Fußballabteilungsversammlung des TSV 1860 München

Weiß-blaues Herz macht sich Luft

Reger Andrang bei der Mitgliederversammlung. Foto: A. Wild

Reger Andrang bei der Mitgliederversammlung. Foto: A. Wild

München · Vergangenen Sonntagnachmittag trafen sich die Mitglieder der Fußballabteilung im TSV München von 1860 zu ihrer Jahresversammlung. Hatte im vergangenen Jahr das Kulturhaus Milbertshofen noch problemlos ausgereicht, um die Löwen zu beherbergen, wurde diesmal der Raum knapp.

450 weiß-blaue Mitglieder begehrten Einlass. Mehr als doppelt so viele wie im Jahr zuvor. Erst nachdem eine Trennwand entfernt und zusätzlich das Foyer geöffnet wurde, fanden alle Platz.

Vor sechs Monaten hatte die Abteilungsleitung um Robert Reisinger, Daniel Bauer und Thomas Probst den Saal angemietet. Damals konnte noch niemand ahnen, dass zwei Wochen vor der geplanten Zusammenkunft eine Informationsbombe platzen würde, die zwar mit dem Nachwuchsfußball – die Abteilung ist zuständig bis zu den U17-Junioren – nur indirekt zu tun hat, aber die weiß-blaue Seele schwer in Wallung bringt. Die beabsichtige Rettung der insolvenzbedrohten TSV München von 1860 GmbH & Co. Kommanditgesellschaft auf Aktien unter Mitwirkung des FC Bayern sorgte für kräftigen Redebedarf unter den Mitgliedern. Die rund ein Dutzend Wortbeiträge verschiedener Sprecher beschäftigten sich deshalb nahezu ausschließlich mit den Vorgängen im Profisport. Die anwesenden Präsidiumsmitglieder Dieter Schneider und Franz Maget nahmen geduldig Stellung. Daniel Bauer leitete die Versammlung und bewies Geschick darin, die mitunter hochemotionalen Wortmeldungen zuzulassen und gleichzeitig für einen geordneten Ablauf zu sorgen.

Abteilungsleiter Robert Reisinger dankte in seinem Rechenschaftsbericht den Mitarbeitern in der Nachwuchsausbildung für ihr Engagement im vergangenen Jahr und konnte der Versammlung von einer imposanten sportlichen Erfolgsgeschichte der Junglöwen berichten. Kritische Töne fand Reisinger für die in seinen Augen mangelnde Kommunikation zwischen den Verantwortlichen im Profifußball und dem Nachwuchsbereich. In diesem Zusammenhang forderte er die anwesenden Präsidiumsmitglieder Dieter Schneider und Franz Maget auf, Fehler, die das Vorgängergremium und die Geschäftsführung beim Fortgang des ehemaligen Juniorenausbilders Ernst Tanner begangen hätten, nicht zu wiederholen und beklagte, dass „wechselnde Geschäftsführer und Sportdirektoren nach unten durchregieren wollen“ und zwar „nicht durch partnerschaftlichen Austausch von Konzepten und Ideen“ – davon wäre Reisinger nach eigener Aussage nämlich ein Anhänger –, sondern durch „mit niemandem abgesprochene Personalmaßnahmen und Freundschaftsdienste“. Offenbar eine Anspielung auf das Wirken von Sportdirektor Miroslav Stevic und Geschäftsführer Robert Schäfer, die beide der Versammlung im Kulturhaus fern blieben.

Kassier Thomas Probst berichtete den Mitgliedern, dass die Fußballabteilung im e.V. seit Juni 2010 nicht mehr von der KGaA für ihren Ausbildungsaufwand finanziell entschädigt würde. Bis Mai dieses Jahres könne man die notwendigen Ausgaben noch aus eigenen Mitteln bestreiten. Danach müsse eine Lösung gefunden sein. Komme diese nicht, sei die Abteilung gezwungen, ihren Ausbildungsaufwand spürbar zu reduzieren. Probst beklagte, dass keine oder nur widersprüchliche Aussagen der Verantwortlichen die weitere Planung für die Abteilung erschweren würden.

Das Identitäts-Dilemma in dem die Profisport-Tochter des TSV 1860 zusätzlich zu ihren finanziellen Schwierigkeiten steckt, spiegelt sich exemplarisch in einem Wortwechsel wider: Als Präsident Dieter Schneider auf der Bühne an die Mitglieder appellierte, sie sollten, auch wenn sie „aus ideologischen Gründen“ die Arena ablehnen würden, wenigstens „aus wirtschaftlichen Gründen“ hingehen, rief ihm ein Besucher im Saal zu, er sei aber nicht aus wirtschaftlichen Gründen Löwenfan geworden.

Die Versammlung der Fußballer bot dem heftig schlagenden weiß-blauen Herz ein Ventil, um sich Luft zu verschaffen, in der emotionalen Debatte um die Zukunft des Klubs.

Artikel vom 29.03.2011
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...