Gemeinden planen Millionenprojekt für saubere Energie

Zorneding-Vaterstetten-Grasbrunn · Wasser statt Heizöl

Die Bürgermeister Robert Niedergesäß (Vaterstetten), Piet Mayr (Zorneding), Klaus Korneder (Grasbrunn) und Zornedings Bauamtsleiter André Younes planen ein eigenes Geothermieprojekt wie etwa Oberhaching.	Fotos: Schunk/ Gemeinden

Die Bürgermeister Robert Niedergesäß (Vaterstetten), Piet Mayr (Zorneding), Klaus Korneder (Grasbrunn) und Zornedings Bauamtsleiter André Younes planen ein eigenes Geothermieprojekt wie etwa Oberhaching. Fotos: Schunk/ Gemeinden

Zorneding-Vaterstetten-Grasbrunn · Der Claim ist gesichert: Zorneding, Vaterstetten und Grasbrunn haben das bergamtliche Nutzungsrecht für eine Geothermie-Bohrung erhalten. Was zunächst als Insellösung geplant wurde, wollen die Kommunen nun gemeinsam stemmen.

»Mit einem Gesamtprojekt für alle drei Gemeinden können wir die optimale Erschließung hinbekommen«, hofft André Younes, technischer Bauamtsleiter von Zorneding. Die geothermischen Bedingungen für die Förderung von Erdwärme seien sehr gut. »Das liegt an der besonderen geologischen Formation der Region um München«, meint Younes. Die Molasseschicht, aus deren Gesteins-Poren das Wasser entnommen und später auch dort wieder verpresst werden soll, liegt südlich von Vaterstetten in einer Tiefe von etwa drei Kilometern. Dort herrschen hohe Temperaturen. »Wir prognostizieren, dass das geförderte Wasser etwa 100 Grad Celsius heiß sein wird. Ist es eine gute Bohrung, können bis zu 100 Liter pro Sekunde Warmwasser gefördert werden«, so Younes. Dieses Wasser soll dann in einem Nahwärmenetz durch die Straßen gepumpt werden. Dort wird dem Wasser die Wärme entzogen und dem Verbraucher direkt ins Haus geliefert.

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»Das funktioniert über Wärmetauscher. Vereinfacht gesagt: Die Leitung mit dem warmen Wasser wird an einer anderen Leitung vorbeigeführt, dort wird die Wärme abgenommen ohne, dass sich das Wasser berührt oder gar ausgetauscht wird«, erläutert Younes den Vorgang. Jeder Abnehmer hätte weiterhin seinen eigenen Heizkreislauf, nur, dass er nicht mehr über Gas oder Öl erhitzt wird, sondern durch Erdwärme. Der große Vorteil dieser Technologie liegt darin, dass es keinerlei CO2-Ausstoß oder andere Abfälle gibt. Das erkaltete Wasser wird über eine zweite Bohrung in drei Kilometern Tiefe wieder verpresst. »Die Wärme steht uns kostenfrei zur Verfügung. Sie ist insofern regenerativ, dass die Wassertemperatur in der Molasseschicht nach heutigem Stand der Wissenschaft die nächsten paar hundert Jahre nicht absinken wird, da der Erdkern die Schicht konstant warm hält.« Bis auf den Pumpenstrom hätte die Gemeinde also keinerlei Ausgaben – wenn die Anlage einmal steht und alle Leitungen verlegt sind. Und genau dort liegt der Haken. Die Baukosten sind immens. Eine Bohrung kostet zwischen 10 und 20 Millionen Euro, abhängig von Durchmesser und Tiefe. Die Bohrkosten stellen jedoch nicht einmal den Löwenanteil dar, denn die Kosten für den Leitungsbau sind noch einmal wesentlich höher. »Es ist gigantisch aufwändig, alle Straßen müssen schließlich aufgerissen werden«, so Younes. Die Millionen seien, so Younes, verrechnet mit den derzeitigen Heizkosten mit Öl und Gas und verteilt auf drei Gemeinden »ruckzuck wieder drin«.

Das habe die Kosten-Nutzen-Analyse ergeben. »Nach spätestens zehn, fünfzehn Jahren werden wir mit dem Projekt schwarze Zahlen schreiben«, verrät Younes. Der Wärmepreis für den Verbraucher soll nicht über dem üblichen Marktpreis liegen. Eher leicht darunter, damit sich möglichst viele Abnehmer finden, die gleich auf den Zug aufspringen. »Viele sagen zwar, sie möchten etwas für die Umwelt tun, aber meist kommt dann die Frage ›was kostet es mich?‹«, so Younes. Genaue Zahlen, wie viele Bürger sich für eine Umrüstung auf die Nahwärme-Heizung entscheiden würden, gibt es noch nicht. »In Zorneding haben wir bewusst darauf verzichtet, unsere Bürger zu befragen. Erst wollen wir wissen, ob wir das Projekt überhaupt machen können. Wir wollten keine Bedürfnisse wecken, die wir dann enttäuschen.« Erst nach dem seriösen Projektaufbau sollen die Zornedinger informiert werden. »Wenn wir den Bürgern sagen können, was es letztendlich kostet, werden sie auch eingebunden.« In Vaterstetten, wo es einen Informationsabend und eine Umfrage gab, sei die Resonanz positiv gewesen.

Eine Bohrung reicht vorerst

»Eine Bohrung würde ausreichen, um die meisten Bürger aus Vaterstetten, Grasbrunn und Zorneding zu versorgen«, sagt Younes. »Es kommen mehrere Grundstücke für die Bohrung in Frage.« Eine Bohrung, das sind bei der Geothermie eigentlich zwei Bohrungen. Eine für die Förderung und eine für die Rückführung des kalten Wassers, das Verpressen. »Wir haben das Gesamtprojekt gerechnet, da kommen Millionen raus, die einen schon schwindlig machen«, gibt Younes zu.

Schrittweises Vorgehen

Begonnen werden soll deshalb nicht gleich mit dem »gigantischen Fernwärmenetz«, sondern mit einer kleineren Bohrung, »damit der Stein erst einmal ins Rollen kommt«. Diese wäre ebenfalls drei Kilometer tief, hätte aber einen deutlich kleineren Durchmesser. »Damit sind schnell ein paar Millionen gespart«, erklärt Younes. Derzeit würden Projektpartner gesucht. »Wir versuchen, die Finanzierung auf die Beine zu stellen.« Unklar sei, wie viel die Gemeinden beitragen können, wie viel seitens eines Investors beigetragen werden kann. »Wir versuchen auch die Möglichkeit offen zu halten, dass sich Bürger dran beteiligen können.« Younes rechnet zusätzlich mit einer staatlichen Förderung im »mittleren einstelligen Millionenbereich« in Form von Darlehen und Tilgungserlass durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Die Finanzierung soll schnell stehen. »Wir streben an, dass wir dieses Jahr mit der Bohrung beginnen können«, erklärt Younes. Aus Grasbrunn kommen zurückhaltendere Töne. »Die Investorensuche läuft. Bis Ende des Jahres wollen wir dann entscheiden, ob wir Geothermie machen und wenn ja, in welcher Form«, erklärt Bauamtsleiterin Jea­nette Sonntag. L. Killmann

Artikel vom 26.04.2011
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