Die bemerkenswerte Geschichte der Plieninger Marienkapelle

Pliening · Gott sei Dank

Der Spengler Schätzl arbeitet derzeit an den Zierschnitzereien der sichtbaren Balken (oben). Im Mai wird der Dachstuhl dann auf dem Kapellenrohbau in der Griesfeldstraße errichtet (rechts).	Fotos: gh

Der Spengler Schätzl arbeitet derzeit an den Zierschnitzereien der sichtbaren Balken (oben). Im Mai wird der Dachstuhl dann auf dem Kapellenrohbau in der Griesfeldstraße errichtet (rechts). Fotos: gh

Pliening · In der Werkstatt duftet es harzig nach frischem Fichtenholz. Drei große Stapel zugeschnittene Balkenteile warten seit ein paar Tagen jeden Feierabend auf Gregor Schätzl. Dann versucht sich der gelernte Spengler an der Schnitzkunst. »Im Winter habe ich an Latten das Muster probiert, die Zopfränder sind besonders aufwändig.«

Der Plieninger arbeitet an der Vollendung von etwas Besonderem: einer Marienkapelle an der Griesfeldstraße. Wie kommt man auf so eine Idee? Das Projekt hat eine sehr ernste Vorgeschichte. Vor etwa acht Jahren hatte Schätzls Sohn Matthias einen schweren Unfall, bei dem er fast sein Augenlicht verloren hätte. Er war mit dem Radlader auf dem landwirtschaftlichen Anwesen der Familie unterwegs, als plötzlich die Batterie explodierte. Die Säure verätzte ihm 98 Prozent der Bindehaut. »Die Ärzte haben uns wenig Hoffnung darauf gemacht, dass sein Augenlicht gerettet werden könnte«, so Gregor Schätzl. Doch wie durch ein Wunder regenerierte sich die Bindehaut des jungen Mannes beinahe vollständig. »Da hat es angefangen, dass ich mir Gedanken gemacht habe, wie ich Gott für die Genesung meines Sohnes danken könnte und hab ursprünglich ein Feldkreuz errichten wollen.« Da aber die Idee zu einem solchen Vorhaben reifen muss, befasste Schätzl sich zwar gedanklich mit seiner »Herzensangelegenheit«, machte sich aber noch nicht an die Umsetzung. Dann schlug das Schicksal noch einmal zu.

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Bei einem Betriebsunfall während der Feldarbeit geriet ein Erntehelfer mit den Oberschenkeln zwischen zwei Anhänger. Gregor Schätzl: »Als ich mit der Zugmaschine zurücksetzte, konnte ich ihn nicht sehen. Als ich ihn schließlich entdeckte, klemmte er bewusstlos zwischen den Anhängern.« Zwei Tage bangte er um das Leben des Helfers, dann stand fest, dass er über den Berg war. »Schrecklich, wenn ich für den Rest meines Lebens mit dieser Schuld hätte leben müssen.«

Jetzt stand sein Entschluss fest: Er würde auf seinem Anwesen eine Kapelle bauen, zu Ehren Marias und aus Dankbarkeit zu Gott. Geltings Pfarrer Norbert Joschko half ihm bei der Planung, der Gemeinderat nickte die Baupläne einstimmig ab – wer würde auch einem solchen Vorhaben Steine in den Weg legen, zumal die Gemeinde ein echtes Schmuckstück bekommen wird. Das kann man jetzt schon am Rohbau erkennen, der noch mit Folie vor der Witterung geschützt, auf der südwestlichen Seite der Griesfeldstraße am Ortsausgang in Richtung Poing seiner Vollendung harrt. Innen ist die Altarnische gemauert, links und rechts sind zwei Rundbogenfenster zu erkennen. In der Bleiverglasung eines der Fenster wird die heilige Ottilie geehrt werden. »Sie ist die Heilige für die Augenkrankheiten. Natürlich muss sie in dieser Kapelle einen Platz bekommen«, so Schätzl. Im Altarraum werden geschnitzte Figuren ihre Plätze finden: die Marienfigur in der Mitte und links und rechts die Heiligen Georg und Christophorus. »Christophorus ist ja der Heilige, der auch für alles, was mit Verkehr zu tun hat, zuständig ist.«

Wie geht’s weiter, wenn Schätzl mit seiner Balken-Schnitzarbeit fertig ist? »Wir hoffen, dass Mitte Mai der Dachstuhl und die Dachziegel draufkommen, das hängt vom Wetter ab. Dann gibt es auch eine Hebefeier, aber im engsten Kreis.« Gregor Schätzl ist kein Mann vieler Worte, er will das Projekt auch gar nicht so an die große Glocke hängen. »Ich bau die Kapelle für die Öffentlichkeit, damit sich die Menschen an ihr erfreuen.« Aber jetzt heißt es erst einmal tüchtig anpacken. Sohn Matthias, Spengler wie sein Vater, hilft beim Bau mit, auch beim bald anstehenden Verputzen und beim Innenausbau. Und Tochter Christine, gelernte Floristin und Gartenbauerin, kümmert sich um die Außenanlagen und die Wege. Die jungen Birken, die schon auf dem Gelände stehen, hat sie gepflanzt. Trotzdem wird die Weihe noch eine Weile warten müssen. Gregor Schätzl peilt sie im Sommer nächsten Jahres an. Gegen Ende der Arbeiten kann er sich auch wieder mehr in seinem Element fühlen, dann steht nämlich das Spenglern des kupfernen Zwiebeldaches für den kleinen Turm an. Gabriele Heigl

Artikel vom 05.04.2011
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