Zornedinger Jugendforum: Alternative zur Langeweile schaffen

Zorneding · Das »Loch« stopfen

»Schaun, was z’samm geht« in Sachen Jugendarbeit: In Zorneding hat das erste Jugendforum stattgefunden. Jugendpfleger Martin Gil (kleines Foto) hat schon seit Längerem ein Konzept ausgearbeitet.	Foto: sf

»Schaun, was z’samm geht« in Sachen Jugendarbeit: In Zorneding hat das erste Jugendforum stattgefunden. Jugendpfleger Martin Gil (kleines Foto) hat schon seit Längerem ein Konzept ausgearbeitet. Foto: sf

Zorneding · Es gibt nach Aussagen des Jugendpflegers Martin Gil keine sozialen Brennpunkte in Zorneding, keine offene Drogenszene und auch sonst eher nur kleine Probleme mit Jugendlichen, wie Lärm nach Partys oder zerbrochene Bierflaschen auf öffentlichen Plätzen.

Trotzdem ist die Gemeinde stets um ihren Nachwuchs besorgt, hat 2008 eigens die Stelle des Jugendpflegers geschaffen – und nun hat sie erstmals zu einem Jugendforum eingeladen. Vergangene Woche nahmen daran Vertreter von Vereinen und des Kreisjugendrings (KJR) sowie in der Jugendarbeit tätige Ehrenamtliche teil.

Das Jugendforum solle eine Verbindung zwischen den Mitarbeitern der Jugendarbeit und den Jugendlichen sein, »nach dem Motto mal schaun, was z’samm geht«, erklärte Bürgermeister Piet Mayr die Idee. Früher habe es einen großen Beirat im Jugend-Treff gegeben, der aus Vertretern der Kirche, des TSV Zorneding und dem Jugend-Treff bestand. Vor zwei Jahren seien nur noch die Leute vom Jugend-Treff übrig gewesen. »Wir haben uns gefragt: Repräsentieren die die Jugendlichen?«, so Mayr. Die Antwort lautete »nein«. Es brauche also einen »geistigen Raum, in dem Interessen geweckt und sinnvolle Alternativen zur Langeweile geschaffen werden«, sagte Gemeinderätin Barbara Weiß (Grüne/Unabhängige). Die Jungbürgerversammlung ist laut Rathauschef Piet Mayr nicht der richtige Rahmen für diese angestrebte Netzarbeit. »Da sind die Probleme zu speziell und die wichtigen Leute kommen nicht.«

Nach Schätzungen der Gemeinde gibt es in Zorneding etwa 1.200 Jugendliche zwischen zwölf und 18 Jahren, von denen etwa 250 bis 300 nicht in Vereinen aktiv sind. Diese wolle man in erster Linie ansprechen. Nach Erfahrung von Christian Singer, Vorsitzender des KJR Ebersberg, bestünde im Alter zwischen zehn und 16 Jahren ein »Loch«, wo die Jugendlichen nicht wissen, was sie machen sollen. »Dabei haben wir Probleme, Nachwuchs zu finden«, klagten Vertreter der Feuerwehr, der Schützen und der Trachtler unisono und blickten neidisch auf ihre Kollegen vom Alpenverein und dem TSV Zorneding, die dieses Problem nicht haben. Gemeinderat Stefan Ruth (CSU) wehrte jedoch jegliches Konkurrenzdenken ab: Es ginge hier nicht darum, dass sich die Vereine gegenseitig Mitglieder wegnehmen, sondern dass sie sich gemeinsam präsentieren, etwa bei einem Jugendtag. Dieser Vorschlag wurde mit Begeisterung aufgenommen und das Jugendforum einigte sich darauf, diesen Tag nicht mit dem Bürgerfest im Juni zu verbinden, sondern einen separaten Termin nach den Sommerferien zu wählen, »sonst geht der Jugendtag unter«, so Mayr.

