Geplanter Neubau an der Feilitzschstraße: Tod eines Viertels?

Schwabing · »Der Bau ist Kult«

Jana Kehl und Florian Raabe wollen den Neubau an der Feilitzschstraße verhindern.	Foto: GJM/scy

Jana Kehl und Florian Raabe wollen den Neubau an der Feilitzschstraße verhindern. Foto: GJM/scy

Schwabing · Da hängen nun mal Erinnerungen dran. »Ich habe auf der Feilitzschstraße das Laufen gelernt«, sagt beispielsweise Markus Okur. »Ich habe viele richtig gute und anspruchsvolle Filme im Monopol gesehen. Das ist ein ganz besonderes Kino«, sagt Jana Kehl.

Und nicht zu vergessen: »Oft waren wir gemütlich mit Freunden Döner essen.« Und wie die jungen Leute so erzählen, spürt man, dass ihnen richtig schwer ums Herz ist. Denn vielleicht heißt es bald Abschied nehmen. Anfang Juli nämlich sollen an der Feilitzschstraße 7 Abrissbirnen anrücken: Das Aus für die Schwabinger 7, das Monopol Kino und Mamas Kepab Haus. Und Platz für Neues. 34 Luxuswohnungen auf 4.400 Quadratmetern und exklusive Einzelhandelsflächen auf 500 Quadratmetern sollen laut Plänen der »Hamburgischen Immobilien Handlung« (HIH) stattdessen entstehen.

Tod eines Viertels? »Gentrifizierung – wem gehört die Stadt?«

Auf Anfrage der Schwabinger Seiten sagte ein HIH-Projektleiter, der seinen Namen nicht nennen will, dass die HIH überzeugt sei, dass sich das geplante Objekt »sehr gut in die unmittelbare Umgebung einfügen wird und dennoch die gewählte Architektursprache einen deutlichen Akzent setzen wird«.

Jana Kehl, Vorsitzende der Grünen Jugend München (GJM), kämpft an derselben Front wie Markus Okur von der Bürgerinitiative »Rettet die Münchner Freiheit – für ein kulturelles Schwabing«, die auch online Flagge zeigt, gegen den Neubau. »Wir werden unsere Fans von Facebook auf die Straße bringen«, kündigt Okur an.

Für Freitag, 27. Mai, ist ab 18 Uhr eine Demonstration geplant.

Für HIH kommt der Protest der Neubaugegner nicht überraschend: »Es gibt meistens bei geplanten Neubauvorhaben auch kritische Stimmen im Hinblick auf die Architektur und einer möglichen Umnutzung. Wir treten dieser Kritik entgegen, indem wir bereits im Ankaufsprozess eine sorgfältige Prüfung des Standortes im Hinblick auf die Nutzungsart und Umsetzbarkeit des Baurechtes durchführen.«

Laut Florian Raabe, Sprecher der Bürgerinitiative, ist »die Neubebauung sozialpolitischer Sprengstoff für das gesamte Viertel«. Und auch Politiker der Stadt München mischen inzwischen kräftig mit. Der Kreisverband München von Bündnis 90/Die Grünen nahm Anfang vergangener Woche den Antrag der GJM gegen die geplante Neubebauung mit großer Mehrheit an. Gefordert wird darin ein Stopp des laufenden Baugenehmigungsverfahrens. »Wir freuen uns sehr darüber, dass unser Anliegen bei den Münchner Grünen auf so großen Rückhalt getroffen ist. Wir haben es damit geschafft, den Protest auf eine nächst höhere Ebene zu tragen«, erklärt Jana Kehl. »Die Grüne Jugend wird nicht locker lassen und gemeinsam mit der Bürgerinitiative für einen Baustopp kämpfen.«

Schön, das sagen die meisten, sei der Nachkriegsbau ja nicht. Er wirke zusammen gestückelt, improvisiert. Ein graffitibesprühtes Ensemble, das man eher in Berlin als in München verorten würde. Doch gerade das mache den Reiz aus. »Der Bau ist Kult«, so Jana Kehl. Man müsse ihn deshalb schützen vor den »Kaputtsanierern.«

Die HIH hat sich indes bei der Planung mit dem ortsansässigen Partner »intensiv mit dem Standort Schwabing auseinander gesetzt«. Florian Raabe befürchtet einen Dominoeffekt: »Das geplante Irrsinns­projekt könnte ein ganzes Viertel zerstören. Wenn diese Gebäude fallen, wird die ganze Straße luxussaniert.« Kulturelles Leben ade, wenn der Münchner Norden langsam aber sicher zu einer reinen Wohngegend auf Luxusniveau verkomme. »Die Stadt hat mit der Aufstellung eines Bebauungsplanes das nötige Mittel, um das irrsinnige Vorhaben zu verhindern«, erklärt Tobias Ruttloff, Referent für Stadtplanung bei der Bürgerinitiative. Es könne eine Veränderungssperre verhängt werden, sodass in dem Viertel vorläufig nichts mehr verändert werden darf. Im Bebauungsplan könnten Neubauten, die nicht ins Viertel passen, mittels einer Erhaltungssatzung untersagt werden. Eine weitere Forderung sei, das geplante Bauvorhaben vorübergehend zurück zu stellen. »Das kann man bis zu zwölf Monate lang machen, ohne dass Schadenersatzforderungen geleistet werden müssen«, erklärt Ruttloff. Dann könnten die Pläne für die Neubebauung neu diskutiert werden. »Wir wollen, dass der Stadtrat das Verfahren an sich zieht und die Stadt die Gestaltungshoheit über ihr Territorium zurückgewinnt«, ergänzt Raabe.

Bei einer Veränderungssperre oder gar einem Baustopp ist für die HIH klar: »Als Grundstückeigentümer haben wir im Gesetz klar beschriebene Rechte und Pflichten und an diese werden wir uns auch halten.«

Sylvie-Sophie Schindler
Kirsten Ossoinig

Artikel vom 17.05.2011
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