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Methoden der NS-Psychiatrie: Ausstellung in der Seidlvilla
München · Hunstein liest aus Erinnerungen
Der Schwabinger Fotograf und Regisseur Willy Zielke wurde Opfer der NS-Psychatrie. Foto: VA
München · In Ergänzung des Erinnerungsprojekts zur NS-Zeit in Schwabing, das mehrere Jahre in der Seidlvilla statt fand, ist bis 30. April in der Seidlvilla, Nikolaiplatz 1b, die Ausstellung „Wie durchsichtige Schatten...“ zur Geschichte der Heilanstalt Haar-Eglfing während der NS-Zeit zu sehen. Die Ausstellung ist bis 30. April von 12 bis 19 Uhr zu besichtigen (geschlossen 26./27. März und 22. bis 25. April).
Der Eintritt ist frei. Das Ausstellungsprojekt mit Werken der Kunsttherapeutin Ilse Merkle und einer Biografie und Fotoarbeiten von Willy Zielke thematisiert die Methoden der NS-Psychiatrie und die medizinischen Zwangsmaßnahmen der Euthanasie an den Opfern. Ein historischer Abriss informiert über die NS-Gesetzgebung zur Euthanasie und die Anwendung dieser Maßnahmen in Haar-Eglfing. Die heute in Haar tätige Kunsttherapeutin Ilse Merkle hat dieses Thema aufgegriffen und zeigt Arbeiten in Mischtechnik und künstlerisch bearbeitete alte Krankenakten der Opfer, aus denen die Methoden der Euthanasie deutlich werden. Eines der prominenteren Opfer war der Schwabinger Fotograf und Regisseur Willy Zielke (1902–1989), der über das Schwabinger Krankenhaus in die Heilanstalt Haar-Eglfing eingewiesen wurde.
Zielke unterrichtete Ende der 1920er-Jahre an der Fotoschule in der Clemensstraße und war in den 1930er-Jahren durch seine avantgardistischen Aufnahmen und Neuerungen im Bereich der Bildtechnik bekannt geworden; besonders für seinen Film „Das Stahltier“ (1935) und den Prolog in Leni Riefenstahls „Olympia“-Film, bei dem die Regisseurin seine Urheberschaft unterschlug. Die bela- stende Zusammenarbeit mit Riefenstahl und persönliche Krisen führten zu einem Nervenzusammenbruch und zu seiner Einweisung in die Heilanstalt Haar-Eglfing, wo Zielke in den Jahren 1937 bis 1942 Opfer der NS-Psychiatrie und ihrer medizinischen Experimente wurde und zudem schwere körperliche Arbeit leisten musste. 1942 holte Leni Riefenstahl ihn zur Mitar- beit an ihrem Filmprojekt „Tiefland“ persönlich dort wieder ab. Nach dem Krieg arbeitete Zielke noch an einigen Filmprojekten, von der Zeit seines Zwangsaufenthalts in Haar-Eglfing erholte er sich aber zeitlebens nicht mehr.
Die Ausstellung dokumentiert Willy Zielkes tragische Biografie und zeigt zudem Fotografien und Stillleben von Glaskompositionen des Künstlers (die Zielke dem Archiv der ehemaligen Schwabinger Fotoschule vermachte). Diese Aufnahmen weisen ihn als einen herausragenden Pionier der Fotografie aus, der unter dem starken Einfluss der Lehren des Bauhaus, der Neuen Sachlichkeit und der Internationalen Ausstellung des Deutschen Werkbunds von 1929 stand. Die Ausstellung „Wie durchsichtige Schatten...“ wird von einem umfangreichen Rahmenprogramm begleitet. Unter anderem gibt es diesen Sonntag, 20. März, 11 Uhr, eine Lesung mit Stefan Hunstein aus den autobiografischen Aufzeichnungen „... wie durchsichtige Schatten ...“ und einen Doku- mentarfilm (Mittwoch, 6. April) mit Ausschnitten aus Willy Zielkes Film „Das Stahltier“. Im Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum gibt es am Donnerstag, 21. April, 19 Uhr, bei „Open Scene“ die Filme „Arbeitslos – Ein Schicksal von Millionen“ (1934) und „Das Stahltier“ (1935) Filme von Willy Zielke.
Artikel vom 17.03.2011Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp
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