Steinhörings Jakkolofreunde: Die Einzigen in Bayern

Ebersberg/Steinhöring · Spieler ohne Gegner

Jugendwartin Dana Guggenberger (l.) und Juniormeisterin Manuela Müller spielen sich schon mal für das Gaudi-Turnier ein. 	Foto: sf

Jugendwartin Dana Guggenberger (l.) und Juniormeisterin Manuela Müller spielen sich schon mal für das Gaudi-Turnier ein. Foto: sf

Ebersberg/Steinhöring · Ein Spiel macht nur Spaß, wenn man einen Gegner hat. Der ist jedoch für die Jakkolo-Spielgemeinschaft Steinhöring weit und breit nicht in Sicht. Die 34 Mitglieder sind die Einzigen in Bayern, die dieses aus den Niederlanden stammende Freizeitvergnügen betreiben.

Im Sportheim in Steinhöring trifft sich die Jakkolo-Spielgemeinschaft, die sich 2009 gründete, jeden Donnerstag ab 16 Uhr, um sich an die langen Holzbretter zu setzen – im Sommer nicht ganz so oft, im Winter dafür umso öfter. Ab und zu werden vereinsinterne Turniere veranstaltet – was bleibt auch anderes übrig, wenn sonstige Gegner fehlen. Vor lauter Verzweiflung versucht der Verein auf seiner Homepage welche zu finden mit dem Lockangebot: „Wer sich traut, gegen uns zu spielen, bekommt eine Brotzeit“. Steinhörings Jakkolo-Pressewart Karl Auberger hat aber jetzt den Bayerischen Landesverband gegründet, im Jahr 2014 werden in Steinhöring die ersten bayerischen Länderspiele stattfinden. „Dann kommen die Holländer zu uns!“, erklärt Erich Müller, Vorsitzender des Vereins, stolz und voller Vorfreude.

Er brachte das Spiel nach einem Besuch in den Niederlanden mit nach Bayern und ist seitdem fast besessen davon. Auch seine Frau und die beiden Töchter Manuela und Michaela sind immer mit von der Partie. Manuela ist sogar vereins­interne Juniormeisterin 2010. Und es fuchst Müller, dass die Holländer so verdammt gut sind. „Die schaffen locker die maximal möglichen 140 Punkte und setzen sogar noch einen drauf: Da sind nämlich noch zwei Scheiben übrig, die lochen sie auch noch ein und haben dann 148 Punkte!“ Die beiden Vereins-Mitglieder Karl Auberger und Christian Kallweit wollten es wissen und nahmen im Mai sogar an der Jakkolo-Weltmeisterschaft teil, die im Niedersächsischen Ort Hude stattfand. Auberger kam auf den 100., Kallweit auf den 99. Platz. ­­Immerhin hatte sich in diesem Jahr zum ersten Mal ein Deutscher für das Finale qualifiziert, der jedoch wieder einem Holländer unterlag.

Bei Jakkolo müssen auf einem zwei Meter langen und 40 Zentimeter breiten Holzbrett 30 runde Holzscheiben in die vier Boxen am Ende gebracht werden, die eine Wertung von einem, zwei, drei und vier Punkten haben. Die Eingänge zu den Boxen sind gerade einmal so hoch und breit, dass die Scheibe hindurchpasst. Der Spieler stößt den Stein also am Anfang kräftig an, der bei Ungeübten meist knapp neben den Öffnungen gegen die Zwischenstreben prallt und irgendwo schräg vor der Öffnung liegen bleibt. Die Kunst besteht darin, die nächste Scheibe so zu werfen, dass sie die vorherige in einem bestimmten Winkel trifft, so dass diese in die Box wandert – ähnlich wie beim Billard. Vier Scheiben in allen vier Boxen ergeben zehn Punkte. Ist eine der Boxen leer geblieben, werden nur die Werte der Boxen zusammengezählt.

Das über 400 Jahre alte Spiel hat seinen Ursprung in den Niederlanden, wo es „sjoelen“ genannt wird. Lange vergessen, wurde es ab den 1920er-Jahren als Sportart wieder ins Leben gerufen. Doch erst 1968 fand wieder ein großes Turnier mit 1.200 Spielern statt. Heute existieren in den Niederlanden mehr als 100 Vereine im Verband ANS mit über 60.000 Mitgliedern. Die deutsche Bezeichnung ist eine Wortschöpfung des deutschen Geschäftsmanns Jakobus Schmidt, der die Kurzform seines Vornamens „Jakko“ mit der Endung -lo versah und das Spiel unter diesem Namen in Deutschland verbreitete. Allerdings fand es bisher nur im Norden Anhänger. In Niedersachsen, in Wüsting bei Oldenburg, wurde 1995 der Deutsche ­Jakkolo Bund (DJB) gegründet. Von Sybille Föll

Erstes Länderspiel im Jahr 1995

In dem Jahr fand auch ein erstes offizielles Länderspiel zwischen Deutschland und den Niederlanden in Wüsting statt, inzwischen gibt es Länderturniere mit Belgien und der ehemaligen holländischen Kolonie Surinam. Bis zum bayerischen Länderspiel 2014 heißt es für die Steinhöringer Jakkolospieler also noch fleißig üben und die Werbetrommel für weitere Jakkolo-Begeisterte rühren. Was Letzteres betrifft, sind die Mitglieder recht einfallsreich.

Beim ersten Jakkolo-Gaudi-Turnier im Juli beispielsweise verknüpften sie das Brettspiel mit weiteren Disziplinen wie Hufeisenwerfen, Kegeln, Torwandschießen, Büchsenwerfen und einer Jakkolo-Variante auf der Wiese mit Fußbällen. Dem Sieger winkte eine komplette Grillstation. Die Hälfte des Erlöses aus solchen Events spendet der Verein zum Beispiel der Feuerwehr oder den Schulen. „Jakkolo spielt man im Stehen oder Sitzen. Und wenn einer im Liegen spielen will, dann packen wir das Brett auch auf den Boden, wir sind da ganz offen“, sagt Müller grinsend. Hauptsache, es wird gespielt.

Artikel vom 08.09.2011
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