Varroamilbe: Bienensterben hält an – Pflanzen bedroht

Ebersberg · Ein tückischer Parasit

Auf einer der Waben hat Walter Götz die Bienenkönigin gefunden. Sie trägt einen weißen Punkt. 	Foto: Sybille Föll

Auf einer der Waben hat Walter Götz die Bienenkönigin gefunden. Sie trägt einen weißen Punkt. Foto: Sybille Föll

Ebersberg · Wie auch im Vorjahr sind die Bienen im Landkreis Ebersberg heuer erhöht von Varroamilben befallen. Laut dem Landratsamt Ebersberg konnten die Tiere im vergangenen Sommer witterungsbedingt nur unzureichend behandelt werden.

Umfragen im Herbst haben ergeben, dass die bayerischen Imker damals schon zirka 3,6 Prozent ihrer Bienenvölker eingebüßt hatten, den Winter haben jedoch noch weit mehr nicht überlebt. „Wir haben hier letztes Jahr 20 Völker verloren, das ist ein Verlust von 20 Prozent, in Dorfen sind sogar 150 Völker verendet“, bestätigt Walter Götz aus Hohenlinden. Seit sieben Jahren ist er Imker sowie Vorsitzender des Bienenzuchtvereins Hohenlinden und hat 15 Bienenvölker, drei verlor er vergangenes Jahr durch die Varroamilbe.

Der etwa 1,6 Millimeter große Parasit beißt sich in den erwachsenen Bienen wie ein Blutsauger fest. Die eigentliche Entwicklung und Vermehrung der Milbe findet jedoch nicht dort, sondern in der verdeckelten Bienenbrut statt. Dort überträgt er vermutlich Viren und andere so genannte Sekundärinfektionen, so dass die jungen Bienen verkrüppelt oder äußerst krankheitsanfällig zur Welt kommen. Asiatische Honigbienen hingegen kommen mit der Milbe zurecht, erkennen sie und vernichten befallene Brut, europäische haben das noch nicht gelernt. Also müssen Götz und seine Kollegen eingreifen. Eine erste Schockbehandlung mit Ameisensäure gibt es bereits Ende Juni oder Anfang Juli, dann folgt eine Langzeitbehandlung mit Thymol, ein ätherisches Öl, das Bestandteil der Zellwände von Thymian ist und bei den Bienen einen Putzreflex auslöst. „Diese Mittel sind ausschließlich biologisch“, erklärt Götz.

Gegen „chemische Keulen“ hätten die Varroamilben zunehmend Resistenzen entwickelt, wohingegen sich die schonende ­Behandlung der Bienen mit Bio-Mitteln seit vielen Jahren als wirkungsvoll gegen den Parasiten erwiesen habe. „Vom Imker-Kreisverband-Ebersberg werden beim Veterinäramt ausschließlich biologische Varroazide bestellt, was sich in einem geringeren Verlust von Bienenvölkern im Vergleich zu anderen Regionen bemerkbar macht“, erklärt der Kreisverbandsvorsitzende der Bienenzüchter, Ingmar Kummrow.

Mit „Schubladen“ Milben erkennen

Besonders an warmen Herbsttagen können durch Verflug von anderen Honigbienen Milben in die Stöcke geraten. Mit Hilfe einer Diagnoseeinlage, einer flachen Schublade unter den „Kinderstuben“, auf die ein Teil der Milben fällt, kann der Imker das rechtzeitig erkennen und entsprechend reagieren. Im Dezember folgt dann noch eine Restentmilbung.

Im August beginnt für die Imker das Bienenjahr. Wenn die Obstbäume, der Raps und die meisten Blumen auf den Wiesen verblüht sind, ist die letzte „Tracht“, wie es in der Fachsprache heißt, vorüber. Dann wird der letzte Honig geschleudert und dann müssen die Bienen mit Zuckerwasser gefüttert werden, damit sie Herbst und Winter überleben. Das Ende der Tracht ist aber auch Beginn der Behandlung gegen die Varroamilbe. Mitte der 1970er-Jahre fand der Schädling seinen Weg nach Europa durch befallene asiatische Honigbienen, die Wissenschaftler zu Forschungszwecken nach Deutschland geholt hatten. Die Milbe ist Jahr für Jahr für das Sterben Tausender Bienenvölker verantwortlich. So hat der Befall nun seuchenartige Ausmaße angenommen. Und das Landratsamt Ebersberg ordnet jedes Jahr an, sämtliche Bienenvölker auf dem Gebiet des Landkreises gegen Varroamilben zu behandeln. Mit Ausnahme von Bienenvölkern, die zur Resistenzzucht verwendet werden.

Bleibt zu hoffen, dass die Imker die Seuche in den Griff bekommen, denn Bienen sind für den Menschen lebenswichtig. Sie sorgen für den Erhalt vieler Pflanzen, indem sie bei ihren Sammelflügen Blütenstaub zur Narbe der Blüte bringen, so dass diese sich nicht nur vermehren, sondern auch Früchte tragen können. Ohne Bienen gäbe es kein Obst, keinen Raps – kurz: keine Pflanzen. Doch ohne Imker gäbe es auch keine Bienen. Daher ist der Landesverband Bayerischer Imker stets um Nachwuchs bemüht und glücklich, dass das Interesse wieder steigt: „Im Bienenzuchtverein Hohenlinden hatten wir bis vor zwei Jahren nur acht Mitglieder, jetzt sind es 22“, erzählt Götz. „Im Bienenzuchtverein Ebersberg stieg die Mitgliederzahl in den vergangenen zwei Jahren von rund 60 auf über 100“, berichtet Imkermeister Ingmar Kummrow, der in diesem Jahr von Walter Götz die Schulungen für Anfänger übernommen hat.

Zwei Jahre Bienen zur Probe

„Dieser Steigerung wollen wir Rechnung tragen“, so Kummrow. Im vergangenen Jahr wurde daher ein Lehrbienenstand in Halbling eingerichtet, wo sich derzeit 35 Probeimker in Kleingruppen an den vereinseigenen Völkern üben. Zwei Jahre lang dürfen sie sie bewirtschaften und sich dann entscheiden, ob sie die Imkerei weiterführen wollen. Wer ebenfalls Interesse an einer Imkerei hat, findet nähere Informationen auf der Internetseite www.bienenzuchtverein-ebersberg.de oder www.imker-hohenlinden.lvbi.de oder wendet sich an den Kreisverbandsvorsitzenden unter der Telefonnummer 0 80 39/9 02 03 05. Von Sybille Föll

Artikel vom 03.08.2011
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