Die Einladung könnte noch vor den Sommerferien zusammen mit den Fragebögen zur Sozialraumanalyse verschickt werden. Letztere war im Januar von der SPD und den Grünen beantragt worden, was zu einem Streit im Gemeinderat und harscher Kritik an Martin Gil geführt hatte.

Streit um Befragung

Die beiden Fraktionen hatten vorgeschlagen, nach dem Vorbild von Vaterstetten in Zusammenarbeit mit einer Hochschule eine Befragung der Jugendlichen durchzuführen. Anlass war die geplante Schließung des Jugendcafés, weil es dort immer wieder zu zeitlichen Überschneidungen und Interessenskonflikten der jüngeren und älteren Nutzer kam. Deswegen hätte man ein Konzept für alle Kinder und Jugendlichen bis 18 Jahre haben wollen, erklärte SPD-Gemeinderätin Bianka Poschenrieder. Gil habe die Zusammenarbeit mit der Uni in einem Sachvortrag abgelehnt, weil beim Projekt in Vaterstetten etwas schief gelaufen sei und die Gemeinde keine kostenlose Unterstützung durch die Uni bekommen habe, sondern letztendlich 12.000 Euro habe bezahlen müssen, sagte Poschenrieder weiter.

Daraufhin haben SPD und Grüne die zuständige Professorin zur Sitzung des Gemeinderates eingeladen, damit diese die näheren Umstände erklären konnte, »aber Herr Gil blockierte das total«, so die SPD-Rätin. In der darauf folgenden Sitzung des Kultur- und Sozialausschusses im Februar habe Gil dann sein eigenes Konzept präsentiert und angekündigt, die Befragung selbst durchzuführen. Gil sieht das Ganze allerdings anders: »Ich habe nichts blockiert.« Nach dem Vorschlag von SPD und Grünen habe er mit der Professorin gesprochen, die ihm gesagt hätte, dass die Hochschule für Zorneding gar keine Kapazitäten mehr frei hätte und dass in Vaterstetten nichts schief gelaufen sei, sondern dass eine solche Sozialraumanalyse nicht kostenlos durchgeführt werden könne. Für Gil war das Thema damit erledigt. »Ich wollte das Ganze einfach nicht so hochkochen«. Trotz Streit haben jetzt alle Beteiligten das, was sie wollten: ein neues Konzept für die Jugendarbeit.

Gil sei nicht nur Sozialpädagoge, sondern habe auch aus seiner Zeit an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München Erfahrung mit empirischen Studien, stellt sich Bürgermeister Piet Mayr vor den Jugendpfleger. »Er leistet hervorragende Arbeit. Das Ganze war eher ein Richtungsstreit darüber, wo es generell mit der Jugendarbeit hingehen soll«, so Mayr. Mit der Gründung des Jugendforums wolle er nun das Thema aus der Politikebene heraus in die Vereinsebene heben.

Mit Institutionen kooperieren

Gils Konzept sieht neben der Analyse der Situation vor allem die Unterstützung und Beratung der Jugendlichen, aber auch derjenigen, die in der Jugendarbeit tätig sind, vor. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Kooperation mit Organisationen, Verbänden und Vereinen sowie die Vernetzung der Einrichtungen, was nun mit dem Jugendforum realisiert wird.

KJR steht beratend zur Seite

Christian Singer betonte, dass der KJR bei Problemen gerne beratend zur Seite stünde. Auch Zuschüsse zu Veranstaltungen seien möglich. Heuer stünden 45.000 Euro zur Verfügung, von denen ein großer Teil von den Kommunen gezahlt werde, sagte Singer. Auch Musikanlagen könne man beim KJR ausleihen sowie Seminare zu gruppenbildenden Maßnahmen buchen und Jugendleiterausbildungen absolvieren. Was die Jugendlichen selbst wollen oder brauchen, wird sich bei der Umfrage herausstellen. Die Ergebnisse sollen nach den Sommerferien präsentiert werden. Das Jugendforum will sich nach den Pfingstferien wieder treffen, um Details zum geplanten Jugendtag zu besprechen. Sybille Föll

Artikel vom 10.05.2011
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...