Investor der Senderwiese legt seine Pläne noch nicht offen

Hallbergmoos · Gemeinde verhandelt 20 Jahre umsonst

Rund um den ehemaligen Sendemast, wo jetzt noch ein kleiner Mobilfunkturm steht, plante ein Hallbergmooser Geschäftsmann einen Pferdehof. 	Foto: bb

Rund um den ehemaligen Sendemast, wo jetzt noch ein kleiner Mobilfunkturm steht, plante ein Hallbergmooser Geschäftsmann einen Pferdehof. Foto: bb

Hallbergmoos · Mit einem echten Knaller konnte Bürgermeister Klaus Stallmeister die letzte Gemeinderatssitzung eröffnen: »Die Senderwiese ist verkauft!« 20 Jahre hatte die Gemeinde mit den amerikanischen Besitzern verhandelt, war sich eigentlich sicher, den Zuschlag in den kommenden Wochen zu erhalten.

Aber noch während der Anwalt der Gemeinde das finanzielle Risiko für die Altlastentsorgung für die im Boden befindlichen über 20.000 Liter Heizöl überprüfte, teilte das Münchner Maklerbüro lapidar mit: »Die kompletten 75 Hektar der Wiese sind verkauft!« Den Zuschlag erhielt ein Investor aus dem Raum Ingolstadt, der dort offensichtlich einen Landhandel sowie eine Spedition betreibt und sehr viele Tätigkeiten für Audi und BMW übernimmt. »Den Namen des Käufers dürfen und wollen wir nicht nennen, aber wir wissen auch nicht, was der überhaupt dort vorhat«, sagte der Leiter des Hallbergmooser Rathauses, Herbert Kestler.

Der stärkste Rundfunksender der Welt im Jahr 1953

Die Wiese im Südwesten von Hallbergmoos hat ihren Namen vom ehemaligen US-Langwellensender Erching, der 1952 errichtet wurde. Der Sender nutzte als Antenne einen 256 Meter hohen Stahlmast und war zum Zeitpunkt seiner Inbetriebnahme 1953 mit einer Sendeleistung von 1000 Kilowatt (kW) der stärkste Rundfunksender der Welt. Abgestrahlt wurde hauptsächlich das Programm des Propagandasenders »Voice of America« für Osteuropa, allerdings wurde auch zeitweise das Programm des RIAS in Berlin verbreitet. Eine Besonderheit stellte die Stromversorgung der Station dar. Sie erfolgte mithilfe eigener Generatoren, daher verfügte das Stationsgebäude über große charakteristische Öltanks, die den Vorbeifahrenden dort fast eine Ölraffinerie vermuten ließen. Im Jahr 1973 wurde der Sender Erching im Zuge der Entspannungspolitik zunächst stillgelegt, allerdings 1979 reaktiviert. Dann strahlte die Bundespost tagsüber das Programm des Deutschlandfunks aus, musste wegen des neuen Münchner Flughafens aber nachts abschalten. Im Jahr 1985 wurde der Sender endgültig abgebaut. Allerdings befinden sich noch aus der amerikanischen Zeit laut einem Gutachten mindestens 20.000 Liter Heizöl als Altlast im Boden – das war jahrelang der Knackpunkt bei Verkaufsgesprächen: Wer bezahlt die Entsorgung dieser Altlasten?

Die Gemeinde bemühte sich, wie Bürgermeister Klaus Stallmeister ausführte, seit über 20 Jahren um den Erwerb des in US-amerikanischem Besitz befindlichen Geländes in Sichtweite zum S-Bahnhof. Dafür hatte man seit vielen Jahren einen Etat von 3,6 Millionen reserviert. Noch vor ein paar Wochen wurde ein Investor aus München brüsk abgelehnt, der nach eigenen Worten 400 Millionen in eine »Skateworld« mit Hotels, Event-, Kongress- und Konzertgebäude, Kletterzentrum, Wanderwege, Golfanlage, Schlittenhügel und Rollhockey-Feld investieren wollte. »Das ist für mich völlig unseriös, wir kennen keinen Investor!«, so der Bürgermeister.

Konkrete Planungen sind der Gemeinde noch nicht bekannt

Doch nun kam offensichtlich einer mit einem dickeren Geldbeutel daher, »genau in der Phase, wo wir von unserem Anwalt das Risiko für uns durch die Altlastentsorgung prüfen ließen, teilten uns die Amerikaner mit, dass das gesamte Gelände verkauft sei«, so Kestler. Die Kommune lässt zwar nun prüfen, ob sie über ein gesetzliches Vorkaufsrecht das Areal doch noch erwerben kann. Die Gemeinde wisse nicht, was der neue Besitzer konkret plane, »aber er muss es ja bei uns einreichen, dann werden wir das schon sehen!«

Aber nicht nur die Gemeinde ist überrascht und enttäuscht, ebenso eine Familie aus Hallbergmoos, die exakt auf dem Gelände des ehemaligen Senders einen Pferdehof errichten, die ehemaligen US-Gebäude als Stallungen nutzen wollte. »Wir hatten das mit der Gemeinde schon geklärt und waren uns sehr sicher, dass wir das bekommen. Mit dem neuen Besitzer, der die gesamte Wiese gekauft hat, haben sich unsere Pläne natürlich zerschlagen«, so der traurige Geschäftsmann. bb

Artikel vom 30.08.2011
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