Nightball in Schwabing: Jugendliche powern sich abends aus

Schwabing · Mehr als nur Sport

Gemeinsam mit Projektleiter Patrick Sandweg sind die Jugendlichen jeden Freitag beim Nightball im Schwabinger Jugendzentrum dabei. 	Foto: scy

Gemeinsam mit Projektleiter Patrick Sandweg sind die Jugendlichen jeden Freitag beim Nightball im Schwabinger Jugendzentrum dabei. Foto: scy

Schwabing · Jacob Ertl und Noah Winter, beide 14 Jahre alt, dribbeln, springen und laufen quer über das Feld, im Blick immer den Korb, in den sie die Bälle werfen, im Hintergrund Hip-Hop-Sound. »Basketball ist halt cool«, sagt Noah später, er macht gerade eine kurze Atempause, nimmt einen Schluck Wasser.

»Ich bin froh, dass ich hier spielen kann«, sagt Jacob und grinst. »Keine Ahnung, wo ich sonst Basketball spielen könnte. Hier ist eine gute Möglichkeit für mich.« Diese gute Möglichkeit nutzen auch viele andere Jugendliche. Seit bald einem Jahr gibt es in Schwabing, im Jugendzentrum am Theo-Prosel-Weg, das Projekt Nightball. »Mehr als nur Sport«, sagen die Leiter des Projekts, Patrick Sandweg und Marc-David Wagner.

Nightball München wird im Stadtgebiet seit bald 13 Jahren angeboten, inzwischen in zwölf Stadtteilen, neben Schwabing unter anderem in Moosach, Giesing, Neuaubing und Bogenhausen. Die Macher verstehen die wöchentlichen Veranstaltungen unter anderem als Gewaltpräventionsprojekt. »Wir wollen Jugendliche im ursprünglichen Sinne offener Jugendarbeit von der Straße holen«, erklärt Wagner. »Und auch weg vom Computer, womit viele ja täglich Stunden verbringen.« Nicht herumsitzen ist das Motto, sondern sich endlich mal so richtig auspowern.

»Aggressionen und der Drang nach Bewegung und Aktion können bei Nightball quasi abgearbeitet werden«, so Sandweg. Im Spiel hätten die Jugendlichen die Gelegenheit, ihre Kräfte zu messen – »ganz ohne Gewalt«. Ziel des Projekts sei es außerdem, Jugendlichen ein neues Erfahrungsfeld zu bieten. »In der Schule erfahren sie oft nur noch, was sie nicht können, nicht aber das, was sie können«, sagt Sandweg. Beim Sport hingegen würden sie entdecken, dass etwas in ihnen steckt. Sie hätten Erfolgserlebnisse, würden Anerkennung erfahren und positive Gruppenerfahrungen machen. Oder um es mit den Worten von Noah und Jacob zu sagen: »Wir sind ein echt cooles Team.«

Die Jugendlichen würden auch nicht auf Leistung spielen, sagt Trainer Marc-David Wagner. »Uns geht es vor allem darum, Spaß miteinander zu haben.« Wer mitmachen wolle, muss also nicht unbedingt ein großer Sportler sein. Zudem sei es ja nicht nur der Sport, um den sich alles dreht. »Wir reden auch viel mit den Jugendlichen. Wir sind Bezugspartner, oft auch Ratgeber bei Problemen.« Und darin unterscheide sich das Nachtsportangebot auch von der Verbandsarbeit oder dem Engagement im Sportverein. »Bei uns steht nicht die sportliche Leistung, sondern der Mensch im Vordergrund«, formuliert es Sandweg. Das sei ohnehin eine der Leitlinien des Christlichen Vereins Junger Menschen München (CVJM), dem das Jugendzentrum gehört. »Wir wollen auch Werte weitergeben.« Oft würde sich nach den Spielen noch Zeit finden für Gespräche, die über das Übliche hinausgehen. »Da kommt dann beispielsweise schon mal die Frage, wer glaubt an Gott und warum und was ist der Sinn des Lebens«, berichtet der Trainer.

»Wir wollen uns auf die verschiedenen Lebenswelten einlassen, besonders auch auf Jugendliche, die als unbequem gelten.« Nightball sei daher vor allem für junge Menschen wichtig, die weder im Sportverein noch sonst einen Platz in einer Gemeinschaft finden. Ursprünglich startete das Projekt unter dem Titel »Basketball um Mitternacht« (BuM). Doch da inzwischen in manchen Stadtteilen auch Fußball, Volleyball und Hip-Hop-Tanz – vor allem bei den Mädchen sehr begehrt – angeboten wird, passt das nicht mehr.

Auch in Schwabing gibt es die Möglichkeit zum Kicken und Tanzen. »Wir sind offen für alle, die Lust haben auf Bewegung. Anfänger sind genauso willkommen wie Fortgeschrittene«, sagt Sandweg. Und wer mal seine Sportsachen vergessen hat oder verletzt ist, der kann trotzdem dabei sein und einfach das Angebot des Jugendzentrums nutzen. Das nämlich ist ein großes Plus von Nightball Schwabing. Es wird ja nicht in einer Turnhalle trainiert, sondern an einem Ort, wo junge Leute mit unterschiedlichen Interessen zusammen kommen.

Nightball ist ein kostenloses und sozialpädagogisch betreutes Angebot der Münchner Jugendarbeit, das vom Sozialreferat der Landeshauptstadt mit etwa 110.000 Euro im Jahr gefördert wird. In Deutschland ging es mit Nightball im Jahr 1995 zunächst in Köln los. Im Oktober 1996 folgte dann Hamburg und 1998 unter anderem München.

Das Modellprojekt lief in Milbertshofen in der Turnhalle der Grund- und Hauptschule an der Schleißheimer Straße. Mit der Ausweitung des Projekts wurden allein in München bisher über 17.000 Jugendliche erreicht. Über 80 Prozent der Teilnehmer haben einen Migrationshintergrund. Die Idee zu Nightball kommt übrigens aus den USA. Mit Nightball wurde die Basketballsaison der Highschool- und College-Mannschaften eröffnet und die entsprechenden Teams vorgestellt. Seit Mitte der 1980er-Jahre gibt es in vielen amerikanischen Großstädten verschiedene Nightball-Projekte. 1986 wurde sogar eine eigene Liga, die MBL, gegründet, nach dem Vorbild der nordamerikanischen Profiliga NBA.

Nightball findet immer freitags statt, außer in den Schulferien. Los geht es beim CVJM Nightball Schwabing wieder wöchentlich ab Freitag, 16. September, von 21 bis 24 Uhr im Jugendzentrum Schwabing-West, Theo-Prosel-Weg 16. Weitere Informationen bei Patrick Sandweg, Tel. 12156737, und im Internet unter www.nightball-muenchen.de.

Sylvie-Sophie Schindler

Artikel vom 02.08.2011
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