Ur-Münchner Ackerland zum Münchner SamstagsBlatt: … daheim darf Wodka wie Wasser fließen

München · Albrecht Ackerland über die Wiederkehr der Sperrstunde

Bleiben Sie ruhig, kein Grund zur Sorge: Ihr Recht auf Lachen in der Öffentlichkeit wird Ihnen frühestens 2013 beschnitten, und erst 2015 wird sich der bayerische Landtag ein Gesetz beschließen, das den Gebrauch des Wörtchens „aber“ nur noch in bestimmten Fällen zulassen will. Frei atmen können Sie locker noch bis 2016, 2017 dann wird endlich der verpflichtende Einheitshaarschnitt eingeführt.

Alles also halb so wild. Die versammelte bayerische Lokalpolitik setzt sich mit aller Kraft für eine bayernweite Sperrstunde ein – und hat einen großen Fürsprecher in der Landesregierung: der hochgeschätzte Jockel Herrmann, bayerischer Innenminister, seine Anhänger schätzen ihn dafür, dass ein solcher Unfug wie eine Liberalitas Bavariae in seinen Hirnwindungen vergeblich gesucht wird. Ein vorbildlicher Mann der klaren Worte, der es geschafft hat, auch seinen Nachwuchs von der Macht der Verständlichkeit zu überzeugen. Jockels Sohn veröffentlicht Songs mit Textzeilen wie: „Guck, ich f**** mit meiner Gang einfach so, deine Freundin wird gef**** auf’m Klo“. Darüber hinaus verkündigt der Sohnemann, er trinke Wodka wie Wasser, was mich persönlich tief beeindruckt.

Geht es nach Vater Innenminister, gehört des Sohnes Wässerchen mindestens an Tankstellen verboten, und Gastronomien steht er auch mehr als skeptisch gegenüber – so wie viele andere, seitdem dort nicht mehr geraucht werden darf, selbst in Kneipen, in denen der Wirt einer von seinen zwei Gästen ist. Sperrstunde um zwei, so will es der bayerische Städtetag vehement, die Gemeinden im Freistaat sehen keinen anderen Weg mehr, ihrer Fürsorgepflicht den Bürgern gegenüber nachzukommen. Und die ministeriale Nüchternheit in Person von Joachim Herrmann kämpft mit. Und muss sich mit einer besorgniserregenden Freizügigkeit der Stadt München abmühen.

Sogar Herrmanns Parteifreund, der Münchner Sepperl Schmid (der vergangene OB-Kandidat), wird berichtet, hätte im Städtetag für eine liberale Linie gekämpft. „Und musste feststellen: Die Landeshauptstadt steht bayernweit alleine da.“ Jeder weiß, dass Alleinsein gemein ist und depressiv macht, so lasset uns freuen über unsere Freunde in der Stadt der Suff-Schlagzeilen, Regensburg, nicht zu vergessen die Wassertrinker aus Passau, Bayreuth, Bamberg, Augsburg. Und hebet das Glas. Zuhause freilich, in der Öffentlichkeit schickt es sich nicht, lediglich Nockherberg und Oktoberfest bleiben als zentrale und denkmalgeschützte Massenvergiftungsversammlungen erhalten. Alles andere muss künftig, so hoffen wir's, noch in diesem Jahr per Gesetz nur noch zuhause stattfinden. Ganz wie bei Herrmanns daheim, wo der Wodka wie Wasser fließt, und wenn man dann zusammenbricht, ist das Bett nicht weit. Und sogar lachen bleibt dort vorerst erlaubt.

Artikel vom 07.02.2011
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