FBSD wirbt für „Gelbe Rübe“ statt Karotte

Ebersberg/Erding · Tradition festigen

Franz Bader, Vorsitzender des „Fördervereins Bairische Sprache und Dialekte“, hätte sich mehr Beteiligung am Schulwettbewerb in Sachen Dialekt gewünscht. 	Foto: sf

Franz Bader, Vorsitzender des „Fördervereins Bairische Sprache und Dialekte“, hätte sich mehr Beteiligung am Schulwettbewerb in Sachen Dialekt gewünscht. Foto: sf

Ebersberg/Erding · „Tradition ist die Weitergabe des Feuers und nicht die Anbetung der Asche“. Dieses Zitat des österreichischen Komponisten Gustav Mahler findet sich auf der Internetseite des „Fördervereins Bairische Sprache und Dialekte“ (FBSD), Landschaftsverband Ebersberg-Erding, und so bemühen sich die Mitglieder mehr denn je um den Erhalt und die Wiederbelebung der bairischen Sprache, bevor sie ganz erloschen ist.

Denn 2009 wurde sie von der UNESCO als gefährdet und damit schützenswert eingestuft. Eine der zahlreichen Aktionen des Vereins ist aktuell der MundArt-Wettbewerb „hi g’schaugt – zu g’horcht – mitg’schwätzt“, der in Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Kultusministerium und unter der Schirmherrschaft des Kultusministers Ludwig Spaenle für alle bayerischen Grundschulen ausgeschrieben wurde. Er startete zum Tag der Muttersprache am 21. Februar und läuft noch bis 15. April. Die Schüler sind aufgerufen, ihren Heimatdialekt in Musik- und Textbeiträgen, schauspielerischen oder künstlerischen Werken darzustellen.

Doch das Interesse an dem Wettbewerb ist – zumindest in den Landkreisen Ebersberg und Erding – äußerst gering. Keine der zehn Schulen in Erding, Markt Schwaben, Vaterstetten, Poing, Zorneding und Kirchseeon nimmt teil. „Es gibt eine Fülle von Wettbewerben jedes Jahr, wenn die Schulen alle mitmachen würden, blieben andere Projekte oder gar der Unterricht auf der Strecke“, erklärt die Direktorin des Schulamts Ebersberg, Angela Sauter.

Franz Bader, Vorsitzender des FBSD-Landschaftsverbandes Erding – Ebersberg – Freising – Mühldorf, ist enttäuscht. „Wenn man das Aussterben einer Sprache verhindern will, muss man in die Kindergärten und Schulen gehen“, sagt der pensionierte Lehrer aus Markt Schwaben. Er habe auf der einen Seite Verständnis für seine Kollegen, auf der anderen Seite sei die bairische Sprache ein wichtiges Kulturgut.

Kinder sprechen bairisch in Familien

Ulrich Feibauer, Rektor der Volksschule Kirchseeon, sieht in der Region und somit für seine Schule ebenfalls keinen dringlichen Grund, an dem Wettbewerb teilzunehmen: „Wir haben viele Schüler aus Buch und Kirchseeon-Dorf, die aus ursprünglichen, bayerischen Familien kommen und bairisch sprechen, hier sehe ich keine Gefahr, dass der Dialekt ausstirbt. Und sie werden auch von ihren Mitschülern verstanden, die aus anderen Teilen Deutschlands kommen, da gibt es überhaupt keine Probleme.“ Franz Bader kennt jedoch andere Situationen: „Anzing und Forstinning sind ehemalige Bauerndörfer, da wird zuhause auch Bairisch geredet, aber untereinander sprechen die Kinder Hochdeutsch“.

Er will nun abwarten, wie die Beteiligung an dem Wettbewerb bayernweit ausfällt und gegebenenfalls noch einmal zusammen mit den Vorsitzenden des FBSD an das Kultusministerium herantreten. „Notfalls muss man die Schulen zwingen, an solchen Aktionen teilzunehmen oder Bairisch im Lehrplan verankern.“

Die Kindergärten seien wesentlich aufgeschlossener. Erst am Mittwoch traf sich Bader mit Vertretern aller fünf Kindergärten in Markt Schwaben. Gemeinsam will man am 20. Mai einen „Bayerischen Tag“ veranstalten, ein großes Fest mit Spielen, Liedern und Aufführungen der Kinder, das bereits zum dritten Mal stattfindet.

Mit seiner Frau geht der ehemalige Deutsch- und Englisch-Lehrer auch in Kindergärten, um spielerisch bairische Begriffe einzuüben, wie „Gelbe Rübe“ für Karotte, oder bairische Geschichten vorzulesen wie „Da Broz’nkini“, ins Hochdeutsche übersetzt: Der Froschkönig. Bei Älteren sind Sprachspiele ebenso beliebt. „Auf dem Brauchtumsmarkt in Erding war der Förderverein mit einem Infostand, den haben sie uns fast eingerannt. Wir hatten einen Fragebogen, da hieß es etwa ‚Wie sagt der Bayer zu einem dicken Bauch? Schmerbauch oder Wampn?‘.“ Zur Belohnung für die richtigen Antworten gab es ein Weißbierglas.

Gefühl für Tradition festigen

Es sei auch wichtig bei den Erwachsenen das Gefühl für Tradition zu festigen oder wieder zu erwecken, so Bader. Daher veranstaltet der FBSD-Landschaftsverband Erding-Ebersberg jedes Jahr sechs bis sieben Lesungen, bei denen bairische Texte von bekannten Autoren wie Ludwig Thoma oder Josef Maria Lutz vorgelesen werden.

Und seit vergangenem Jahr vergibt der Förderverein den „Bayerischen Sprachlöwen“ an Personen, die sich um die bairische Sprache verdient gemacht haben. Im Jahr 2010 ging er an die beiden Autoren Herbert Schneider aus Ebersberg und Johannes Beck aus Erding, der mittlerweile verstorben ist.

Von Sybille Föll

Der Förderverein

Aus Sorge um die bairische Sprache gründeten im November 1989 Frauen und Männer den Förderverein Bairische Sprache und Dialekte e.V. (FBSD). Aus der Gründergruppe erwuchs eine Gemeinschaft mit weit über 3.000 Mitgliedern, die in zehn Landschaftsverbänden auf dem Gebiet der Regierungsbezirke Oberbayern, Niederbayern und Oberpfalz organisiert sind. Grundlage der Vereinsarbeit ist die Überzeugung, dass die Mundarten sprachliche Bezugspunkte und damit wesentlicher Bestandteil bayerischer Kultur sind.

Das Bairische gehört zu den indoeuropäischen Sprachen. Es ist vom sogenannten „Standard-Deutsch“ ungefähr so weit entfernt wie das Friesische, Schwyzerdütsch oder Plattdeutsch. Sein Verbreitungsgebiet deckt sich im Wesentlichen mit dem Staatsgebiet des Herzogtums Baiern im 9. Jahrhundert. Im Freistaat Bayern werden drei verschiedene Dialekte gesprochen: Bairisch, Fränkisch und Schwäbisch. Die Mundart Bairisch wird nur in Altbayern, also in Ober- und Niederbayern und in der Oberpfalz gesprochen sowie im größten Teil Österreichs. sf

Artikel vom 07.04.2011
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