Da schau her! Albrecht Ackerland berichtet exklusiv im Münchner SamstagsBlatt

Albrecht Ackerland über Skaten

Sie haben sicher gerne zur rechten Zeit Ihre Ruhe. Ich auch! Es gibt nichts Schöneres, als an einem Frühsommermorgen auf einer Wiese zu frühstücken, mit Bergblick und frischgepresstem Saft von Erdbeeren vom Feld nebenan. Es duftet, Kühe muhen von fern, Hühner gackern, ein Hahn kräht. Ein Traum.

Doch halt: Was ich hier als Idylle beschreibe, ist für manche Menschen ein Graus. Geräusche. Von Tieren. Auf dem Land. Immer wieder gab es in der Vergangenheit Fälle, dass Menschen von der Stadt aufs Land zogen, der Bergblick, der Duft vom Erdbeerfeld, und wenig später dann wahlweise gegen Hahnenkrähen, Kuhmuhen, Traktorengeräusche oder Heugestank vor Gericht zogen. Hört man von solchen Fällen, man wünscht sich eine Insel ohne Boote, dafür mit einer Gerichtsbarkeit drauf, bei der die neuen Inselbewohner fleißig gegen den Terrorlärm der Meeresbrandung vorgehen können. Dort könnten dann auch die wohnen, die sich vor wenigen Jahren gegen Vogelgezwitscher in der Stadt beschwerten oder denen das Kinderlachen vom Kindergarten nebenan wert ist, zum Rechtsanwalt zu rennen.

Von der Geruchsbelästigung eines Erdbeerfelds zum Geräuschpegel spielender Jugendlicher ist es zwar ein großer Schritt – aber in meinen Augen ist es die gleiche Haltung, die dahinter steht, wenn sich Menschen bemüßigt fühlen, mit aller Kraft gegen etwas zu kämpfen. Das erleben wir zum Beispiel seit einigen Jahren im Münchner Westend am Georg-Freundorfer-Platz, der ein beliebter Treffpunkt von Skatern ist. Und wo Skater sind, da klappert es. Und wo es klappert, da freue ich mich. Einst galt es als schlimm, wenn junge Menschen ihr Leben im öffentlichen Raum verbrachten, als Gütesiegel galt: „Dann sind sie weg von der Straße!“ Dabei muss das Gegenteil gelten: Jungs und Mädels auf die Straße, sie gehört Euch, nutzt sie, belebt sie, macht Krach, seid bunt – und freundlich!

Genau so erlebe ich die Jugendkultur der Skater, farbig, sportlich, tolerant, friedlich. Und alles andere als dumm. Eine Mittelschichtskultur. Deshalb finde ich die Initiative, Flüchtlichskinder an diese Kultur heranzuführen: Großartig. Unterstützenswert. Meine Spende bekommen sie.

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Artikel vom 07.03.2011
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