Münchner Theater für Kinder ist von der Schließung bedroht

Maxvorstadt · Das Aus droht!

Theaterchef Heinz Redmann lacht noch aus dem Bühnenbild des Stückes »Das Kleine Gespenst« – hinter den Kulissen aber ist der Spaß längst vorbei.  	Foto: scy

Theaterchef Heinz Redmann lacht noch aus dem Bühnenbild des Stückes »Das Kleine Gespenst« – hinter den Kulissen aber ist der Spaß längst vorbei. Foto: scy

München/Maxvorstadt · Mist, schon wieder hat es nicht geklappt. Das kleine Gespenst wollte unbedingt nach Ende der Geisterstunde wach bleiben. Doch es ist wie verhext: kaum kommt die Morgendämmerung, schläft es ruckzuck ein. Dabei ist sein größter Wunsch: endlich mal Tageslicht zu sehen. Dann aber, als das kleine Gespenst die Hoffnung schon aufgegeben hat, erwacht es zur Mittagszeit. Ja, manchmal passieren noch Wunder. Zumindest im Märchen.

Doch das Leben schreibt andere Geschichten: Zuschusskürzungen, steigende Mieten und hohe Personalkosten. Da kommt ein Privattheater wie das Münchner Theater für Kinder an der Dachauer Straße ganz schön ins Schleudern. Oder anders gesagt, auch wenn auf der Bühne des Theaters alles gut ausgeht für das kleine Gespenst – die Otfried-Preußler-Geschichte steht dort neu auf dem Spielplan – für die Macher sieht es nicht gerade nach einem Happy End aus. »Wir wissen nicht, wie lange wir das Theater noch halten können«, sagt Chef und Gründer Heinz Redmann. »Wir werden wohl bald die Auflösung einleiten.«

So ernst war es noch nie. Zwar musste das sehr beliebte Theater für Kinder oft um sein Überleben kämpfen, denn immer wieder fielen teure Reparaturen an, aber es hat sich noch jedes Mal »derappelt«. Doch nun steckt es finanziell erheblich in den Miesen: Im Sommer 2010 wurden 30.000 Euro vom staatlichen Zuschuss gestrichen. »Ohne Vorankündigung, alle Verträge waren bereits geschlossen«, sagt Redmann. »Wir waren nicht in der Lage, diese Kürzung aus eigener Kraft aufzufangen.« Würde sich das im Jahr 2011 wiederholen, dann wäre das Ende des Hauses besiegelt. »Das wäre eine Katastrophe.«

Der krisengebeutelte Theatermacher Redmann musste die letzte große Talsohle im Jahr 2008 durchwandern. Der Grund: neue Auflagen von TÜV und Hausverwaltung, die das knappe Budget um 200.000 Euro überstiegen. »Der Pachtvertrag legt bis heute fest, dass unser Haus für alle Reparaturen, für die Instandhaltung und sämtliche anfallenden Aufgaben alleine verantwortlich ist«, erklärt Redmann. Aus der brenzligen Lage retteten damals Spenden von Firmen und Privatpersonen sowie Zuschüsse von der Stadt und dem Kulturfonds Bayern. Der über 60.000 Euro hohe Zuschuss der Landeshauptstadt München war allerdings eine einmalige Sache. »Die Stadt bezuschusst den laufenden Betrieb des Theaters schon seit 20 Jahren nicht mehr«, so Birgitt Rehbock, Pressesprecherin des Theaters.

Warum das so ist, erklärt Jenny Kozarevic vom Kulturreferat der Stadt: »Es gibt bereits ein städtisches Theater für das junge Publikum, und zwar die ›Schauburg‹. Das ist ausreichend.« Außerdem erfülle das Münchner Theater für Kinder nicht die Kriterien des städtischen Theaterfördermodells. »Es gibt an diesem Haus keine Neuausrichtung, keine Innovationen«, sagt Kozarevic. Eine Bezuschussung könne zudem auch vom Sozialreferat nicht erwartet werden. »Es werden ausschließlich Einrichtungen gefördert, die eigenständige kulturelle Produktionen von und mit Kindern und Jugendlichen erarbeiten und theaterpädagogisch orientiert sind«, sagt Kozarevic. »Beides greift beim Münchner Theater für Kinder nicht.«

Bleibt der Freistaat Bayern, der Hauptzuschussgeber des Theaters. In den Jahren 2007 bis 2009 hat das Kunstministerium den staatlichen Zuschuss um 30.000 Euro auf 400.000 Euro erhöht, da dem Theater wegen einer damals anstehenden Sanierung Einnahmeausfälle drohten. Im Jahr 2010 wurde der Zuschuss wieder auf 370.000 Euro zurückgefahren. »Grund war, dass die Jahresabschlüsse 2006 bis 2008 zum Zeitpunkt der Antragsstellung für das Kalenderjahr 2010 vorlagen«, erklärt Kozarevic. Wegen der darin dokumentierten Jahresüberschüsse sei eine weitere Förderung in Höhe von 400.000 Euro nicht mehr gerechtfertigt gewesen. Das sehen die Theaterleute anders. »Fakt ist, wir können uns kaum mehr über Wasser halten«, so Birgitt Rehbock. »Ohne fremde Hilfe schaffen wir es nicht.« Mehr denn je sei die Spielstätte auf Spenden angewiesen, um das Defizit aus 2010 aufzufangen und die Spielzeit 2011/12 abzusichern.

Das Münchner Theater für Kinder gibt es inzwischen seit über 43 Jahren. Los ging es im Theater an der Leopoldstraße. Die Nachfrage war riesig, bald reichte der Platz nicht mehr. Da entdeckte Heinz Redmann das völlig ausgebrannte Reginakino an der Dachauer Straße 46, Münchens erstes Tonfilmtheater. Es bietet Platz für rund 250 Besucher. Auf dem Spielplan stehen Theaterstücke aus der Kinder- und Weltliteratur, Stücke zeitgenössischer Autoren und Opernbearbeitungen. Aktuell wird unter anderem »Die kleine Meerjungfrau«, »Ronja Räubertochter«, »Dornröschen« und »Das Traumfresserchen« gezeigt.

»Die Atmosphäre ist einmalig«, schwärmt Lisa Böllinger, Leiterin des Kindergartens Sankt Achaz. »Die Stücke sind sehr liebevoll inszeniert.« Auch den Kindern gefällt' es. Kaum eine Vorstellung endet ohne »Zugabe«-Rufe. Doch wie lange noch? Wer spenden möchte, kann seinen Obolus auf das Spendenkonto des Münchner Theaters für Kinder, Kontonummer 661 90 00 16 bei der HypoVereinsbank, Bankleitzahl 70 02 02 70 einzahlen. Eine Spendenquittung gibt es unter Tel. 59 73 00.

Sylvie-Sophie Schindler

Artikel vom 01.03.2011
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