Runder Geburtstag und Umzug: Turbulente Zeiten fürs Sub

Zentrum · Solidaritätseuro, bitte!

Guido Vael (l.) und Christian Schultze freuen sich auf das große Straßenfest am kommenden Samstag.	Foto: Sylvie-Sophie Schindler

Guido Vael (l.) und Christian Schultze freuen sich auf das große Straßenfest am kommenden Samstag. Foto: Sylvie-Sophie Schindler

Zentrum · Im Glockenbachviertel haben viele schwule Männer ein Zuhause gefunden. Bereits Weltstar Freddie Mercury zog hier zu seinen München-Zeiten gerne um die Häuser. Doch nicht nur Bars, Discos und Kneipen sind Anziehungspunkte.

Beliebte Anlaufstelle ist auch das Schwule Kommunikations- und Kulturzentrum an der Müllerstraße 43, das so genannte Sub. Inzwischen längst nicht mehr wegzudenken aus dem Viertel. Und bald steht ein Jubiläum an, und zwar das 25-jährige. Groß gefeiert wird am Samstag, 20. August, beim legendären Hans-Sachs-Straßenfest. »Alle, die vorbei kommen wollen, sind herzlich willkommen«, sagt Christian Schultze, Leiter des Sub. Doch nicht nur Geburtstagslaune ist angesagt. Denn die andere Nachricht ist: Auf geht’s zum Umzug. Anfang März wird das Sub in sein neues 500 Quadratmeter großes Erdgeschoss-Domizil in naher Nachbarschaft ziehen, in die Müllerstraße 14.

Damit ist das Zentrum in Zukunft doppelt so groß. »Wir platzen hier aus allen Nähten. Es ist unbedingt notwendig, dass wir uns vergrößern«, so Schultze. Denn die Nachfrage sei da und reiße nicht ab, so der Sub-Chef. Die Gründe seien unter anderem, dass Homosexuelle nach Unterstützung fragen, da sie allen Aufklärungen zum Trotz häufig ausgegrenzt werden. Besonders im Job sei das Thema tabu. »Die Akzeptanz von schwulen Männern in der Gesellschaft ist immer noch kaum da. Darunter leiden viele Betroffene«, so Schultze. »Insofern ist es wichtig, einen Ort zu haben, an dem sie sich wohl und mit ihren Bedürfnissen aufgehoben fühlen. Wir im Sub haben immer ein offenes Ohr, egal, um welche Probleme es sich handelt.« Möglichkeit dazu gibt es tagsüber in der bisher aus Raumgründen ausgelagerten psychosozialen Beratungsstelle an der Pestalozzistraße 6, dort mit Terminvereinbarung, oder abends von 19 bis 22 Uhr im Café an der Müllerstraße, dort ohne Voranmeldung.

Schon beim Betreten des Schwulenzentrums kommt eine Atmosphäre rüber, die einem das Gefühl gibt, dass man sich hier heimisch fühlen darf. Kein Schicki-Micki. Kein durchgestyltes Ambiente. Sondern schlichte Holzstühle und -tische, bodenständige Gemütlichkeit, ein bisschen so wie in den Jugendherbergen der 80er-Jahre. Direkt neben dem Eingang, auf einem schwarzen Brett, finden sich verschiedene Angebote: Lesegruppe, Meditationsgruppe, English Book Club, Circulo Hispano, Anonyme Alkoholiker, HIV-Prävention, Schachgruppe und vieles mehr. »Besonders regen Zulauf findet unsere neu gegründete Gruppe für schwule Männer mit Depressionen«, berichtet der langjährige hauptamtliche Mitarbeiter Guido Vael. »Viele stürzen in ein tiefes Loch, etwa wenn sie die Homosexualität ihren Eltern oder ihrer Frau gebeichtet haben.« Andere würden nicht mit den typischen Vorurteilen zurechtkommen oder Schuld empfinden, weil sie »anders« seien. »Der Konflikt ist immer noch derselbe wie in meiner Jugend«, so Vael, der mit seinem Lebenspartner bereits seit rund 34 Jahren zusammen wohnt. »Na, ja, wenigstens vom Gesetz her hat sich was getan. Als ich noch jünger war, war Homosexualität noch strafbar.« In vielen Köpfen ändere das, wie er sagt, trotzdem kaum etwas.

