VBM-Vizechefin: »Familie und Beruf ein Frauenproblem«

Zorneding · Mütter unerwünscht?

Die Zornedingerin Marthe Glonner, Vizechefin des Verbands Berufstätiger Mütter, geht gegen das »Frauenproblem Familie und Beruf« vor.	Foto: sf

Die Zornedingerin Marthe Glonner, Vizechefin des Verbands Berufstätiger Mütter, geht gegen das »Frauenproblem Familie und Beruf« vor. Foto: sf

Zorneding · Wir fliegen zum Mond und chatten mit der ganzen Welt, nur eines hat sich bisher wohl kaum geändert: Die Rollenverteilung von Mann und Frau. »Vor sieben Jahren, nachdem mein Sohn geboren war, wollte ich wieder arbeiten und war erstaunt, dass das offensichtlich unüblich ist für eine junge Mutter«, erzählt Marthe Glonner.

Die gebürtige Nürnbergerin war gerade mit ihrem Mann nach Zorneding gezogen und die häufigste Frage, die ihr gestellt wurde, war: »Warum wollen Sie arbeiten, haben Sie das nötig? Sie haben doch einen Mann!« Nein, nötig habe sie es nicht, aber sie arbeitet gerne und sie möchte von ihrem Mann »nicht finanziell abhängig sein«, erklärt die 32-Jährige.

Sie recherchierte damals im Internet zum Thema und stieß auf den Verband Berufstätiger Mütter (VBM). Heute ist sie dessen stellvertretende Vorsitzende und leitet die Regionalstelle in München, arbeitet 30 Stunden in der Woche als Vertriebs- und Kundenmanagerin in einem Kirchheimer Unternehmen und hat mittlerweile auch noch eine fünfjährige Tochter. Auf die Frage, ob ihr Mann sie unterstützt, lacht sie und sagt: »Wir unterstützen uns gegenseitig!« Dieser feine Unterschied sei ihr wichtig. Denn warum sollten nur Männer ihre Frauen unterstützen? »Wir sind doch beide Eltern, mein Mann braucht genauso meine Unterstützung.« Die Frage zeige, dass das Thema »Familie und Beruf« immer noch ein Frauenproblem sei. Das Umfeld reagiere oft mit Unverständnis, in Unternehmen sei Mutterschaft nicht gewünscht. »Wenn sich eine 32-jährige, frisch verheiratete Frau bei einer Firma bewirbt, hat sie wenig Chancen. Bewirbt sich ein 32-jähriger, frisch verheirateter Mann, ist das gar kein Thema«, sagt Glonner.

Das ist ihrer Meinung nach auch der Grund, warum die Geburtenrate in Deutschland trotz gestiegener staatlicher finanzieller Unterstützung niedrig bleibt. In Frankreich oder Skandinavien beispielsweise können laut Marthe Glonner Familie und Beruf von Frauen besser vereinbart werden. Es gebe Teilzeitstellen, genügend Kinderbetreuungsmöglichkeiten und vor allem keine Vorwürfe. Kinder seien dort willkommen. In Deutschland hingegen stünden die Mütter unter dem Druck: »Es muss gelingen, ich muss alles perfekt machen – den Job und das Muttersein«.

Doch erst wieder in den Beruf einzusteigen, wenn die Kinder älter sind, ist problematisch, wenn nicht gar in vielen Fällen nicht möglich. »Wir Frauen haben Wahlfreiheit, aber jeder sollte sich über die Konsequenzen seiner Wahl bewusst sein«, mahnt Glonner. »Wenn ich ein Kind bekomme und erst mal zuhause bleibe, hat das langfristige Folgen. Ich muss mich darauf gefasst machen, dass ich eventuell nur noch eine geringer qualifizierte Tätigkeit bekomme, ich werde weniger verdienen und somit weniger Rente bekommen. Also muss ich mich gut absichern«. Ist der Muttertag am 8. Mai dann reine Farce für sie? »Nein, dem stehe ich neutral gegenüber.«

Marthe Glonner freut sich genauso wie andere Mütter, wenn ihr ihre Kinder etwas schenken. Vergangenes Jahr gab’s ein selbst gebasteltes Lesezeichen von der Tochter und vom Sohn eine »Handtasche«: einen selbst bedruckten Jute-Sack. Marthe Glonner hat Glück. Sie hat flexible Arbeitszeiten und einen familienfreundlichen Chef, ihre Kinder sind nachmittags im Kindergarten und im Hort untergebracht. Für solche positiven Rahmenbedingungen setzt sich der VBM ein. »In München mangelt es immer noch an Krippenplätzen, im Umland ist eher die Akzeptanz berufstätiger Mütter das Problem«, sagt Glonner. Doch der Verband stoße immer mehr auf offene Ohren und Türen. Vor drei Jahren hat es im Landkreis Ebersberg auf Initiative des VBM hin eine Befragung zum Ganztagesschulbedarf gegeben. »Jetzt gibt es gymnasiale Ganztagesschulen und das freut uns natürlich.«

Auch wenn die Arbeit des VBM in erster Linie politisch ist, so bleibt trotzdem auch Zeit für Gespräche mit Hilfe suchenden Müttern, die wieder in den Beruf einsteigen möchten. Für sie gibt es das »Dschungelbuch«, ein umfangreicher Leitfaden, der die drängendsten Fragen nach Kinderbetreuungsformen oder Beantragung einer Teilzeitstelle beantwortet. Außerdem bietet der VBM immer wieder Treffen in München oder im Umland an. Das nächste ist Ende Mai geplant. Die Termine werden auf der Homepage www.vbm-online.de unter der Rubrik »Regionalstelle München« bekannt gegeben.

Sybille Föll

Artikel vom 03.05.2011
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