Beamte meiden Schwabing wegen der hohen Mieten

Schwabing · Polizisten vergrault

Polizeiobermeister Patrik Walther hat in München seinen Traumjob gefunden. Mit der Traumwohnung sieht es allerdings schwierig aus.	Foto: scy

Polizeiobermeister Patrik Walther hat in München seinen Traumjob gefunden. Mit der Traumwohnung sieht es allerdings schwierig aus. Foto: scy

Schwabing · Schon in der nächsten Sekunde könnte ein Notruf kommen. Und dann würde sich Patrik Walther mit einem Kollegen sofort in den Dienstwagen setzen und auf den Weg ­machen. Mit Blaulicht und ­Sirene. Doch noch, es ist früher Abend, ist alles ruhig auf der Polizeiinspektion 13, München-Schwabing.

»Im August ist grundsätzlich nicht so viel los wie sonst«, sagt Walther. Der Polizeiobermeister hat eben erst seinen Schichtdienst an­getreten, er hat noch die ­ganze Nacht vor sich. »Genau das mag ich ja an meinem Job. Dass man nie weiß, was als nächstes passieren wird«, sagt der 28-Jährige mit einem leicht fränkischen Akzent. »Ich bin gerne Polizist, das ist mein Traumjob.«

Traumjob gefunden, Wohnung gesucht. Denn um hier in der Landeshauptstadt in seinem Beruf arbeiten zu können, muss Patrik Walther einige Abstriche machen. »Die Mieten sind hier dreimal so hoch wie in Nürnberg, wo ich herkomme«, sagt er. Um eine schöne und einigermaßen bezahlbare Wohnung zu finden, habe er über ein halbes Jahr lang gesucht. Mit diesem Problem steht er nicht allein. Viele junge Polizeibeamte, die nach München versetzt werden, tun sich schwer, hier Wohnraum zu finden, den sie sich leisten können.

Keine Frage, München ist ein teures Pflaster. Und so schnell wird sich daran auch nichts ändern. Mieter in München müssen rund 10,12 Euro, in der Innenstadt noch deutlich mehr pro Quadratmeter zahlen, das sind 72 Prozent mehr als der bundesweite Durchschnitt, so laut aktuellem Mietspiegelindex 2010 des Marktforschungsunternehmens F+B Forschung und Beratung für Wohnen, Immobilien und Umwelt. Die Miete »frisst« deshalb den größten Teil des Einkommens, das trifft junge Familien ebenso wie Alleinstehende, Rettungssanitäter oder Busfahrer wie Pflegefachkräfte, Verkäuferinnen wie Feuerwehrleute. Und eben auch Polizisten. »Man kann natürlich auch, so wie es einige Kollegen machen, ins Umland ziehen, da ist es günstiger, aber man hat dann die ganze Fahrerei«, sagt Walther. »Das wäre nichts für mich. Wer Schicht arbeitet, wie wir, und dann noch pendelt, der kommt dann fast gar nicht mehr zum Schlafen. Da wohne ich lieber zentral, beiße in den sauren Apfel und zahle mehr.«

Patrik Walther hat sich bewusst für München entschieden, weil er hier, anders als in Nürnberg, die Garantie hat, nicht versetzt zu werden. Es gibt aber auch andere, die nicht unbedingt aus freien Stücken kommen. »Wir müssen regelmäßig auf Bewerber zurückgreifen, die eigentlich gar nicht nach München wollen. Oft leben sie in ganz anderen Ecken Bayerns und haben dort vielleicht auch schon Familie«, sagt Jürgen Ascherl, Bezirksvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) in München. Bis zu fünf Jahre können Beamte aus anderen bayerischen Regionen zum Dienst in München verpflichtet werden. Der Grund: »Allein mit Beamten aus München und dem Münchner Umland kriegen wir die freien Stellen einfach nicht voll«, so Ascherl. Rund 5.000 Beamte arbeiten derzeit im Münchner Polizeidienst. Allein gelassen werden die Polizisten auf ihrer Suche nach einer passenden Wohnung nicht.

Die DPolG schaltet beispielsweise regelmäßig Inserate in Zeitungen und Anzeigenblättern. Nicht selten mit Erfolg. »Wir haben die Erfahrung gemacht, dass Polizisten als Mieter willkommen sind«, so Ascherl. Zudem stellt das Bundesvermögensamt sehr kostengünstige Wohnungen für rund 150 Euro pro Monat. Doch die haben den Charakter von Unterkünften in Studentenwohnheimen: Winzige Zimmer, Etagenküche, -dusche und -klo. Dann gäbe es noch die Staatsbedienstetenwohnungen, doch die seien, so Walther, »nicht unbedingt die Wohnungen, die man haben will, wenn man schön wohnen will.« Und zudem, ein Schnäppchen sind sie auch nicht. Die Mieten liegen in der Regel zwischen 400 und 600 Euro – und damit im guten Durchschnitt der üblichen Mietpreise in München.

Teures Leben in München

Neben den hohen Mieten drücken auch die Lebenshaltungskosten enorm auf den Geldbeutel. Sie sind rund 30 bis 50 Prozent höher als im Rest von Bayern. Zwar bekommen auch Polizeibeamte eine Ballungsraumzulage von 75 Euro. »Doch das ist nicht mehr als der berühmte Tropfen auf dem heißen Stein«, sagt Walther. Doch beschweren wolle er sich nicht. »Ich verdiene ja nicht schlecht. Auch wenn ich im Monat letztlich weniger zur Verfügung habe als einer, der nicht in München wohnt.« Eine Wohnung nach seinem Geschmack hat Walther inzwischen gefunden, rund zwei Kilometer von seiner Dienststelle entfernt, gut 50 Quadratmeter groß. Einzige Einschränkung: er muss sich die Wohnung teilen. »Wir leben zu zweit. Alleine könnte ich die Miete einfach nicht stemmen.« ­Seinen Wechsel nach München habe er, Kosten hin, Kosten her, nie bereut. »Diese Stadt ist einfach toll«, sagt Walther. »Ich bin gerne in Schwabing unterwegs, auch wenn ich dienstfrei habe. Der Englische Garten, die Leopoldstraße – hier hat es einfach schöne Flecken.«

Sylvie-Sophie Schindler

Artikel vom 30.08.2011
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...