Führung in der Reptilienauffangstation

München · Rettung für Berthold

In der Auffangstation fühlt sich Berthold richtig wohl. Foto: VA

In der Auffangstation fühlt sich Berthold richtig wohl. Foto: VA

München · 38 Kilo schwer, über einen Meter lang, ein Schädel wie ein Dinosaurier, mit messerscharfem Geier-Schnabel, ein perfekter Lauerjäger in den Sümpfen Amerikas. Doch durch die jahrelange falsche Haltung in Menschenhand wurde aus der Geierschildkröte Berthold ein träges, muskelschwaches, kaum mehr bewegungsfähiges Tier.

Tiere in München

Jetzt hat die mit 53 Jahren relativ junge Geierschildkröte (sie können über 150 Jahre alt werden) ein optimales Zuhause gefunden: in der Auffangstation für Reptilien in der Kaulbachstraße 31. Um dem Exot ein dauerhaft angenehmes Leben bieten zu können, sucht die Auffangstation dringend Sponsoren, Förderer und einen oder mehrere Paten, die das nicht mehr vermittelbare Tier unterstützen. Eine Patenschaft beläuft sich für eine Geierschildkröte auf etwa 150 Euro im Jahr. Wer Berthold besuchen will, kann sich für die nächste Führung am 25. Juli anmelden und unter www.reptilienauffangstation.de informieren. Weitere Infos auch unter Telefon 21 80 50 30.

Die Leidensgeschichte von Berthold begann vor über 53 Jahren, als er als Baby von einem Schildkrötenliebhaber gekauft wurde. Die Haltung war damals in Deutschland noch nicht verboten und das Tier konnte legal erworben werden. Seither wurde er in einer Plastikwanne gehalten, wöchentlich mit Fleisch gefüttert und sein Schicksal nahm einen tragischen Verlauf. So wurde aus der kleinen Geierschildkröte im Laufe der Jahre ein immer größerer, 38 Kilogramm schwerer Koloss. Auch als sich Berthold endlich nicht mehr in seinem zum engen Gefängnis gewordenen Bottich umdrehen konnte, wurde ihm von seinem Halter kein größeres Gehege zur Verfügung gestellt. Der mittlerweile vom Alter gezeichnete Besitzer von Berthold konnte die Pflege nicht mehr bewerkstelligen, die Behörden wurden auf das Tier und seine Lebensumstände aufmerksam und Berthold musste vom Besitzer abgegeben werden. Über den Deutschen Tierschutzbund und die Akademie für Tierschutz sowie über die Umweltministerien der Länder wurde eine Bleibe für das riesige Tier in ganz Deutschland gesucht und schließlich in der Auffangstation für Reptilien, München gefunden.

Nur durch gezielte Physiotherapie, eine „behindertengerechte“ Unterbringung und viel Fürsorge für das „schwächelnde Monster“ gelang es, ihm langsam wieder Kraft und Bewegungsvermögen zurück zu geben. Mittlerweile kann er sich in 12 Quadratmeter und 50 cm tiefem Wasser, bei angenehmen 26 Grad Wassertemperatur und kleinen Barschen als Mitbewohnern tummeln, verstecken und Besucher der Auffangstation erschrecken, wenn er langsam seinen massigen Schädel an die Wasseroberfläche streckt und sie mit seinen kleinen Augen fixiert.

Die Auffangstation ist ursprünglich aus der Klinik für Reptilien der tierärztlichen Fakultät der Ludwig Maximilians Universität München hervorgegangen. Heute wird die Auffangstation eigenständig als Trägerverein geführt. Durchschnittlich mehr als 400 Tiere werden dort jährlich abgegeben. Für einen großen Teil der Abgabetiere können zügig neue Halter ermittelt werden.

Artikel vom 16.07.2011
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...