im Klassenzimmer O65/1.OG 19 µg/m³ Styrol in der Messung festgestellt«, heißt es im abschließenden Schreiben. »Von unserer Seite aus können die Räumlichkeiten im Anbau, die sich im Keller, im Erd- und im ersten Obergeschoss befinden, wieder genutzt werden«, erklärt Loderer. Allerdings mit der Einschränkung, dass die Treppenhäuser weiterhin gesperrt und abgeklebt bleiben müssen, da diese ebenfalls noch stark verunreinigt sind. Ein Zugang zu den freigegebenen Räumen ist aber über den Mittelbau der Schule möglich, so der Verbandsvorsitzende. 

Allerdings respektiert der Zweckverband die Entscheidung der Schulleitung, den Trakt derzeit noch komplett zu sperren. Die stellvertretende Schulleiterin Beate Promberger erläuterte dazu: »Wir wollen die Entwicklungen der nächsten Woche noch abwarten. In enger Zusammenarbeit mit dem Elternbeirat werden wir das weitere Vorgehen beschließen«, verdeutlicht Promberger das Vorgehen der Schulleitung.  Die Schüler werden derzeit in Kellerräumlichkeiten ausquartiert, oder Räume wie der Schulaufgabenraum werden kurzerhand umfunktioniert.

Durch den klaren Schnitt zwischen dem neuen Trakt und dem alten Schulgebäude lasse sich besser gewährleisten, dass die Schüler nicht doch irgendwie in die abgesperrten Räumlichkeiten gelangten. Einen genauen Zeitplan, wann die Schule wieder zu einem normalen Betrieb übergehen könne, gebe es noch nicht, stellte Promberger klar.

Besorgte Eltern hatten sich im Lauf der zurückliegenden Monate bei dem Schulzweckverband immer wieder beklagt, dass ihrer Meinung nach zu spät reagiert worden sei. Loderer weist jedoch darauf hin, dass erst Ende Januar Beschwerden beim Zweckverband eingegangen seien. Gleich zu Schuljahresbeginn sei zwar Schülern wie Lehrern ein starker Geruch in den neuen Räumlichkeiten aufgefallen, doch sei man wohl zunächst davon ausgegangen, dass der Geruch harmlos sei und sich mit der Zeit verflüchtigen werde. Erst als mehrere Schüler der Oberstufe über starke Übelkeit und weitere über Asthmaanfälle klagten, und dies der Schulleitung gemeldet hätten, sei der Zweckverband eingeschaltet worden. Dieser habe sofort die Untersuchungen vor Ort aufgenommen und sich dabei zunächst auf den Parkettboden konzentriert. Nachdem diese ohne Ergebnis geblieben seien, habe man systematisch Raumluftmessungen vorgenommen, erläutert Loderer. Nachdem diese Werte vorlagen, wurde der obere Trakt sofort komplett gesperrt.  Die Versicherung des zuständigen Architekten habe zunächst vorbildlich reagiert, informiert Thomas Loderer. 

Weitere Messungen wurden vorgenommen und Firmen mit der kompletten Sanierung beauftragt. Leider habe es schon vor dem Beginn der eigentlichen Arbeiten mit einer Abbruchfirma Probleme gegeben, so Loderer. Entgegen deutlicher Absprachen hätte diese bereits Mitte Juli mit leichten Abbrucharbeiten begonnen – noch vor der Einrichtung einer den Aufstockungsbau hermetisch abschließenden Sicherheitsschleuse. Vereinbart war ein Beginn vorbereitender Arbeiten erst nach deren Einrichtung. Und mit den eigentlichen Abbrucharbeiten sollte erst nach Ferienbeginn begonnen werden. Die Firma sei daraufhin sofort abgemahnt worden, weiß Bürgermeister Thomas Loderer zu berichten. Der Zweckverband habe die Baustelle von Anfang regelmäßig und intensiv kontrolliert und bei der Bauleitung immer wieder und mit wenig Erfolg mehr Sensibiltät im Umgang mit den Ängsten der Eltern, Schüler und Lehrer angemahnt. Gravierende Verstöße gegen Vorschriften hätte man jedoch nicht beweisen können. »Bei den zuletzt durchgeführten Abfräs- und Reinigungsarbeiten wurden jedoch ganz klar fachliche Standards verletzt«, so Loderer.

Die Folge: »Selbst nach einer so genannten Reinigung lagen die Styrol-Werte im Aufstockungsbau immer noch zwischen 400 und 600 µg/m³, empört sich der Vorsitzende des Zweckverbands. Die Hoffnung, dass man nach den Herbstferien das komplette Schulgebäude wieder nutzen kann, sei bei ihm weitgehend geschwunden. Heike Woschée

Artikel vom 20.09.2011
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