Die Münchner SamstagsBlatt-„Da schau her!”-Kolumne mit dem gutmütigen Albrecht Ackerland, – der recht streitbar werden kann

München · Zum Thema der Woche: Valentinstag

München · Zum Glück ist noch keiner darauf gekommen, den wichtigsten Münchner aller Zeiten, Karl Valentin, auch noch dafür zu missbrauchen. Wäre ich ein kaltschnäuziger Werbeberater für den gehobenen Einzelhandel der Stadt, ich würde freilich darauf drängen, zum sogenannten Tag der Liebe massiv die Schaufenster mit Anspielungen, Zitaten und Konterfeis des begnadeten Humoristen zu dekorieren, …

…Prospekte herauszugeben, Sondereditionen von Likör, Pralinen, Unterwäsche, Tee, Tonträger und jedweden anderen tauglichen Ramsch auf den Käufer zu feuern. Auf die Gefahr hin, dass ohnehin schon einer darauf gekommen ist, und meine Beschreibung eines bedrohlichen Szenarios bereits von der Wirklichkeit eingeholt wurde, und auf das noch wesentlich größere Risko hin, dass dies nun jemand liest, der dann genau weiß, wie im nächsten Jahr seine Offensive zum Valentinstag auszusehen hat: Lassen Sie uns einmal kurz die möglichen Anspielungen auf unseren lieben Valentin durchgehen.

Weitere Artikel zum Thema

Kern wird immer die Beziehung von Valentin und Liesl Karlstadt in den Stücken sein, eine Zuneigung, die doch geprägt ist, von ewigen Missverständnissen, unerfüllten Erwartungen, Konflikten, vom Gefühl des Unverstandenseins – also ganz genau so, wie die meisten Beziehungen bis heute funktionieren. Oder eben nicht funktionieren. Die Werbung damit wäre also hochmodern, weil ironisch genau das Gegenteil von trauter Zweisamkeit vermittelt wird, welcher sich dieser 14. Februar ja sonst widmen soll. So gesehen, taugt Karl Valentin schon wieder weniger zum dekorativen Herz- und Rosenblütenersatz. Es müssen Bilder her vom Brautpaar beim Fotografen, vom Paar, das eine Erbschaft in Form von Tisch und Stuhl und deren Beine anschließend nach und nach absägt, vom Streit bei der Suche nach Theaterbillets.

Fehlen noch die Sinnsprüche, fast unerschöpflich wirkt der Schatz, und viele lassen sich auf das Thema Liebe und Paarbeziehung münzen. Sie müssen in großer Schreibschrift Schaufensterhintergrund zieren, Produktebezeichnungen greifen auf sie zurück: „Sicher is’, dass nix sicher is’, drum bin i’ vorsichtshalber misstrauisch.“ (Gemeinsam alt werden.) „Ich bin kein direkter Rüpel aber die Brennnessel unter den Liebesblumen.“ (Behutsamkeit im Umgang miteinander.) „Mögen hätt ich schon wollen, aber dürfen hab ich mich nicht getraut.“ (Hemmungsloser Sex.) „Hoffentlich wird es nicht so schlimm wie es schon ist!“ (Die Zeit nach der Hochzeit.)

So gesehen ist das Bombardement von Kitsch und kitschigem Liebevortäuschungskram harmlos – sollen sie halt machen. Und nie, nie, nie oben Genanntes aufgreifen. Passieren wird es trotzdem, dann greift die schönste aller Erkenntnisse: „Heute ist die gute, alte Zeit von morgen.“

Artikel vom 10.02.2011
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...