Gemeinde Otterfing muss für Neubauten nächstes Jahr tief in die Taschen greifen

Otterfing · Hiobsbotschaft: Zwei Brücken sind total marode

Stark zerrissen, durchfeuchtet, verrostet: Widerlager und Eisenträger der über 100 Jahre alten Brücke von Otterfing Richtung Kreuzstraße können nicht mehr saniert werden. Die Gemeinde muss in eine neue Brücke investieren.	Foto: aba

Stark zerrissen, durchfeuchtet, verrostet: Widerlager und Eisenträger der über 100 Jahre alten Brücke von Otterfing Richtung Kreuzstraße können nicht mehr saniert werden. Die Gemeinde muss in eine neue Brücke investieren. Foto: aba

Otterfing · So hatte sich der Gemeinderat das nicht vorgestellt, als er vor gut einem Jahr ein Ingenieurbüro mit der Hauptuntersuchung zweier Otterfinger Brücken über die Bahngleise beauftragte. Denn das Ergebnis der Untersuchungen ist niederschmetternd:

Beide Brücken sind in hohem Maß beschädigt, praktisch nicht mehr sanierbar und müssen nach Empfehlung des Gutachters zeitnah komplett erneuert werden. Deutlich über eine Million Euro wird der Rückbau der alten und Bau der neuen Brücken verschlingen, rechnete Gutachter Martin Fritsch bei der Gemeinderatssitzung Ende Juli vor. Lediglich 45.000 Euro waren ursprünglich als Haushaltsansatz für die Sanierung vorgesehen.

Die Räte versuchten die Hiobsbotschaft mit Fassung zu tragen, kaum einer zweifelte nach dem Sachvortrag des Ingenieurs die Notwendigkeit der Maßnahmen an. So sei das projektierte Alter der schon im Jahr 1900 erbauten und 1969 wegen der Elektrifizierung angehobenen Brücke Richtung Kreuzstraße längst überschritten. Bei der Erhöhung seien Überbau und Widerlager nicht erneuert worden.

Die nun über 100 Jahre alten Widerlager sind inzwischen laut Gutachten »stark zerrissen« und ebenso wie die Auflagerbänke »stark durchfeuchtet«. Auch der Überbau ist marode, die Fahrbahn hat Risse, die Abdichtung ist kaputt, die Fugen sind undicht. Die Folge: Außer der Feuchtigkeit nagt im Winter auch das Tausalz an der Substanz. Wasser wie auch Salz dringen bis an die unter der Fahrbahn liegenden Eisenträger, die dadurch bereits stark korrodiert sind. Eine reine Erneuerung der Fahrbahn und der Abdichtung sei daher nicht mehr sinnvoll, denn Widerlager und Träger müssten dann noch weitere 80 Jahre halten, hätten anschließend 200 Jahre auf dem Buckel – »völlig unmöglich« das Urteil des Gutachters. Der musste leider auch die geringsten Hoffnungen auf Kostenreduzierung zerstreuen. So sei es zum Beispiel ebenfalls unwirtschaftlich die Fugen mit Kunstharz abzudichten, wie es Ferdinand Höch­stetter (CSU) vorschlug. Denn auf Grund des Bahnverkehrs seien die Arbeiten nur zwischen Mitternacht und vier Uhr früh möglich, die Sanierung würde dadurch »extrem aufwändig«. Rund 120.000 Euro würde allein die Abdichtung kosten und »danach hätten Sie immer noch eine alte Brücke«, erklärte Fritsch.

Ist die Situation bei der Kreuzstraßen-Brücke schon schlecht, so ist sie bei der nördlicher gelegenen Holzhamer Brücke katastrophal: Der über 110 Jahre alte Unterbau der ehemals als Bogenbrücke konstruierten Brücke ist mehrfach gerissen. In der Folge sickert seit vielen Jahren Wasser durch, an mehreren Stellen wächst bereits Gras und weitet die Fugen noch mehr. Zwei der drei für das Gutachten gezogenen Betonkerne sind bei der Probenentnahme zu Kies zerfallen, berichtete Fritsch. Ebenfalls kein Trost: Die Bögen sind wohl nicht überall in so schlechtem Zustand wie an den Probenentnahmestellen, denn »wenn der Beton überall so aussehen würde wie am Rand, wäre die Brücke schon eingestürzt«, so der Gutachter. Auch der Aufbau des erst 1969 eingesetzten flachen Überbaus ist »morsch, nass und verrottet«, lediglich an der Unterseite ist er trocken. »Die Verkehrssicherheit der Brücke ist nicht mehr gegeben« so das vernichtende Fazit des Gutachters. Auch sei sie mit wirtschaftlichen Mitteln nicht mehr zu erhalten.

Doch wie dringend die Problematik auch ist – »wir können morgen keine neuen Brücken bauen«, rief Ulrike Stockmeier (Freie Wähler) den Zuhörern die finanzielle Situation der Gemeinde ins Gedächtnis und fragte nach dem zeitlichem Puffer für die Maßnahmen. Einen gewissen Spielraum gäbe es da zumindest bei der gut frequentierten Kreuzstraßenbrücke, so der Gutachter. Notwendig sei aber auf jeden Fall eine Reduzierung der zulässigen Gewichtsbelastung auf 12 Tonnen.

Anders sieht es da schon bei der Holzhamer Brücke aus. Die ist zwar heute schon auf Fußgänger, Radfahrer und landwirtschaftliche Maschinen bis 12 Tonnen begrenzt, die Realität sieht aber angesichts der oft riesigen Landmaschinen anders aus. »Da habe ich etwas Bammel«, so der Gutachter. Die Brücke müsse auf jeden Fall eng überwacht werden, »denn eines ist uns allen klar, auf die Bahn darf sie nicht fallen, nicht einmal einzelne Brocken«, warnte er. Als Kompromiss schlug er vor, die Holzhamer Brücke auch für landwirtschaftliche Maschinen zu sperren und eine Umleitung durch die nahe gelegene Unterführung auszuweisen.

Ob die dafür allerdings überhaupt geeignet ist, muss die Gemeinde zunächst einmal prüfen. In den Haushalt sollen die Kosten für die Neubauten in den Jahren 2013 bis 2015 aufgenommen werden, schlug Bürgermeister Jakob Eglseder vor. Früher lohne sich nicht, denn schon die Absprachen mit der Deutschen Bahn seien erfahrungsgemäß äußerst langwierig. Andrea Pietsch

Artikel vom 02.08.2011
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