Diskussionsrunde zum Leben im südlichen Bahnhofsviertel

Zentrum · Grab der Kultur?

In der Wohnzimmeratmosphäre des Import Export diskutierten Vertreter der Politik mit Kulturschaffenden: Hans-Georg Küppers, Wolfgang Heubisch, Sabine Reeh, Bülent Kullukcu und Hannes Beckmann (v.l.).	Foto: js

In der Wohnzimmeratmosphäre des Import Export diskutierten Vertreter der Politik mit Kulturschaffenden: Hans-Georg Küppers, Wolfgang Heubisch, Sabine Reeh, Bülent Kullukcu und Hannes Beckmann (v.l.). Foto: js

Zentrum · Kurz vor dem endgültigen Zapfenstreich hat es im Import Export an der Goethestraße noch einmal hohen Staatsbesuch gegeben.

Am Montag diskutierten der Bayerische Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch und Kulturreferent Hans-Georg Küppers mit dem Galeristen Bülent Kullukcu und dem Jazzmusiker Hannes Beckmann über Kultur und Leben im südlichen Bahnhofsviertel.

Seit rund zehn Monaten begegnen sich im Import Export Kulturschaffende aus dem Stadtteil. Die mit ausrangierten Möbeln der Münchner Kammerspiele eingerichteten Räume haben sich inzwischen als Treffpunkt etabliert. Auch Küppers und Heubisch haben auf den verschlissenen Sesseln Platz genommen. »Hier erlebe ich die Vielfalt des Lebens«, sagte Heubisch, der zum Termin ausnahmsweise auf seine Krawatte verzichtet hatte.

Das Viertel ist geprägt von Geschäften aus allen Nationen, den Reisenden, die vom Bahnhof kommen, den Besuchern der Spielhallen und den Medizinstudenten, deren Fakultäten dort ansässig sind. Es gebe »keine Leitkultur«, sagte Heubisch. Stattdessen finde ein »ideales Zusammenleben« der verschiedenen Schichten statt. »Auch ich hole mir hier am Sonntagvormittag gerne einmal einen Döner und finde das super.«

Auch Kulturreferent Küppers bezeichnete die »Interkulturalität als eine der großen Stärken des Viertels«. Die Menschen seien sich der nationalen Vielfalt bewusst und stolz darauf. Das Zusammenleben verschiedener Kulturen sei keineswegs zum Scheitern verurteilt: »Das ist Unsinn.« Im Gegensatz zum Glockenbachviertel, der Au oder der Maxvorstadt habe sich der Stadtteil seine »urbanen Ecken und Kanten« bewahrt. Genau dies verleihe der Gegend ihr besonderes Flair. Von all dem Lob unbeeindruckt zeigte sich indes Kullukcu, einer der Organisatoren des Import Export, der eine Galerie im Viertel betreibt. Die Ausführungen seiner Vorredner glichen einer »Grabesrede«, kritisierte er. Der Grund für seinen Ärger: Der Stadtteilladen muss zum Ende des Monats schließen – das Haus wurde an Investoren verkauft. »Damit wird die kulturelle Entwicklung, die hier gerade stattfindet, enden.« Seiner Bitte, sich für die Fortsetzung des Projekts einzusetzen, wollte Heubisch jedoch nicht nachkommen. »Ich würde hier keine staatliche Kulturförderung betreiben, sondern das Viertel lassen, wie es ist«, erklärte der Minister. Küppers räumte zwar ein, dass der Erhalt des Treffpunkts wünschenswert sei: »Kultur braucht Orte, an denen man sich trifft, trinkt, redet und Musik macht.« Jedoch könne die Stadt keine alternativen Räumlichkeiten zur Verfügung stellen. Julia Stark

Artikel vom 22.03.2011
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