Der Geltinger Florian Beer hat eine ungewöhnliche Leidenschaft

Gelting · Unbezähmbare Liebe

Alle zwei Wochen fährt Florian Beer über 200 Kilometer in die Nähe von Ansbach, um Pamir und den anderen Großkatzen nahe zu sein. 	Foto: Privat

Alle zwei Wochen fährt Florian Beer über 200 Kilometer in die Nähe von Ansbach, um Pamir und den anderen Großkatzen nahe zu sein. Foto: Privat

Gelting · Von freundlichem Prusten begrüßt zu werden, ist sein schönster Lohn. Allerdings sollte das Prusten von einer etwa 100 Kilogramm schweren Großkatze kommen. Denn das Herz des Geltingers Florian Beer schlägt für Tiger, Panther, Puma und Co.

Gewiss halten viele Menschen Raubkatzen für wunderschöne Tiere. Aber bei dem 31-jährigen Industrie-Elektroniker, der bei den Stadtwerken München arbeitet, äußert sich diese Liebe ganz handfest. Zweimal im Monat macht er Wochenenddienst in Deutschlands einzigem Raubtier- und Exotenasyl e.V. in Wallersdorf bei Ansbach, ehrenamtlich natürlich. Dort finden Großkatzen ein Asyl, denen das Leben nicht gut mitgespielt hat, häufig aus pleite gegangenen Zirkussen, aus Privatbesitz oder auch aus dem Rotlichtmilieu, nicht artgerecht gehalten, verwahrlost und misshandelt.

Am Anfang von Florian Beers Wochenenddienst steht im Idealfall das erkennende Prusten, ein Zeichen der Zuneigung. Und manche Tiere lassen auch Berührungen zu. »Zu einigen kann man einen Kontakt aufbauen, sie lassen sich durch das Gitter vorsichtig streicheln.« Aber nie darf er leichtsinnig werden. »Zur Zeit pflegen wir auch ein Puma-Pärchen, Pünktchen und Anton. Das Männchen ist ganz entspannt. Das Weibchen dagegen sehr aggressiv, faucht einen sofort an.« Bevor er die Freigehege reinigt, steht deshalb der Selbstschutz an erster Stelle; die Tiere müssen wohlverwahrt in ihren Häusern sein. Dann räumt er Kot weg, spritzt mit dem Wasserschlauch Urin und Sekret ab, füllt Streu nach. Auch die Zubereitung des Futters zählt zu Beers Aufgaben. 1,5 Tonnen Rindfleisch im Monat oder 80 Kühe im Jahr braucht das Asyl für die zur Zeit dort lebenden Tiere: sechs sibirische Tiger, drei Pumas und zwei Füchse, davon ein Polarfuchs. Auch weiße Tiger, schwarze Panther, Geparde, Ozelote und Jaguare zählten schon zu Beers Schützlingen. »Die Tiere bekommen von uns ganz artgerecht nur Fleisch. Einmal in der Woche steht eine sogenannte Ganzkörperfütterung auf dem Speiseplan.« Dann gibt es ganze Hühner, Rehe oder Hasen, die mit allem Drum und Dran, Federn, Fell, Blut, Innereien den Katzen wichtige Mineralstoffe liefern.

Woher kommt Beers Leidenschaft? »Mir gefällt die Wildheit, die Ungebundenheit dieser Tiere.« Vor ziemlich genau acht Jahren besuchte er die Raubkatzenstation zum ersten Mal und war sofort gefesselt. Und dort freute man sich über Beers Unterstützung. Bis auf einen hauptamtlichen Tierpfleger gibt es nur ehrenamtliche Helfer; der Verein trägt sich allein durch Spenden, Mitgliedsbeiträge und Patenschaften. Fleisch bekommt der Verein vom Schlachthof zu Sonderkonditionen, der örtliche Tierarzt mit Kleintierpraxis spezialisierte sich extra für das Asyl auch auf Großkatzen. Auch er kommt den Betreibern mit seinen Honorarforderungen entgegen. Letzte Woche war Florian Beer zwar nicht im Raubkatzenasyl, hat aber trotzdem dafür gearbeitet: Auf einem Infostand in Magdeburg hat er die Werbetrommel für das Tierheim gerührt.

Stirbt ein Tier, muss das Fell zerstört werden

Mit dabei auf solchen Infoständen: ein Tigerfell. Es wurde einem der im Asyl gestorbenen Tiere abgezogen und nur zu Anschauungszwecken aufbewahrt. Der Tod eines Tieres ist hart für die Pfleger, nicht nur wegen des Verlustes: »Bevor wir das Tier in der Tierkörperbeseitigungsanstalt abgeben können, müssen wir das Fell zerstören; dazu sind wir gesetzlich verpflichtet«, so Beer. Es soll sicher gestellt werden, dass das wertvolle Fell nicht in den illegalen Handel gelangen kann. Das bedeutet, man muss es den Tieren entweder abziehen und vernichten oder am Tier zerschneiden. Florian Beer ist froh, dass ihm diese Arbeit noch nie abverlangt wurde.

Schon gar nicht bei Carmen, Beers inzwischen verstorbenem Patentier, einem sibirischen Tiger, der größten Katzenart der Welt. Er mochte Carmen sehr. »Sie war ein ›Muttersöhnchen‹, das explizit meine Nähe gesucht hat, freundlich im Wesen. Carmen ließ sich gern knuddeln.« Eine Liebeserklärung. Seine Leidenschaft für Tiger, Panther und Co. kann Beer jeden ersten Sonntag im Monat auch weitergeben, dann ist Tag der offenen Tür im Raubkatzenasyl. »Die Führungen machen Spaß, die Leute, vor allem die Kinder, sind sehr interessiert.« Sollten die Besucher allerdings etwas von den einst erlernten Kunststückchen sehen wollen, die die ehemaligen »Zirkusangestellten« doch drauf haben müssten: Pech gehabt. »Jedes Lebewesen will Energie sparen, so auch die Raubkatzen. Man könnte sie nur mit Futter locken oder mit Gewalt zwingen«, erklärt Beer. Auf die Frage, ob er jemals Angst gehabt habe in der Nähe der Katzen, meint Beer: »Die sollte man nicht haben. Zum einen spüren die Tiere das. Außerdem hat man selbst keinen Spaß mehr. Wichtig ist es allerdings, Respekt und Ehrfurcht vor ihnen zu haben und die Sicherheitsbestimmungen stets zu beachten. Dann ist Angst überflüssig.« Mehr Informationen zu Öffnungszeiten, Spendenkonto und den Tagen der offenen Tür finden Sie im Internet unter www.raubkatzenasyl.de. Gabriele Heigl

Artikel vom 23.08.2011
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