»Wir gehören in dieses Viertel«

»Angriffe gegen schwule Männer nehmen momentan wieder zu, insbesondere verbale Attacken.« Dass das neue Sub nur ein paar Hausnummern weiter seine neue Adresse haben wird, war von den Verantwortlichen so gewünscht. »Wir gehören einfach in dieses Viertel. Und wir freuen uns sehr über die Unterstützung der Stadt München. Der Stadtrat hat unserem Umzug einstimmig zugestimmt. Man will uns also weiterhin hier haben«, so Schultze. Doch das Glockenbachviertel ist dabei, sich zu verändern: Luxussanierungen, Edelboutiquen. Auch das hinterlässt Spuren in der schwulen Gemeinschaft. »Die Bewohnerschaft wird ausgetauscht. Besonders ältere Homosexuelle können sich den teuren Wohnraum nicht mehr leisten und ziehen weg«, berichtet der Sub-Geschäftsführer. »Was das für unsere Arbeit bedeutet, wird sich noch zeigen.«

Gegründet wurde das Sub im September 1986 als Zentrum für alle Schwulengruppen der Stadt, damals noch als Verein unter dem Namen »SchwuKK«. Neben zahlreichen Beratungs- und Gruppenangeboten veranstaltet das Münchner Schwulenzentrum eigene Veranstaltungen wie das Hans-Sachs-Straßenfest. Im Sub arbeiten zwei Hauptamtliche und rund 100 Ehrenamtliche mit, weitere Helfer werden regelmäßig gesucht. Finanzielle Zuschüsse gibt es von der Stadt München und der Regierung von Oberbayern. Trotzdem ist das Sub auf Mitgliedsbeiträge und Spenden angewiesen. Besonders jetzt, da der Umzug bevor steht. Auf dem Hans-Sachs-Straßenfest beispielsweise wird deshalb an den Eingängen gesammelt. »Wir bitten um einen Solidaritätseuro«, sagt Schultze. Jeder Geldgeber bekomme dann einen Aufkleber, auf dem der Spruch zu lesen ist: »Held(in) des Sub«.

Über 10.000 Besucher pro Jahr

Ein bisschen was dürfte da schon zusammenkommen – über 10.000 Besucher feiern jedes Jahr mit. Und zwar nicht nur Lesben und Schwule, sondern auch viele Familien mit Kindern. Das Hans-Sachs-Straßenfest hat sich zu einem der beliebtesten Straßenfeste Münchens etabliert und findet immer am Samstag nach Mariä Himmelfahrt statt. Los geht es heuer um 15 Uhr, Schluss ist gegen 23 Uhr mit Walzermusik zum Ausklang. Johannes Schick, der das Straßenfest mit Sabine Schäfer Jahr für Jahr für das Sub organsiert, erklärt: »2011 widmen wir das Hans-Sachs-Straßenfest all den Menschen, die wie Roma und Sinti ein Leben im Umherziehen führen«, sagt Schick. »Wir wollen daran erinnern, dass es in Europa noch mehr Minderheiten gibt, die vor großen Problemen stehen, und erklären uns solidarisch.« Eine Solidarität, die sie sich auch wünschen, wie Sub-Chef Schultze sagt: »Homosexuelle sind auch nicht anders als andere. Wir haben einen Job, zahlen Steuern, wir leben wie so viele. Ich wünsche mir, dass Schwule in dieser Gesellschaft keine Angst haben und sich nicht verstellen müssen. Dass sie frei sagen können: ich bin schwul und ich stehe dazu.«

Weitere Informationen unter www.subonline.org. Details zum Programm des Hans-Sachs-Straßenfestes unter www.schwules-strassenfest.de. Sylvie-Sophie Schindler

Artikel vom 16.08.2011
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