Startschuss für Pöringer Kinderhaus gefallen

Ebersberg · Ein besonderes Haus

Beim Spatenstich für das neue Kinderhaus buddelten die Kinder das „erste“ Loch, um dort traditionell Gegenstände im Grundstein, ein Stück Abwasserrohr, zu versenken. 	Foto:  sf

Beim Spatenstich für das neue Kinderhaus buddelten die Kinder das „erste“ Loch, um dort traditionell Gegenstände im Grundstein, ein Stück Abwasserrohr, zu versenken. Foto: sf

Ebersberg · Sieben Gemeinderatssitzungen, fünf Kindergartenbesichtigungen, elf Runde Tische und acht Entwürfe hat es gedauert, bis der endgültige Plan für das Kinderhaus Pöring stand. Zornedings Erster Bürgermeister Piet Mayr schilderte dies humorvoll in seiner Begrüßungsansprache zum Spatenstich vergangene Woche, alle Beteiligten waren jedoch sichtlich erleichtert, dass das Projekt nun endlich Formen annehmen kann.

Direkt auf dem Nachbargrundstück des jetzigen Kindergartens Sankt Georg an der Parkstraße entsteht das zweigeschossige Gebäude, das ab September 2012 Platz für insgesamt 124 Kinder in Krippe, Kindergarten und Hort bieten wird. Baubeginn ist am 11. Juli.

„Weder die Vorarbeiten noch das Raumkonzept sind alltäglich“ betonte Mayr. Das liegt daran, dass sowohl das Konzept des Kindergartens als auch der große Naturgarten etwas Besonderes sind, das Kindergartenleitung und Eltern gewahrt wissen wollten. Immerhin gewann der Kindergarten Sankt Georg dieses Jahr den zweiten Platz des Bundeswettbewerbs „Grüne Spielplätze“ unter 66 Teilnehmern aus ganz Deutschland. Und jetzt wurde er mit dem UNESCO-Preis im Rahmen der Weltdekade der Vereinten Nationen 2005 bis 2014 „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ ausgezeichnet, da er als „Modellprojekt“ gelte. Modellhaft war die Planungsgruppe, die sich aus Vertretern der katholischen Kirche Sankt Martin, die Trägerin des Kindergartens ist, Kindergartenleitung, Elternbeirat, Gemeinde, Architekten und externen Fachleuten zusammensetzte, um allen Anforderungen und Wünschen der Betroffenen gerecht zu werden.

Das entstandene Raumkonzept basiert auf einer Haus-in-Haus-Lösung: Auf der Nordseite im Erdgeschoss sind die Funktionsräume für Kindergartenleitung, die Küche und der Speiseraum sowie Technikräume untergebracht. Auf der Südseite befinden sich – abgetrennt durch eine verschließbare Tür - zwei Gruppenräume für die Kinderkrippe, Schlaf- und Sanitärräume. Zwischen beiden Bereichen ist eine große Aula und ein Mehrzweckraum.

Im Obergeschoss sind drei Kindergarten-Gruppenräume, ein Hortraum sowie so genannte Intensivräume für spezielle Aktivitäten der Kinder untergebracht. Insgesamt beträgt die Geschossfläche 1.400 Quadratmeter. Auf der Westseite können die Kinder auf eine begrünte Dachterrasse gehen, die im Gemeinderat für lebhafte Diskussionen gesorgt hatte. Einige Mitglieder hatten befürchtet, dass das Flachdach schnell undicht werden und eine baldige Sanierung erforderlich machen könnte. Das zuständige Architekturbüro Gerstberger versicherte jedoch, dass dies nicht der Fall sei. „Wir sehen dem Umzug nächstes Jahr mit einem lachenden und einem weinenden Auge entgegen“, sagt Elterbeiratsvorsitzende Birgit Schüler. Der Grund: Das vor rund 30 Jahren entstandene alte Kindergartenhaus aus Holz habe einfach Charme und füge sich ganz natürlich in den großen Naturgarten ein. Das neue Haus wird aus Beton und Ziegeln in Massivbauweise bestehen. „Innen werden wir je nach Nutzung der Räume Sichtbeton oder Holz verwenden“, erklärt Architekt Manfred Gerstberger.

Der Neubau ist notwendig, weil das alte Holzhaus an allen Ecken undicht ist und längst nicht mehr den gestiegenen Anforderungen an Brandschutz und Energieeinsparungen entspricht. Die Kirche hatte ein Gutachten für eine Sanierung des alten Gebäudes erstellen lassen und kam zu dem Schluss, dass die Kosten zu hoch wären, zumal die Regierung von Oberbayern nur Neubauten bezuschusst, keine Sanierungen. Die Gesamtkosten will die Gemeinde bei 3,1 Millionen Euro deckeln. Für die Krippe erhält sie anteilig 60 Prozent der Baukosten und auch das erzbischöfliche Ordinariat gewährt einen Zuschuss, so dass die Gemeinde lediglich mit Kosten in Höhe von 1,8 Millionen Euro rechnet. Der laufende Betrieb kostet die Verwaltung nach der Ausweitung von zwei auf sechs Gruppen etwa 160.000 Euro zusätzlich pro Jahr. Dafür entsteht ein Kfw-Energieeffizienzhaus 55 auf hochwertigem Niveau, „mit dem wir zu 55 Prozent über den Anforderungen liegen, die erfüllt werden müssen“, so Gerstberger. „Das Gebäude ist hoch gedämmt und verfügt über eine Pellet-Heizung“, ergänzt die Architektin Simone Kratzer.

Auch kann die Gemeinde mit dem Neubau der steigenden Nachfrage nach Kinderbetreuungsplätzen gerecht werden sowie auf die Bundesgesetzgebung reagieren, die ab dem Jahr 2013 für zirka 35 Prozent der Kinder zwischen null und drei Jahren einen Krippenplatz rechtlich garantiert. Ein Trost für die Kinder und Erzieher: Der Naturgarten bleibt bestehen. „Dafür hat Kindergartenleiterin Gaby Lindinger gekämpft wie eine Löwin“, betont der Bürgermeister. Denn der Garten ist fester Bestandteil des pädagogischen Kindergarten-Konzeptes, bei dem einer der Schwerpunkte auf nachhaltiger Umwelt-Erziehung liegt. Daher soll die Baugrube, die nach dem Abriss des alten Kindergartenhauses entstehen wird, zusammen mit Naturplanern gestaltet und integriert werden. „Angedacht sind Terrassierungen, eventuell eine Rutsche, und vielleicht am Rand ein kleines Blockhaus mit Kaltwasser-Anschluss und Kachelofen für meditative Angebote oder Kunstpädagogik“, schildert Lindinger. „Aber wir müssen erst sehen, wie wir das finanzieren können“.

Auch für das neue Gebäude hat die Leiterin schon Ideen, wie man es natürlicher gestalten könnte: „Zusammen mit dem Landesbund für Vogelschutz wollen wir Nistplätze in den Fassaden schaffen, der Weg um das Gelände herum wird durch eine Streuobstwiese naturnah gestaltet“. Doch zunächst buddelten die Kinder erst einmal symbolisch das erste Loch und füllten den „Grundstein“, ein Stück Abwasserrohr, mit einer Rolle handgeschöpftem Papier, auf dem Lindinger einen Text verfasst hatte, einem Stück Holz aus dem alten Gebäude, und einer selbst getöpferten Kinderhand. Der Bürgermeister fügte noch die beiden Ortschroniken von Zorneding aus dem Jahr 1965 und Pöring aus dem Jahr 1960 hinzu. Jetzt können die Bagger anrollen.

Artikel vom 07.07.2011
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