Ausstellung »Ehemalige Ramersdorfer Firmen« geht weiter

Ramersdorf · Made in Ramersdorf

Renate Wirthmann vom AK Stadtteilgeschichte mit einer Fernrohrtasche der Täschnerei Leder Franzl.	Foto: aha

Renate Wirthmann vom AK Stadtteilgeschichte mit einer Fernrohrtasche der Täschnerei Leder Franzl. Foto: aha

Ramersdorf · Wegen des großen Erfolges erlebt die Ausstellung des Arbeitskreises (AK) Stadtteilgeschichte e.V. »Ehemalige Ramersdorfer Firmen« eine Neuauflage:

Renate Wirthmann, die AK-Vorsitzende hat die Ausstellung nicht nur liebevoll und kenntnisreich vor allem aus AK-Archiv­material zusammengestellt, sondern auch den Stadtteilladen kpp4, am Karl-Preis-Platz 4, als Ausstellungsort gewonnen: Vom 23. August bis 4. Oktober sind hier die zahlreichen Dokumente und Fotos über weltbekannte Firmen wie Durach Sauerkrautfabrik, Leder Franzl, Zündapp oder die Fuva zu sehen.

Wer hat nicht noch ein Bild der typischen Trockenhaube mit dem durchsichtigen Haubendom aus den 50er-Jahren vor Augen? Sie entstand gut zwanzig Jahre eher, weil Frau Vatter 1926 nach einem Besuch beim Friseur an einer schweren Lungenentzündung erkrankte. Damals ließ man die Haare nach dem Haare waschen an der frischen Luft trocknen. Erschüttert von den tragischen Folgen suchte ihr Mann nach einer besseren Methode: Josef Vatter nahm eine große, mit Spiritus erhitzte Luftpumpe und pumpte die Luft manuell über einen Schlauch auf den nassen Kopf der Frauen. Die erste Trockenhaube war geboren. In Ramersdorf! Sie wurde später mit Strom betrieben und erhielt den durchsichtigen Haubendom, der ihr den Namen »gläserne Venus« einbrachte. Ab 1927/28 hatte die Fuva, benannt nach den Inhabern Friedrich Funk und Josef Vatter an der heutigen Ottobrunner Straße 60 ihren Sitz. Der Name »Fuva« war in kurzer Zeit in der ganzen Friseurwelt bekannt und war 1929 der Betrieb mit den meisten Beschäftigten in Ramersdorf. Bis 2005 bestand der Betrieb unter dem Namen »Fuva Elektromechanik«, inzwischen hat die »Fuva GmbH« ihren Sitz in Erlangen und stellt Mess- und Regelgeräte her.

Wer hätte gedacht, dass die 1917 in Nürnberg gegründete »Zünder- und Apparatebaugesellschaft«, kurz Zünd­app, sich dank des Baus von Nähmaschinen nach dem 2. Weltkrieg wieder aufrappelte? Es gelang und diese Nähmaschinen kamen ab 1951 aus Ramersdorf. Hier, in der Anzinger Straße 1, wurden auch die leichten, aber leistungsstarken Motorräder und Mopeds produziert, die auf Tourenwettbewerben ihre Leistungsfähigkeit bewiesen haben. Werksfahrer Stefan Dörflinger hatte am 2. September 1974 in Mugello sogar einen Weltmeistertitel errungen. Doch zu spät: Einige Tage später erschütterte die Motorsportwelt der Zündapp-Konkurs. Die Produktionsanlagen wurden Ende Oktober in die Volksrepublik China verschifft. Sie haben einen großen Beitrag zu drei Millionen produzierter Zweiräder seit 1917 geleistet. Ihre Fangemeinde haben auch HOREX Motorräder, die es ab 1938 bei Fritz Lassnack in der Ramersdorfer Straße Nr. 9: Bis 1965 ein Begriff für alle HOREX-Freunde.

In wessen Schrank liegt nicht noch eine steife, braune Tasche mit Fernrohr oder Kamera? Auch sie könnte aus Ramersdorf stammen und wurde vielleicht vom Sattler- und Täschnermeister Sebastian Franzl hergestellt, der ab 1929/1930 in der Rosenheimer Straße 272, heute Ottobrunner Straße 10, Ledertaschen fertigte, die bei Agfa und Kodak ein Begriff für Qualität waren.

Von der Eisengießerei Franz Seraph F.S. Kustermann, die ab 1860 bis etwa 1975 an der Rosenheimer Straße 120 Feld- und Friedhofskreuze, Treppen, gusseiserne Säulen, aber auch Brückenteile fertigte, zeugt nur noch die »Kustermann Park« genannte Wohnsiedlung und das bekannte Geschäft am Viktualienmarkt. Auch die Sauerkraut- und Konservenfabrik Eduard Durach, die ab 1908 in der Rosenheimer Straße 140 Konserven produzierte und in der später gebauten Präserven-Fabrik (Gemüsetrocknungsbetrieb) Sauerkraut, Kartoffeln, Gewürze und Blaukraut für Soldaten trocknete, besteht nicht mehr. Sie wurde 1979 nach Unterhaching verlegt und ist später mit dem Develey-Konzern verschmolzen.

Die Firmengeschichte dieser und weitere Firmen ist in liebevoll und kenntnisreich zusammengestellten Texten und Fotos zu erfahren. Die Ausstellung im Stadtteilladen ist zu sehen Dienstag und Mittwoch von 10 bis 13 Uhr, Donnerstag von 14 bis 19 Uhr. Der Eintritt ist frei. Eine weitere Präsentation der Ausstellung findet ab 7. Oktober im Bürgerbüro des Landtagsabgeordneten Markus Rinderspacher in der Melusinenstraße 18 statt, geöffnet Montag bis Donnerstag von 9 bis 17 Uhr, Freitag von 9 bis 12.30 Uhr. A. Boschert

Artikel vom 16.08.2011
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