Biber in Grafing: Possierlich oder schädlich?

Grafing/Landkreis · Strittiger Nager

Landwirt Andreas Ametsbichler und Tochter Elisabeth haben vor Jahren am Urtelbach Palmbäume gepflanzt – ein gefräßiger Biber hat dem Grün den Garaus gemacht. 	Foto: oh

Landwirt Andreas Ametsbichler und Tochter Elisabeth haben vor Jahren am Urtelbach Palmbäume gepflanzt – ein gefräßiger Biber hat dem Grün den Garaus gemacht. Foto: oh

Grafing/Landkreis · Der Biber ist laut Gesetz streng geschützt. Ob er nützlich ist oder schädlich, da scheiden sich die Geister. Jetzt hat er vom Inn kommend die Attel aufwärts über Aßling auch Grafing erreicht, auch die Glonn ist besetzt und alle Fließgewässer im Landkreis. Mit seinen selbst schärfenden Nagezähnen und unglaublicher Bisskraft bearbeitet er Baumstämme, als wären es Karotten.

Dazu treibt ihn weniger die Schaffenskraft als einfach der Hunger, vor allem im Winter. Wenn er keine Kräuter und Stauden findet, dann macht sich der strenge Vegetarier über die nahrhafte Rinde, dünnen Äste und Zweige her. Zum Klettern ist er zu schwer, darum legt er die Bäume einfach um.

So possierlich der Nager auch ist, nicht alle menschlichen Nachbarn sind glücklich über seine Anwesenheit: „Hier läuft ein Drainagerohr aus der Wiese in den Urtelbach“, Landwirt Andreas Ametsbichler aus Gindlkofen zeigt auf eine Stelle, wo ein dickes Rohr in den Bach mündet. „Wenn der Biber hier einen Damm bauen würde und der Wasserspiegel 20 Zentimeter steigen würde, dann würde kein Wasser mehr aus der Wiese abgeleitet und die Wiese würde auf Dauer feucht bleiben oder sogar überflutet werden.“ Würde der Biber den Damm bauen, könnte sich die Landschaft um den flott dahin fließenden Bach schnell nachhaltig verändern. Der Biber schafft nämlich neue Feuchtgebiete und ein kleinräumiges Mosaik verschiedener Biotope mit viel Totholz. Im Biberrevier nimmt daher die Zahl der Tier- und Pflanzenarten sprunghaft zu. Die abgenagten Äste und Bäume nutzen Biber außerdem teilweise als Baumaterial: Mit Dämmen staut das Tier das Wasser so hoch, dass der Zugang zu seiner Wohnhöhle im Ufer geschützt unter Wasser liegt.

„Es gibt in Bayern keine andere Tierart mit so viel Nutzen für Artenvielfalt und Hochwasserschutz wie den Biber“ so Biberberater Klaus Hammer, der im Auftrag des Bund Naturschutz auch betroffene Bauern und Grundbesitzer berät, wenn der Biber irgendwo Schäden verursacht. Landwirt Andreas Ametsbichler ist ein Betroffener: 15 Palm-Weiden hat er am Urtelbachufer eingesetzt. Jahrelang hat er sie gepflegt. „Jetzt sind sie alle weg. Die Palmkatzeln haben wir immer geschnitten und die Buschen am Markt verkauft.“ Andreas Ametsbichler hat sich auch schon im Landratsamt bei der Unteren Naturschutz-Behörde erkundigt, ob es möglicherweise Schadenersatz gibt. „Für solche Bagatellschäden verschwenden die keine Zeit, da muss schon was Größeres passieren, dass da was geht“ resigniert er.

Unter den betroffenen Landwirten wird der Ruf nach Abschuss der Biber immer lauter. Es gibt jedoch nie zu viele Biber, denn der Bestand reguliert sich von selbst ganz natürlich. Die Biber-Paare bekommen zwei bis drei Junge pro Jahr, davon überlebt nur die Hälfte die zweijährige Lehrzeit in der Familie. Danach wird der Nachwuchs vertrieben. Es folgt ein Spießrutenlaufen um ein Revier, das schon besetzt ist. Oft kommt es zu heftigen Kämpfen mit den etablierten Bibern, die ihr Revier lebenslang vehement verteidigen. Mit ihren langen Schneidezähnen verletzen sie sich gegenseitig so, dass sie häufig daran zu Grunde gehen. Das ist die häufigste Todesursache der Biber. Die zweithäufigste ist der Straßenverkehr. Ein Revier ist etwa zwei bis drei Kilometer lang. In Bayern ist der Bestand des Bibers seit seiner Wiederansiedlung in den 1960er-Jahren auf rund 3.000 angewachsen.

Das Bayerische Landesamt für Umwelt hat ein Bibermanagement ins Leben gerufen, um Konflikte zu vermeiden und zu lösen: Die vier Säulen des Bayerischen Bibermanagements, um den Biber-Bestand langfristig zu sichern, sind fachkundige Beratung, Prävention, Schadensausgleich und Maßnahmen gegen Biber und ihre Bauten. oh

Artikel vom 03.02.2011
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