Zu Besuch bei »Wohnen ohne Auto« in der Messestadt Riem

Messestadt Riem · Immer noch exotisch

Engagieren sich für »Wohnen ohne Auto« (v. li.): Sprecherin Gunhild Preuß-Bayer, Bewohnerin und Lokalpolitikerin Eva Döring und Monika Breiter.	Foto: ikb

Engagieren sich für »Wohnen ohne Auto« (v. li.): Sprecherin Gunhild Preuß-Bayer, Bewohnerin und Lokalpolitikerin Eva Döring und Monika Breiter. Foto: ikb

Messestadt Riem · Mehr Platz, mehr Grün, mehr Leben – wer hätte das nicht gern? Es sind hehre Ziele, die sich die Initiative »Wohnen ohne Auto« e.V., kurz WOA, auf ihre Fahnen geschrieben hat. Und viele setzen sich für die Idee aktiv ein.

Der Erfolg kann sich sehen lassen: In der Messestadt Riem gibt es 200 Wohnungen in autofreien und autoreduzierten Projekten. Ob Singles, Senioren oder Großfamilien – sie alle genießen vor allem die Ruhe und die bunten Blumenwiesen ringsum. Wer das selbst begutachten und aus erster Hand erläutert haben will, hat dazu am Mittwoch, 13. Juli, von 17.30 bis 19 Uhr Gelegenheit. »Wohnen ohne Auto« und der Arbeitskreis Ökologie Messestadt Riem laden ein zum Besuch der autofreien Häuser, die vor zehn bzw. zwölf Jahren in der Messestadt entstanden sind. Treffpunkt ist die U2-Haltestelle, Messestadt West, Bahnsteigmitte, eine Anmeldung ist nicht erforderlich, die Teilnahme ist kostenfrei.

Initiative-Sprecherin Gunhild Preuß-Bayer führt durch die Anlagen, Anwohner erzählen, wie sie leben und reisen, wie sie Transporte bewältigen, was sie an der Wohnform schätzen. Neugierig geworden? Grundsätzliche Informationen, Tipps und Kontakte gibt’s im Internet unter www.wohnen-ohne-auto.de. Zuerst muss man wissen, um Verwechselungen vorzubeugen: Wohnen ohne Auto unterscheidet sich grundlegend von verkehrsberuhigten Siedlungen, bei denen die notwendige Zahl von Stellplätzen für die Fahrzeuge einfach an den Rand der Gebäude verlegt wurden.

Maria Ernst, ehrenamtlich tätige Büroleiterin der Initiative, erklärt WOA: »Kein Verkehrslärm, saubere Luft, naturnah und kommunikativ leben, umweltfreundliche Mobilität, die obendrein Spaß macht, qualitätsbewusst bauen und dennoch Geld sparen, viel mehr Platz und Lebensraum haben für Garten und Hobby genauso wie für Kinder, die in der Siedlung noch gefahrlos draußen spielen können.« »Ich find’s toll hier so zu wohnen«, erzählt Monika Breiter, die gerade mit ihrem Hund Sina von einem Spaziergang heimkehrt ins Projekt Wegono – ein Teil sind Genossenschafts-, der andere Teil Eigentumswohnungen – an der Caroline-Herschel-Straße 25-27. Sie genießt »vor allem die Freiheit zu wählen. Wenn ich ein Auto brauche, melde ich mich bei StattAuto an«. In der Messestadt offeriert die Organisation sieben Fahrzeuge. »Ohne Auto leben, das reduziert die Kosten enorm, mit der U-Bahn ist’s viel günstiger, meist bin auch schneller am Ziel«, konstatiert sie.

Eva Döring, Mitglied im Bezirksausschuss Trudering-Riem und bei WOA engagiert, lebt seit zehn Jahren in der Anlage. »Zuvor wohnten wir am Goetheplatz, hatten ein altes Auto mit mehr als 100.000 Kilometern auf dem Tacho. Da stellte sich uns die Frage: Einen neuen Wagen kaufen oder geht’s auch ohne?« Zufällig kam sie an einen WOA-Prospekt, »die Idee begeisterte uns«, die Entscheidung pro Riem war schnell gefallen. Begonnen hatte alles 1995, nachdem drei Jahre zuvor der Flughafen geschlossen worden war, und sich die Chance für die Entwicklung eines neuen Stadtteils im Osten der heutigen Messestadt eröffnete. Die WOA-Initiative baut aber nicht selbst, sie versteht sich vielmehr als Ansprechpartner für Wohninteressenten, Politik, Verwaltung und Bauträger.

Mittlerweile wurden fünf Modellprojekte realisiert, ein weiteres, am Ackermannbogen, befindet sich in der Vorbereitungsphase: WG Autofrei Wohnen1 an der Caroline-Herschel-Straße 11 (14 Einheiten, drei Stellplätze), Wogeno, Caroline-Herschel-Straße 25-27 (28 Einheiten, sechs Stellplätze), WEG Autofrei Wohnen2, Caroline-Herrschel-Straße 23 (zehn Einheiten, zwei Stellplätze), FrauenWohnen an der Ingeborg-Bachmann-Straße 24-26 (49 Einheiten, 29 Stellplätze) und »wagnis« an der Heinrich-Böll-Straße mit 95 Wohnungen.

Verwundert ob der genannten Stellplätze? »Das Ganze ist rechtlich eine komplizierte Sache«, so Maria Ernst. Denn laut Münchner Verordnung muss jede neu gebaute Wohnung einen Platz für ein Auto haben. »Wir haben mit der Stadt aber vereinbart, dass nur ein Teil der Stellplätze gebaut werden muss.« Diese stehen dann zum Beispiel denjenigen zur Verfügung, die plötzlich auf ein Auto angewiesen sind: altersbedingt, oder wegen einer Verletzung oder aufgrund beruflicher Veränderungen. »Wir müssen der Stadt jedes Jahr über den aktuellen Stand berichten«, erklärt die »Wohnen-ohne-Auto«-Büroleiterin Maria Ernst, lächelt und ergänzt: »Es ist halt immer noch ein exotisches Modell.«

ikb

Artikel vom 05.07.2011
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