Förderverein zum NS-Dokumentationszentrum gegründet

Zentrum · Erinnerung erhalten

Constanze Angerer, Irmtrud Wojak und Thomas Walther (v. l.) wollen »Münchens dunkelste Seite« nicht vergessen.	Foto: scy

Constanze Angerer, Irmtrud Wojak und Thomas Walther (v. l.) wollen »Münchens dunkelste Seite« nicht vergessen. Foto: scy

Zentrum · »München leuchtet«, schwärmte einst der Schriftsteller Thomas Mann. Und er reiht sich damit ein in die Vielen, die ihr Herz an diese Stadt verloren haben. Doch bei allem, was es Schönes über München zu sagen gibt, findet sich auch das, worüber man lieber schweigen würde.

»Doch genau das dürfen wir nicht tun«, fordert Constanze Angerer. »Wir müssen uns erinnern, wir müssen darüber sprechen.« München habe die Verantwortung, sich seiner dunkelsten Seite zu stellen – die der eigenen NS-Vergangenheit. »Geschichte kann man nicht ungeschehen machen, auch wenn sie unangenehm ist.« Die ehemalige Landgerichtspräsidentin engagiert sich deshalb nicht nur als Mitglied im Verein »Gegen Vergessen – Für Demokratie«, sondern seit kurzem auch als stellvertretende Vorsitzende im neu gegründeten Förderverein für das geplante NS-Dokumentationszentrum.

Damit steht sie nicht allein. Viele weitere Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens konnten für den neuen Förderverein gewonnen werden. Sie werden sich künftig ehrenamtlich in dem gemeinnützigen Verein engagieren. Darunter unter anderem Staatsminister Ludwig Spaenle, Münchens Polizeipräsident Wilhelm Schmidbauer und Dr. Florian Bieberbach, kaufmännischer Geschäftsführer der Stadtwerke München. Auch Oberbürgermeister Christian Ude ist dabei. Er wurde in das Ehrenamt des Vorsitzenden gewählt. »Ich werde mich dafür stark machen, dass das NS-Dokumentationszentrum fest in der Münchner Stadtgesellschaft verankert wird und die notwendigen Mittel erhält, um ein ebenso breites wie wirkungsvolles Spektrum an Aktivitäten zu entfalten«, verspricht der SPD-Politiker.

Was konkret will der Verein leisten? »Wir werden das NS-Dokumentationszentrum bei seinen verschiedenen Aufgaben unterstützen«, erklärt Angerer. »Unter anderem heißt das, die Erinnerung an die Geschichte des Nationalsozialismus aufrecht zu erhalten.« Es müsse beispielsweise darüber geredet werden, welche Rolle München für den Aufstieg der NSDAP und die Durchsetzung des nationalsozialistischen Terrorregimes spielte, etwa bei öffentlichen Diskussionsveranstaltungen. »Des Weiteren wollen wir die wissenschaftliche Arbeit fördern«, erklärt die stellvertretende Vorsitzende. Es bestünde noch erstaunlich viel Forschungsbedarf und -notwendigkeit. Zudem, und das sei ein weiterer Schwerpunkt, sollen vor allem auch Jugendliche angesprochen werden, etwa durch Projekte an den Schulen. Dort wie auch im gesamten Stadtgebiet gehe es darum, Präsenz zu zeigen. »Wir haben eine Botschaft und die gilt es, zu vermitteln«, so Angerer. »Es geht uns darum, den nachfolgenden Generationen bewusst zu machen, dass Demokratie und Toleranz nicht selbstverständlich gegeben sind, sondern immer wieder aufs Neue gesichert und gestaltet werden müssen.« Die vielfältigen Gefahren einer braunen Ideologie bestünden, so Angerer, weiterhin.

»Wir wollen so viele Interessierte wie möglich für unsere Sache gewinnen«, sagt Vorstandsmitglied Thomas Walther. Jeder sei willkommen. »Wir freuen uns über jede ideelle wie auch materielle Unterstützung.« Wer beim Förderverein Mitglied werden will, zahlt einen jährlichen Beitrag. Die Höhe wird bei der ersten Mitgliederversammlung am 28. Juli festgelegt. »Die Gesellschaft und auch die Politik haben eine historische Verantwortung. München als ehemalige ›Hauptstadt der Bewegung‹ geht mit gutem Beispiel voran, indem Verantwortung wahrgenommen wird«, sagt Walther. »So wird auch für Opfer und deren Angehörige endlich eine bessere Zugangsmöglichkeit zu dieser Stadt geschaffen.« Auch Irmtrud Wojak, Gründungsdirektorin des NS-Dokumentationszentrums München, betont die Wichtigkeit des Vorhabens. »Dieser Schritt hat eine hohe stadtpolitische Bedeutung«, sagt sie. Ab nächsten Monat nun sollen die Bagger anrollen, dann wird mit dem Neubau des 30 Millionen teuren NS-Dokumentationszentrums begonnen. Die Fertigstellung ist für Ende 2013 geplant. Das Zentrum wird auf dem Gelände des ehemaligen »Braunen Hauses« entstehen, der Parteizentrale von Adolf Hitlers NSDAP. Sylvie-Sophie Schindler

Artikel vom 14.06.2011
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